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>MAX - Puppeteer<

Nervös sammel ich meine Sachen ein. Gleich mache ich mich auf die Suche nach der Adresse, die Camille mir geschickt hat.

Und dann werde ich mich mit zwei wildfremden Mädchen fertig machen. Ich weiß nicht mal, was ich mitnehmen soll. Was zieht man auf so einer Party an? Ein Kleid? Wohl kaum.

Ich habe schon meine beste Freundin um Rat gefragt, aber sie geht leider nicht an ihr verdammtes Handy.

Letztendlich habe ich mich für eine Jeans und eine Bluse entschieden. Ich schließe nun meine Tür ab und verlasse dann die WG.

In meinem Auto starte ich Google Maps und gebe die Adresse ein. Schließlich fahre ich los. Camilles Wohnung ist gar nicht so weit entfernt. Als ich einen Parkplatz gefunden habe, bleibe ich noch einen Moment im Auto sitzen.

Ich bin mittlerweile so nervös, dass mein Magen Purzelbäume zu schlagen scheint. Die gewohnten Zweifel schleichen sich wieder ein. Was wenn die ganze Zeit eine peinliche Stille herrscht? Was wenn ich mich im Outfit total vergriffen habe und sie mich auslachen? Was wenn...

Ich schüttele den Kopf, um diese Gedanken loszuwerden. Ich muss mich entspannen. Das sind auch nur Menschen. Ich muss mich auch mal etwas trauen. Also steige ich aus, krame alle meine Sachen zusammen und gehe auf die Tür des großen Gebäudes zu.

Camille wohnt offensichtlich in einer eigenen Wohnung. Ich klingele und die Tür summt. Nachdem ich sie aufgedrückt habe, steuere ich auf das Treppenhaus zu.

Sie wohnt im vierten Stock, also werde ich wohl nicht ganz so viele Treppen laufen müssen. Ich biege gerade um die Ecke, um die nächste Treppe in Angriff zu nehmen, da werde ich plötzlich von einem Typen angesprochen, der auf der besagten Treppe sitzt.

»Wer bist du und was machst du hier?«, fragt er gerade heraus. Seine Stimme klingt kühl und die Worte fließen ineinander. Er scheint angetrunken zu sein.

Ich versuche ihn zu ignorieren und will an ihm vorbei gehen, doch er packt mich am Fußgelenk. »Ich rede mit dir! Wer bist du?«, fragt er erneut und sieht mich mit verengten Augen an, während er sich aufrappelt und mich nun einen Kopf überragt.

Er hat ein ziemlich verwegenes Aussehen. Seine schwarze Jeans sitzt tief auf den Hüften und scheint nur von einem Gürtel dort gehalten werden zu können. Sein olivgrünes Shirt ist ein wenig hochgerutscht, weshalb ein Teil seines durchtrainierten Bauches zum Vorschein kommt.

Seine dunkelbraunen Haare sind ein wenig zu lang und was mir als erstes ins Auge gesprungen ist, sind die Tattoos, die sich über seine Arme schlängeln.

Seine Augen, die überraschenderweise blau sind, anstatt braun, wie ich es bei der Haarfarbe erwartet habe, fokussieren mich.

»Ich hab dich was gefragt, Kleine!«, bedrohlich kommt er einen weiteren Schritt auf mich zu. Der Typ hat mittlerweile mein Handgelenk umklammert und mein Herz schlägt mir vor Angst bis zum Hals. Ich schlucke und versuche entschlossen zu klingen, was mir ziemlich misslingt. Meine Stimme ist leise und man kann die Angst deutlich heraushören, als ich drohe: »Lass mich los oder ich schreie!«

Er lacht auf. »Lass mich raten! Du bist auch einer dieser Klugscheißer, die auf diese beschissene Uni gehen?«, fragt er bitter und übergeht meine vorherige Aussage damit einfach.

»Ich meine es ernst!«, sage ich. Diesmal klingt meine Stimme ein wenig fester. Er sieht mich verächtlich an. »Ist ja gut, Prinzesschen. Ich tu dir schon nichts!«, meint er spöttisch und lässt meinen Arm schließlich los. Dann wendet er sich um und geht die Treppen, die ich eben hochgekommen bin, hinunter. Schließlich verschwindet er um die Ecke.

Ich spüre, wie ganz langsam die Anspannung aus meinen Gliedern weicht. Verdammt was hatte der für ein Problem? Ich bin heilfroh, dass er von selbst gegangen ist und ich nicht habe anfangen müssen zu schreien.

Nun beeile ich mich nach oben zu kommen, schließlich kann ich nicht sicher sein, ob er nicht noch mal zurückkommt.

Ich klopfe an der Tür, dessen Nummer Camille mir geschickt hat.

»Hey! Warum hat das denn so lang gedauert bis du hier oben warst?«, begrüßt mich Camille und lässt mich in die Wohnung.

Lola ist schon da und ich erzähle den beiden, dass ich aus Versehen zwei Stockwerke zu weit gelaufen bin. Ich habe beschlossen ihnen nichts von diesem komischen Typen zu erzählen. Sie stellen zum Glück keine Fragen.

»Also Anna, was hast du denn für Klamotten dabei?«, fragt Lola schließlich neugierig. Ich öffne die Tasche und ziehe die Jeans und die Bluse hervor. Ich kann sehen, wie die zwei Mädchen sich zwei bedeutungsschwere Blicke zuwerfen.

Ich habe mich also doch vergriffen. »Das willst du anziehen?«, hakt Camille nach als wolle sie sichergehen, dass ich sie nicht nur verarsche. Ich nicke und spüre, wie ich rot werde. »Gehst du oft auf Partys?«, fragt Lola. »Eigentlich eher nicht, nein!«, antworte ich verlegen.

»Okay, Anna, nimm es mir nicht übel, aber darin kannst du dort nicht erscheinen. Du wirst komplett underdressed sein!«, sagt Camille mit einem entschuldigenden Blick.

»Ich hab aber kaum Kleider nach Berlin mitgenommen!«, sage ich und fühle mich immer kleiner. Ich wünsche mir in diesem Moment einfach nur noch, zurück in die WG zu gehen und mir einen gemütlichen Abend mit irgendeiner Serie zu machen . Ich hätte wissen sollen, dass dieser Abend zum Scheitern verurteilt ist, schon als ich dem Typen im Treppenhaus begegnet bin.

»Ach, ist doch kein Problem! Du bekommst einfach ein Kleid von mir!«, sagt Camille strahlend. Ich schlucke, da mir Camilles Kleider bestimmt nicht passen. Sie hat mindestens Körbchengröße C.

»Ich hab, glaub ich, noch ein paar ältere Kleider, die mir zu klein geworden sind, da passt du bestimmt rein!«, meint sie lächelnd, als sie meinen zweifelnden Blick bemerkt.

»Ok danke!«, murmele ich leise und etwas beschämt. Ich folge Camille und Lola schließlich in ihr Schlafzimmer, welches fast zu Hälfte von einem riesigen Kleiderschrank eingenommen wird.

»Okay, dann lasst uns mal etwas schickes für dich raussuchen!«, meint Camille und klatscht voller Vorfreude in die Hände.



If You StayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt