Über ein zurückgebrachtes Geschenk und unsichere Gedanken

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Kurz nach den Weihnachtsferien, als die dicke Schneeschicht so langsam wegschmolz kam Onkel Remus beim Frühstück auf uns zu und meinte, dass wir heute Abend nach der letzten Unterrichtsstunde unsere erste Patronus-Stunde bei ihm hätten. Harry und ich nickte also und liefen zu unserer ersten Stunde: Verwandlung.
Nachdem wir den Ferraverto-Zauber, bei dem man ein Tier in einen Trinkpokal verwandelt, endlich abgeschlossen hatten, folgte nun die Verwandlung eines gewöhnlichen Gegenstandes – bei uns eine Streichholzschachtel – in ein Tier. Nun war es aber gar nicht so einfach, eine Streichholzschachtel in zum Beispiel einen Igel zu verwandeln – auch wenn beide irgendwie stachlig und spitz waren.
Nachdem die Stunde also zu Ende war und es nur Hermine hinbekommen hatte und das auch nur ein einziges Mal, wollten wir schon zu viert wieder den Unterrichtsraum verlassen, als uns Professor McGonagall zurückhielt: „Mister Potter und Miss Lupin, vermissen sie nicht etwas?" Verwirrt drehten wir uns wieder um und gingen auf ihr Pult zu, neben dem zwei längliche Pakete standen. Wir grinsten und fragten fast synchron: „Professor, sind das etwa unsere...?" „Ja.", stimmte sie uns zu und überreichte jedem von uns sein Weihnachtsgeschenk zurück, „Das sind ihre Feuerblitze, die sie beide zu Weihnachten geschenkt bekommen haben. Wir haben sie gründlich kontrolliert und nachdem wir nichts gefunden haben und auch ihre Mutter, Miss Lupin, zu uns meinte, dass diese Besen nicht gefährlich wären, da sie denjenigen kenne, der ihnen beiden dies geschickt habe und auch Professor Lupin dem zustimmt, sah ich keinen Grund mehr, diese für mich zu behalten. Ich hoffe doch, sie beide holen damit den Sieg für Gryffindor?" Sie schmunzelte und entließ uns schlussendlich aus dem Unterricht.

Nach dem Mittagessen – es gab wieder einmal Kartoffelgratin – hatten wir noch zwei Stunden Zaubertränke. Irgendwie hoffte ich, dass mich Severus nicht schon wieder versuchte in Rage zu bringen, nur damit ich mich selbst wieder unter Kontrolle bringen konnte.
Genau dies hatte er nämlich bei unserer ersten Stunde nach den Weihnachtsferien versucht, die ich bei meiner Mutter verbracht und damit natürlich keinen einzigen Gedanken an meine Übungen verschwendet hatte. Er hatte mich solange provoziert bis ich mich fast mitten im Unterricht verwandelt hätte, meine Augen hatten sich schon verfärbt und ich spürte bereits, wie die Haare an meinen Armen wuchsen und konnte es gerade noch so aufhalten, in dem ich die Augen schloss und mir vorstellte, dass Fred jetzt vor mir stand, mir in die Augen sah und mit mir zusammen den einen Satz murmelte. Am Ende der Stunde hatte mich Harry dann gefragt, was zum Teufel denn „Die Sonne. Der Mond. Die Wahrheit." Bedeuten solle und nachdem ich ihm dann erklärt hatte, dass dies mein Mantra wäre, um mich abzureagieren, hatte er dann verständnisvoll mit dem Kopf genickt und gemeint, dass er auch so etwas ähnliches bräuchte, damit er nicht ständig von Snape Punkte abgezogen bekäme.
Also ging ich mit einem mulmigen Gefühl in den dunklen Klassenraum und setzte mich wie gewohnt in die zweite Reihe neben Hermine. Kaum war die Tür mit einem dumpfen Knallen ins Schloss gefallen, hörten wir auch gleich die Stimme von Severus, der uns den Trank nannte, den wir in dieser Stunde brauen sollten und schrieb gleichzeitig mit seinem Zauberstab die Zubereitung an die Tafel. Der Wolfsbanntrank.
„Ich erwarte nicht, dass sie diesen beim ersten Mal perfekt hinbekommen, doch sollten sie zumindest den groben Hinweisen folgen können. Diejenigen, die ihn aber perfekt hinbekommen", dabei sah er vor allem mich genau an, „müssen die nachfolgende Hausaufgabe nicht erledigen." Er endete kurz und deutete auf den letzten Schritt, bei dem HA davor stand: „Schreiben Sie einen fünf Fuß langen Aufsatz über die Zubereitung und Wirkungsweise des Wolfsbanntrankes." Er sah bereits meine und Hermines Hand nach oben schnellen, als er noch hinterhersetzte: „Da ich weiß, dass der Wolfsbanntrank nicht an einem einzigen Tag gebraut werden kann, sondern dazwischen mehrere Wochen vergehen müssen und er dann in der Neumondphase ruhen muss, werden Sie mir am Ende der Stunde ihre erste Probe abgeben und diese dann im Laufe der Zeit vervollständigen."

Natürlich hatte ich den Zaubertrank perfekt hinbekommen und so musste ich nun nicht den Aufsatz schreiben. Auch meine Befürchtungen, dass Severus mich vor der ganzen Klasse wieder würde bloßstellen, in dem ich mich fast in einen Wolf verwandele, wurden nicht real, worüber ich sehr froh war. Ich wollte also schon glücklich den Klassenraum verlassen, als er mich zurückrief: „Miss Lupin. Sie bleiben bitte noch, wir haben noch etwas zu klären." Ich seufzte, ergab mich jedoch meinem Schicksal und ging nach vorne zum Lehrerpult. Als alle gegangen waren, schloss er mit einem Schwenk seines Zauberstabes die Tür, kam ums Pult herum und runzelte die Stirn. „Was ist, habe ich etwas falsch gemacht?", wollte ich schon fragen, als ich einen stechenden Schmerz im Kopf verspürte. Zuerst sah ich mich und Fred, wie wir uns gegenüberstanden und uns über unsere gegenseitige Aufopferung stritten; dann sah ich mich selbst, wie ich am Boden saß, den Rücken an Georges Beine gelehnt und zu Fred starrte, der frustriert im Sessel saß und ins Feuer stierte, doch auch diese Szene wurde bei Seite gefegt. Jetzt sah ich mich selbst am Klavier sitzen, bis sich Fred zu mir herabbeugte, dann verschwand auch diese Szene und ich sah mich selbst nachts im dunklen Krankenflügel liegen, der schwarze Hund neben mir und meine Mutter, die diesen beschimpft. Als es dann jedoch zu der Kusszene zwischen Fred und mir kam, versuchte ich eine Mauer aufzubauen, was mir anfangs nicht recht gelingen wollte, dann jedoch mehr und mehr die Szene verschwand und ich mich endlich wieder im Hier und Jetzt befand.
Keuchend versuchte ich Luft zu holen und hatte nicht bemerkt, wie ich nach hinten gestolpert war und mich nun an der Tischkante festkrallte. „Was zum Teufel sollte das?", schrie ich ihn an und hob gleichzeitig meine linke Augenbraue. Er schmunzelte nur und sagte einfach: „Die Mauer, die du zuletzt aufgebaut hast, kam eindeutig zu spät. Hättest du erst jetzt bemerkt, dass dein Großvater" – „Nenn ihn nicht so. Ein Großvater liebt seine Enkelin und er tut es bestimmt nicht." –„in deinen Gedanken nach etwas sucht, hätte er schon längst zu viel gegen dich in der Hand. Vielleicht hat er es sogar schon und wird Mister Weasley demnächst benutzen, um an dich heranzukommen. Genau dasselbe ist bei deiner Mutter passiert und dabei will und werde ich nicht nochmal zusehen." „Warum interessiert Sie sie das eigentlich so, was mit mir passiert?", fragte ich und erhielt im ersten Moment nur ein schmerzvoll verzogenes Gesicht, bis er mir dann doch antwortete: „Ich habe deiner Mutter versprochen, auf dich aufzupassen, dass umfasst auch den Schutz vor deinem Großvater."
Nach einer langen Pause setzte er dann hinzu: „Außerdem denke ich, dass deine Mutter uns etwas verschweigt, was von höchster Priorität ist, du dadurch aber noch mehr in Gefahr gerätst, weshalb sie es noch für sich behält. Also ja, ich mache mir Sorgen um dich. Reicht das?" Ich nickte nur. „Wie soll es mir helfen, wenn du in meine Gedanken eindringst?", fragte ich noch, bevor er mich nach draußen schicken konnte. „Ich versuche dir zu helfen eine Art Gedankenmauer aufzubauen, an dem dann der Eindringling – in dem Falle dein Großvater – abprallt. Diese Kunst nennt man Okklumentik, das Eindringen in die Gedanken anderer Legilimentik. Es ist nicht tragisch, dass du es anfangs noch nicht beherrschst, jedoch denke ich, dass du es ziemlich schnell hinbekommen wirst, denn obwohl du gezögert hast, hast du mich eher aus deinen Gedanken werfen können als so manch anderer Anfänger." „Wie könnte denn so eine Schutzmauer aussehen?", fragte ich ihn, da ich mir im Moment nur vorstellen konnte, jemanden mit einem nonverbalen Protego aus meinem Kopf zu befördern. Da ich Voldemort jedoch nicht sehen würde, wenn er es versucht, würde es schwierig werden, ihn aus meinem Kopf raus zu halten. „Diese Gedankenmauern können ganz unterschiedlich aussehen. Bei mir ist es ein Labor, in dem meine Erinnerungen in Flaschen verkorkt sind, bei Dumbledore ist dies ähnlich der Fall. Bei deiner Mutter ist es eine große Bibliothek, in dem in jedem Buch eine Erinnerung versteckt ist. Ihre Mauern sind inzwischen so stark geworden, dass sie die Erinnerungen nicht in der richtigen Reihenfolge im Regal stehen hat. Hast du zum Beispiel eine relativ neue Erinnerung entdeckt, kann daneben auch eine aus ihrer Kindheit stehen. Teilweise sind sie nach Emotionen geordnet, teilweise nach den Personen, die darin vorkommen. Das ist verschieden." „Woher weißt du so gut über die Gedanken von Mum Bescheid?" „Ich habe ihr dabei geholfen.", sagte er einfach und ich wusste, dass er nicht jeden seiner Sätze so ausführlich erklären würde wie die Ersten. „Wenn ich meine Gedanken jetzt zum Beispiel als See tarnen würde..." „Würde das durchaus funktionieren, nur musst du dir genau vorstellen können, wie jemand auf einzelne deiner Gedanken zugreifen könnte. Geht das, in dem man aus verschiedenen Positionen in den See springt? Ist jeder Schritt in den See eine Erinnerung? Also ja, ich denke, es könnte funktionieren, da man nicht genau weiß, wie man darauf zugreifen soll, jedoch ist es deutlich komplexer als zum Beispiel die Bibliothek." Ich seufzte. Das würde dann wohl eine Weile dauern, bis ich herausgefunden hatte, wie ich meine Gedanken vor Anderen sichern konnte und ich hoffte einfach, dass die Zeit bis zum nächsten Angriff ausreichen würde.
„Hey, zerbrich dir jetzt nicht den Kopf darüber, wie das alles ausgehen könnte, wenn du es nicht schaffst. Wir bekommen das hin und wenn es Monate dauert. Ich werde dir helfen, denn ich habe es versprochen." Ich nickte einfach nur und wandte mich zur Tür um. Ein paar Schritte vor der Tür rief er mir hinterher: „Deine Hausaufgabe bis zu unserer nächsten Stunde ist statt dem Aufsatz dir Gedanken zu machen, wie due sie schützen willst." Ich nickte abermals, seufzte und schloss schlussendlich die Tür des Klassenraums hinter mir.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 23, 2020 ⏰

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Die Gefahr lauert im Dunkeln (HP-FF, Rumtreiberzeit)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt