In den Seilen

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Früher... inzwischen kommt es mir wie eine verdammte Ewigkeit her vor, da habe ich beim Boxtraining immer You can't always get what you want gehört, von den Rolling Stones.

Die Melodie und der Text fand ich irgendwie stimmig, auch wenn mein Trainer mich meist dumm ansah, als wäre ich geisteskrank. Andererseits hat mir die Musik geholfen fokussiert zu bleiben und durchzuhalten. 

Aber als mir der Song jetzt in den Ohren liegt; benommen, halb bewusstlos, verletzt und orientierungslos, ganz zu schweigen von dehydriert und halb verhungert, nervt er mich. Dieser beschissene Song!

Als wäre das halbwegs eine ähnliche Situation. Bei all meinem Kampftraining, dass ich hatte, war ich niemals in einer solchen Lage. Und ich hätte auch niemals gedacht, in eine solche Lage zu kommen. 

Wenn ich doch nur wüsste, wie lange ich schon hier bin... Wenigstens weiss ich jetzt, dass Fionn noch lebt, wenngleich er nicht besonders lebendig aussieht. Immer mal wieder habe ich vor lauter Erschöpfung das Bewusstsein verloren, er hingegen ist kein einziges Mal wach geworden.

Zum aber hundertsten Mal schon muss ich den Reiz in meinem Hals unterdrücken, der vom Stoffband in meinem Mund ausgelöst wird. Noch immer verstehe ich nicht, wieso sie mir den Mund zugebunden haben, mich hört doch sowieso keiner. 

Auch wenn ich es noch vor einer Stunde schwerlich zugeben  konnte, jetzt ist es mir vollkommen egal, dass mein Verstand längst aufgegeben hatte, geschweige denn mein Körper. Der hängt nur noch so in den Seilen, ich spüre kaum noch etwas. 

Vor einigen Stunden sind die Soldaten zurückgekehrt um die Seile zu lockern und tatsächlich haben sie es mir gestatten, mich auf den Boden zu hocken. Allerdings nicht so locker, dass ich die Hände zu mir herunter hätte nehmen können, sodass dennoch das Blut hinaus fliesst. 

Ehrlich gesagt ist es lächerlich, dass sie mich nicht auf den Boden gleiten lassen damit ich mich etwas ausruhen kann. Stattdessen lassen sie mich da hängen, bis ich vor Erschöpfung in Ohnmacht über gleite. 

Ausserdem blute ich noch immer. Seit Stunden schon, nehme ich an. Und das wird langsam kritisch, denn wegen des groben, ständigen Blutverlustes, des Schlafmangels und des Nicht-Essens könnte ich in dieser miesen Höhle noch elendig verbluten bevor die mich umbringen. 

Aber mal ganz ehrlich... welche Art zu sterben wäre wohl besser?

Höllische Kopfschmerzen beginnen im Inneren meiner Schädeldecke zu hämmern, bis mir davon so übel wird, dass ich mich bestimmt übergeben hätte, wenn sich noch etwas in meinem Magen befunden hätte. Stattdessen lasse ich mich erneut fallen und merke, wie mich fast schon augenblicklich das Bewusstsein verlässt. 







Shadow of Past - Band IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt