Scottish Highlands, Scotland 2017
Die Sonne versinkt hinter den weichen, grünen Hügeln. Ihre Anmut und Perfektion wird nur teilweise von Steinbrocken, die in der Erde gefangen sind, unterbrochen. Ich bewundere ihre klare, raue Schönheit. Etwas, dass ich immer häufiger tue, und komme einmal mehr zu dem Schluss, dass diese Landschaft zu deren Einwohner passt.
Wenn ich könnte, würde ich meinen Körper für immer im hohen Gras versinken, in mitten einer wilden Blumenwiese, die Augen schliessen und die Kälte mich erfassen lassen. Ruhe, Frieden, möglicherweise Geborgenheit würden mich überkommen. Ich könnte so tief einatmen, bis meine Lungenflügel zu platzen drohen.
Aber das wäre alles egal, denn da wäre ich frei. Frei von allem Kummer, all den Geheimnissen, die mich stetig umgeben...
Nun, die Realität stieht allerdings ein wenig anders aus: Tatsächlich rollen wir gerade auf den Kieselüberdeckten Hof der Mckenzie Residenz in den Highlands. Einmal mehr ein Gefängnis der besonderen Art, wenn man mich fragt.
Mir wird die Tür geöffnet und ich muss meine Füsse zwingen, ihren unausweichlichen Weg zu gehen. Wenigstens gibt mir die frische, kühle Luft hier draussen ein gutes Gefühl, sodass es mir gleich leichter fällt hinein zu gehen.
»Es gibt wohl gleich Abendessen«, informiert Fionn mich, während wir das Haus betreten. Tatsächlich riecht es nach frisch gekochtem Essen.
Ich werfe ihm einen kurzen Blick zu, sage aber nichts. Seit ich wieder zurück bin, ist peinliches Schweigen beinahe alles, was wir noch teilen. Abgesehen von einigen flüchtigen Wortwechseln, die man nicht vermeiden kann.
Es gab einen komischen Moment zwischen uns, der Ursache für diese unbehagene Stimmung ist. Als wir uns im düsteren Schloss, in welches ich ebenfalls zurücksprang, in einen Raum zurückzogen, um uns zu unterhalten, passierte etwas Unerwartetes. Er nahm mich in die Arme und presste mich gegen seine Brust.
Zugegeben, er fühlte sich warm und stark an, gerade wie ein ausgewachsener, schottischer Soldat das wohl tut. Und sein Geruch war mir mehr geblieben, als ich jemals erwartet hätte, denn sofort erkannte ich ihn wieder.
Und doch war der vertraute Moment schneller vorbei als gedacht und machte einem widerspenstigen, verschlossenen Ich Platz, dass uns auseinander zwang. Der darauffolgende Augenkontakt war noch peinlicher, aufgeladen mit unausgesprochenen Worten, sodass ich instinktiv spürte, dass ich mich besser einige Schritte von ihm entfernte.
Ich bin mir nicht sicher, was es gewesen ist; in seinen Augen. Aber es wirkte fordernd, wollend, als ob er unbedingt etwas sagen oder tun musste, ansonsten explodierte er. Doch er blieb still. Und ich wechselte in den folgenden Stunden kaum ein Wort mit ihm, aus Furcht er möge erneut diesen Ausdruck in den Augen tragen.
Unsere Reise zurück in sein Familienhaus verbrachte ich deswegen unentwegt mit der Frage, was mich an der Aussicht seiner Zuneigung so sehr verängstigte. Egal wie schwer die Situation im Leben gerade ist, ich werde mich wohl niemals dazu überwinden können, vollkommen ehrlich zu mir selber zu sein und mögliche Gefühlsregungen zuzugeben. Ob positiv oder negativ.
Vielleicht ist da wirklich Etwas zwischen ihm und mir? Etwas, nicht nur von ihm auskommend, sondern auch von mir... Wie verwirrend sich auch noch darüber den Kopf zu zerbrechen. All die Ahnungslosigkeit macht mich ganz verrückt.
Aber eines wurde mir bewusst; wenn er spricht, dann sehe ich ihn. Ich sehe ihm in seine tiefen Augen, und fühle mich eine Sekunde lang darin gefangen. Diese warme Stimme fühlt sich selbstverständlich an, ganz vertraut. Und ich weiss, wenn ich wollte, wäre ich sicher in seiner umfassenden Präsenz.
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Shadow of Past - Band I
FantasyEmma Sinclair fühlt sich durch die unerbittliche Strenge ihrer Mutter, der ständigen Forderung ihres Vaters und der Jahrhunderte alten Bürde, die auf ihr lastet, mehr und mehr einsam und verwirrt. Sie weiss nicht, wer sie ist und wohin sie gehört. S...