Über eifersüchtige Freundinnen und was daraus folgt

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Das nächste, was ich wieder mitbekam war eine Stimme, die langsam in mein Unterbewusstsein vordrang: „Was meinst du, wann sie aufwacht?" Auch wenn ich zuerst nur ein Rauschen wahrnahm, dass nach wenigen Sekunden zu einem Brodeln andrang, wusste ich, was derjenige sagte. Nicht weil ich unbewusst in sein Gedächtnis eindrang oder irgendetwas Absonderliches tat, sondern ganz einfach aus dem Grund, weil ich diese Stimme kannte. Die Stimme, die mir vielleicht am meisten bedeutete und die ich aber nicht haben konnte, weil ich sonst zwei wichtige Menschen in meinem Leben verletzt hätte. James.
„Ich weiß es nicht. Aber ich hoffe bald.", erwiderte eine andere, rauere und tiefere Stimme. Sofort erkannte ich Sirius Stimme. Er seufzte. „Ich halte das langsam ohne sie nicht mehr aus. Warum ist sie genau in unserem glücklichsten Moment zusammengebrochen? Ich versteh das ganz einfach nicht. Wie ist das möglich?"

„Vielleicht hat es etwas mit der Schwangerschaft zu tun?", setzte plötzlich eine entferntere, weibliche Stimme hinzu. „Dann dürfte es nicht mehr lange dauern." Ich konnte ihren Blick auf mir spüren und öffnete unwillkürlich die Augen. Hasserfüllte grüne Augen starrten in meine. Ob sie sich von meinem plötzlichen Aufwachen hatte erschrecken lassen, wusste ich nicht. Angenommen sie wäre traurig deswegen gewesen, dass ich hier lag, man hätte es ihr nicht angesehen. Nur der reine Hass sprach aus ihren Augen.
„Vielleicht hat sie es ja sogar erneut verloren." Sie legte ihren Kopf ein wenig schräg und blickte mich unverhohlen an. „Irgendwie würde ich es ihr gönnen."

Im Augenwinkel nahm ich Sirius und James geschockte Blicke wahr, doch ich ignorierte sie und wollte gar nicht wissen, was die beiden jetzt getan hätten, hätte ich nicht leise gefragt: „Warum hasst du mich so sehr?"
Sie zuckte daraufhin mit den Schultern, trat näher an mein Bett und sah zu mir herab.
„Du genießt es richtig, endlich mal auf mich hinab zu schauen, oder?", fragte ich den Tränen nahe, doch ich würde keine Schwäche zeigen. Nicht vor ihr. Nicht vor meiner angeblich besten Freundin. „Ich habe absolut keine Ahnung, was ich laut dir falsch gemacht habe, aber ich verstehe dich nicht. Wir sind doch beste Freunde. Wieso?" Ich schluckte die Tränen herunter, schlug die Decke zurück und schwang meine Beine mit aller Kraft die ich aufbringen konnte zur Seite, stand auf und schritt – beziehungsweise stolperte – auf sie zu. Meine Wut hatte sich gesteigert. Ich war jetzt nicht nur wütend, sondern vor allem verletzt.
„Du...", presste sie zwischen zusammengebissen Zähnen hervor, kam mir entgegen und kesselte mich zwischen meinem Bettpfosten und ihr selbst ein. Kein entkommen. „Du hast immer alles bekommen was du wolltest. Du kommst super mit deiner Wolfsblut-Gestalt klar und dein Bruder muss leiden. Gleich in deinem ersten Jahr stehen drei Jungs auf dich. Der eine versucht dich sogar zu beschützen, vor deiner eigenen Dummheit. Und die anderen zwei gestehen es noch nicht einmal ihren Freunden, dass sie auf DICH stehen und nicht auf mich. ER", damit zeigte sie neben sich auf James, „hat es sogar bis zu seinem fünften Jahr vor mir verschwiegen, obwohl er mich immer nach einem Date gefragt hat, weil du ja nicht anwesend warst. Ich war immer das zweite Rad am Wagen."
Ich atmete tief durch, auch wenn sie mir beinahe die Luft zum Atmen nahm. Erneut spürte ich einen stechenden Schmerz in der unteren Magengegend, doch ich ignorierte ihn und konzentrierte mich auf meine vermeintlich beste Freundin. „Fühlst du dich jetzt besser?", fragte ich und konnte die Tränen nun nicht mehr unterdrücken, sie liefen mir und heiß die Wange hinab und tropften auf die Holzdielen. „Warum hast du nicht eher was gesagt? Ich..." „Jetzt fehlen der großen Heldin also auch mal die Worte, ja?", setzte Lily spöttisch noch eins drauf und nun konnte ich mich nicht mehr halten: „Ich habe nicht nur gutes abbekommen, okay!? Ich..." Jetzt war der Schmerz so übermächtig, dass ich wie vor ein paar Stunden – oder waren es Tage?, ich wusste es nicht – die Hand auf meinen Bauch hielt und ihn beinahe zerquetschte. „Ich liege unter einem Fluch, der mich jedes Jahr quält und an diesen vermaledeiten Wolfsblut-Fluch hängt. Ja, ich liebe es ein Wolfsblut zu sein, das macht die Sache aber mit dem Fluch nicht besser. Jedes Jahr am selben Tag leide ich Todesqualen, sehe Halluzinationen, die eigentlich gar nicht existieren können, weil sie entweder schon tot sind, oder nicht so wären. Oder wie wäre es damit, dass ich eine Tochter bekomme, die aber unter dem Familienfluch liegt und zwar jemanden von den Toten auferstehen lassen kann, aber deswegen von meinem vermaledaiten Vater verfolgt wird. Sogwar noch mehr als er mich jemals verfolgen wird. Ich weiß noch nicht einmal, ob sie sicher nach Hogwarts gehen kann, ohne dass etwas passiert. Ich weiß nicht, was daran perfekt und besser sein soll." Ich schnaufte und schwitzte bereits vor Anstrengung und wusste, dass ich jeden Moment zusammenbrechen würde, aber ich versuchte mich weiterhin auf den Beinen zu halten. "Also nimm dein einfaches, normales Leben hin. Es ist gut so wie es ist. Auch, wenn bei mir die glücklichsten Momente meines Lebens kommen, folgen darauf auch weitaus schrecklichere, die die guten fast schon runter ziehen. Denk nur einmal an meinen leiblichen Bruder. Er wurde von meinem eigenen Vater kaltblütig ermordet. Sei froh, dass deine Eltern normal sind. Nicht alle haben dieses Glück." Lily sah mir noch einmal in die Augen. Grün traf erneut auf Grün, doch diesmal erkannte ich, dass der Hass sich fast vergraben hatte und – war es Mitgefühl? – Platz gemacht hatte. Dann wandte sie mir den Rücken zu und ging wütend, aber erhobenen Hauptes aus der Tür.
„Also beschwer dich nicht und genieß dein perfektes Leben. Jemand wie ich hat so etwas nämlich anscheinend nicht verdient.", konnte ich ihr gerade noch hinterher rufen, bevor ich mein Gleichgewicht verlor und meine Beine zusammen sackten. Hätte James nicht rechtzeitig reagiert und mich aufgefangen, wäre ich abermals in Ohnmacht gefallen. „Danke", hauchte ich ihm zu und schoss für einen Moment erschöpft meine Augen.

Als ich sie im nächsten wieder öffnete, lag ich erneut auf meinem Bett, leicht angelehnt an die Wand, die daran grenzte. James hatte sich neben mich niedergelassen, strich mit der einen Hand über meinen Handrücken und hatte die andere bereits gehoben, um mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen, als ich leise „Stopp" sagte. Er sah mich unverwandt an und blickte verwirrt drein. „Warum bist du ihr nicht nachgegangen?", fragte ich und merkte, wie ich fast krächzte. Mein Hals hatte das Ganze anscheinend nicht gut überstanden. Zu viel Aufregung.
„Als ich vor dem Badezimmer stand, in das sich Lily verkrochen hatte, stand Alice vor mir und meinte, dass die das regeln würde. Wie und ob sie das macht, weiß ich nicht, aber das ist jetzt nicht wichtig." Er wurde leiser, hauchte den letzten Teil beinahe und beugte sich währenddessen über mich. Wir waren nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt und ich konnte seinen heißen stockenden Atem bereits auf meinen Lippen spüren, bereit ihn zu küssen.
Doch ich tat es nicht. Warum? Ich wusste es nicht. Da fiel es mir ein: „Was ist mit Sirius?"
Kurz wandte sich James von mir ab und blickte zum Fenster hinaus, hinter dem bereits die Sonne aufging. Er wirkte nachdenklich, so als ob er sich erst überlegen müsste, ob er mir die Wahrheit sagt oder nicht.
Anscheinend hatte er eine Entscheidung getroffen, denn er blickte wieder zu mir. „Er ist unten." Als ich ihn fragend anblickte, erläuterte er: „Und hilft... deinem Bruder, Marlene und den anderen beim Aufräumen." Er lächelte leicht und ich musste unwillkürlich zurück lächeln. „Ich liebe dich.", hauchte er, beugte sich erneut zu mir hinunter und stoppte aber kurz vor meinen Lippen, so als ob er auf eine Antwort wartete. Ich schluckte, befeuchtete meine Lippen und zögerte kurz. Ich dachte darüber nach, ob ich das mit meinem Gewissen vereinbaren konnte, warf den Gedanken dann jedoch beiseite, überbrückte den letzten Abstand und schloss unsere Lippen in einem tiefen sehnsuchtsvollen Kuss und schloss meine Augen. Sirius küsste besser, aber mit James war es intensiver.

Urplötzlich vernahm ich ein kaum merkbares Knarzen der Dielen, öffnete meine Augen und sah in die erschrockenen von Sirius. Verdammter Mist!

Ich löste mich einenMoment später von James und rief nach meinem Mann, den ich betrogen hatte: „Sirius,warte! So war das nicht gemeint."
Ich stand auf. „Verdammt, jetzt bleib doch stehen!"
Ich sah zu James zurück: „Tut mir leid", flüsterte ich und rannte ihm nach.

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So, das ist jetzt das zweite überarbeitete Kapitel, weil in diesem ja ein Gespräch zwischen Lily und Cat vorkam, was das vorige Kapitel aufgegriffen hat.

Die Gefahr lauert im Dunkeln (HP-FF, Rumtreiberzeit)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt