In Gedenken an...

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Es war definitiv nicht so, wie ich mir Beerdigungen vorstellte. Nein, es war fast noch grausamer, vor allem, da ich wusste, was mir von meinem – ach verdammt, warum benutze ich überhaupt noch diese Wort – Vater genommen wurde.
Ich schluckte erneut und versuchte die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Ich versagte.

Die ganze Zeit drückte Sirius fest meine rechte und James meine linke Hand, vermutlich wäre ich sonst umgekippt. Hätte mich jedenfalls nicht gewundert.
Meine ganzen Freunde waren anwesend. Auch Dumbledore, McGonagall und Slughorn. Nur meine Mutter fehlte. Wo war sie bloß? Ich blickte mich suchend um, ließ meine Augen über alle Trauergäste schweifen, doch fand sie nicht.
Remus musste meinen Blick bemerkt haben, denn er flüsterte mir hinter Sirius Rücken zu: „Ich hab sie heute auch noch nicht gesehen." Er schüttelte kummervoll den Kopf. „Sie hat noch nicht einmal einen Brief geschrieben." Er legte eine kurze Pause ein, in der er mich besorgt betrachtete. „Tut mir leid.", dann lächelte er leicht.

Ich seufzte und wandte mich wieder Dumbledore zu, der eine kurze Rede hielt: „ ...und mancher durfte die Zwei einige Schritte auf ihrem Weg begleiten. Eine davon war Cathrine und diese bitte ich nun nach vorne." Er sah mich mit seinem durchdringenden blauen Augen durch seine Halbmondbrille an und nickte kaum merkbar.
„Du schaffst das. Ich glaub an dich.", hauchte mir Sirius zu und drückte meine Hand noch einmal fester. Ich atmete noch einmal tief durch, löste meine Hände aus denen der Jungs und schritt nach vorn zum Podest.
Meine Hände lagen zittrig auf dem Rednerpult, meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding, mein Mund nur Zentimeter vom Mikrofon entfernt und – ich konnte es nicht. Ich wusste nicht wieso, aber es ging nicht. Hätte ich meine Stimme in Anspruch genommen, wäre kein einziger Ton rausgekommen. Meine Stimmbänder hätten versagt, meine Kehle war staubtrocken. Ich schluckte. Atmete tief durch und versuchte bis drei zu zählen, doch es funktionierte nicht. Mein Herz klopfte wie wild und ich hörte sogar mein Blut in den Ohren rauschen, als ich plötzlich ein Rascheln vernahm und sah, wie James aufstand und auf mich zukam. „Du musst das nicht allein machen.", flüsterte er mir zu. „Ich steh neben dir und fange an. Wir schaffen das. Zusammen." Er lächelte mich warm an und rutschte mich zur Seite. Nun stand er vorm Mikrofon. Er räusperte sich und fing stotternd an: „Ihr wisst, warum wir hier sind." Er stockte, sah kurz zu mir, zwinkerte und wandte sich dann gelassen wieder dem Mikro zu. „Im Prinzip ist es keine Gedenkfeier für uns, sondern für Cathrine. Sie hat die beiden Menschen, die hier liegen geliebt wie ihr ein und alles." Er schniefte kurz. Als ich bei ihm bereits Tränen aufsteigen sah, übernahm ich das Reden. Er hatte mir Mut gemacht.

„Es sind schwere Zeiten. Und wir wissen das alle. Für manche schwerer, als für andere. Doch was wäre das Leben ohne Tod? Wäre der Tod nicht, es würde keiner das Leben schätzen, man hätte vielleicht nicht einmal einen Namen dafür." Ich legte eine kurze Pause ein, ließ die Worte, die ich einmal von jemand sehr besonderem gehört hatte, auf mich wirken und atmete noch einmal durch, bevor ich weiter sprach: „Es ist grausam, dass ich so viele glückliche Erinnerungen an mein Leben haben darf und mein Zwillingsbruder nur so wenig. Es ist grausam, dass mir mein leiblicher Vater die zwei liebsten Menschen genommen hat, die ich hatte." Mit einem Mal kamen erneut die Tränen, die ich davor erfolgreich verbannt hatte. Heiß liefen sie mir in Strömen die Wangen herunter und verebbten nicht. Doch ich ließ mich davon nicht beeindrucken. Ich wollte und musste diese Rede halten. Für Luca. Für – Ich seufzte – Amélie. „Seit sie gegangen sind, verspüre ich eine Leere. Eine Leere, die wahrscheinlich nie ganz verschwinden wird, weil sie mir viel bedeutet haben. Ich fühle mich verloren, seitdem die Beiden nicht mehr da sind. Ich vermisse sie." Und mit kraftvoller Stimme fügte ich hinzu: „Doch das muss ich, denn genau das, macht uns stark. Wir hoffen, darauf, dass es besser wird. Darauf, dass – ach ich weiß auch nicht. Aber Hoffnung stärkt uns." Ich sah, wie meine Freunde mich unter Tränen anlächelten, mir Mut machen wollten und ich lächelte ebenfalls. Einfach, weil ich überaus glücklich in dem Moment war, auch wenn ich gerade mein ungeborenes Baby und meinen Zwillingbruder beerdigte. „Dankeschön", hauchte ich noch und verließ schnellen Schrittes das Podium. James jedoch stand noch vollkommen verdattert auf dem Podest, beugte sich dann zum Mikrofon vor und sagte: „Na dann, auf ein wohles Gedenken." [A/N ist das überhaupt ein Wort]
Einen Augenblick lang herrschte Stille, dann ertönte ein Lachen, bis ich merkte, dass es von mir selbst kam. Sofort verstummte ich. Geschockt blickten mich meine Freunde an, dann grinsten sie und prusteten los. Ich atmete erleichtert auf und lächelte dann auch.

Die Gefahr lauert im Dunkeln (HP-FF, Rumtreiberzeit)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt