Linlithgow Palace, Scotland 1565
4 Monate später
Ein Bein über die hölzerne Armlehne gelegt, sitze ich stirnrunzelnd und schnaubend auf dem Thron in der Thronhalle des schottischen Königshofs. Ich lasse den Stein meines Amuletts zum aber hundertsten Mal durch meine Finger gleiten, wo es schliesslich einige Male hin und her baumelt, bevor ich es wieder einfange.
Kompliziert! Mein Leben ist schon wieder kompliziert. Ich weiss inzwischen nicht mehr, ob das nicht so langsam langweilig wird. Wenn es mir nicht solches Kopfzerbrechen bereiten würde.
Ich blase den Sauerstoff geräuschvoll zwischen meinen Backen heraus, sodass es beinahe im Saal widerhallt.
Neben mir, auf dem zweiten, kleineren Thorn liegt ein besticktes Seidenkissen, auf dessen Oberfläche eine wundervolle, kunstfertige Krone liegt.
»Wie sie da liegt...«, murmele ich zu mir selbst, »so unschuldig und einsam. Wie ein Todesbeil, drohend über meinem schutzlosen Haupt.«
Oh Mann, jetzt werde ich verrückt! Aber, um fair zu sein, ich habe fast schon ein Anrecht darauf, ein wenig den Verstand zu verlieren. Denn heute ist der Tag meiner Krönung.
»Führst du bereits Selbstgespräche, mein Schatz?«, fragt er mich, nachdem er in einer unerträglichen Lautstärke die hölzerne Tür hinter sich zugeknallt hat, sodass ich mir beinahe in die Hosen gepinkelt hätte.
»Naja, das kommt ganz drauf an, wie du es auffassen willst«, erwidere ich, nachdem ich mich wieder beruhigt habe. »Wenn du nämlich ebenso der Meinung bist, dass diese Krone schon beinahe ein lebhaftes, angsteinflössendes Ding ist, dann kann ich diese Frage durchaus verneinen.«
Fionn lacht ein wenig über meine Argumentation. Langsam schlendert er in meine Richtung, an den Fuss des Podestes auf dem der Thron prangt. Nach diesen vielen Monaten ist er vollkommen genesen und wieder ganz der Alte. Glücklicherweise.
Er kniet schliesslich vor mir nieder, hebt dann den Kopf und sieht mit liebevollem, fast schon ehrfurchtsvollem Blick zu mir hinauf. Ich hingegen kann nur über seine Albernheit grinsen und ebenso zurückschauen.
»Wie kann ich Euch helfen, werter Lord Mckenzie?«, stelle ich die Frage.
»Alles, was ich erbitte, ist, Euer Ansehen, meine Königin«, erwidert er, in gespielter Theatralik.
Ich lache schallend, hebe schnell die Hände, als würde ich eine Horde wildgewordener Pferde stoppen wollen. »Nicht so schnell; noch bin ich keine Königin.«
Fionn kniet noch immer, macht keine Anstalten sich zu erheben, dann lächelt er wehmütig. »Für mich warst du schon immer eine Königin.«
Ich bewege mich nicht, ich rühre keinen Finger, meine Miene ist ganz erstarrt. Aber dann, wie aus dem nichts, lächle ich bis über beide Ohren. Es fühlt sich an wie... Ankommen.
Denn ich weiss, egal welche Gefahren am Ende dieses Weges warten, den ich gerade betrete, Fionn wird immer da sein. Direkt neben mir, meine Hand halten und mir gut zu reden.
Ich stehe auf, während er sich erhebt, und werfe mich schwungvoll in seine ausgebreiteten, warmen Armen. Ich schmiege mein Kinn in die Kuhle unterhalb seines Ohres, die sich jedes Mal so anfühlt, als wäre sie eigens für mich gemacht. Dann sage ich leise in sein Ohr: »Mit dir bis ans Ende!«
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Shadow of Past - Band I
FantasyEmma Sinclair fühlt sich durch die unerbittliche Strenge ihrer Mutter, der ständigen Forderung ihres Vaters und der Jahrhunderte alten Bürde, die auf ihr lastet, mehr und mehr einsam und verwirrt. Sie weiss nicht, wer sie ist und wohin sie gehört. S...