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DenOne feat. Nina Valentina - Auch Engel sterben

Ich blinzle und alles um mich herum klingt dumpf. Das Blut rauscht in meinen Ohren und irgendwer schreit. Die ganze Zeit schreit jemand. Es ist ein ohrenbetäubendes Geräusch und doch geht es in der lärmenden Masse unter.

Es dauert eine Weile bis ich bemerke, dass ich es bin, die schreit. Meine Wangen sind tränenüberströmt. Verzweifelt ruckle ich ein weiteres Mal an den Fesseln, aber es hilft nichts. Dann endlich sehe ich ein bekanntes Gesicht vor mir.

Alli rennt auf mich zu. »Anna, was ist los? Wurdest du getroffen?«, fragt sie panisch, während sie meine Fesseln zu lösen beginnt. »Nash! Nicht ich! Nash!«, schluchze ich. Ich sehe, wie ihr jegliche Farbe aus dem Gesicht weicht. Endlich sind meine Arme und Beine frei. Ich stehe ruckartig auf und beginne sofort zu taumeln. Schwarze Punkte tanzen vor meinen Augen. Die letzte Zeit hatte ich einfach zu wenig Bewegung als das mein Körper nun wieder voll funktionstüchtig ist.

Alli fängt mich ab. »Wo ist er?«, fragt sie. Hilflos zucke ich mit den Schultern. Ehe wir uns der Menge nähern könnte, scheint jedoch ein Ruck durch diese zu gehen. Die Polizei scheint mit einem Mal die Kontrolle gewonnen zu haben. Innerhalb weniger Minuten löst sich der Haufen an Menschen auf. Leute werden in Handschellen abgeführt. Sirenen scheinen von überall her zu kommen. Dann sehe ich ihn auf dem Boden liegen.

Ich reiße mich von Alli los, die versucht mich zurückzuhalten, da die Polizei uns dazu auffordert uns nicht zu nähern, solange nicht alle Waffen sichergestellt sind.

»Nash – Nash -.«, wimmere ich, während ich neben ihm auf die Knie gehe. Sein Shirt ist blutdurchtränkt, weshalb ich keine Ahnung habe, wo die Kugel ihn getroffen hat. Seine Augen sind geschlossen.

Zitternd lege ich meine Hand auf seine Wange. Keine Reaktion. »Nash!«, flüstere ich erneut. Meine Finger fahren zu seinem Hals. Ich suche nach einem Puls, doch ich finde nichts. Panik schnürt mir die Kehle zu. Meine Augen brennen und mein Herz scheint in tausend Stück zu zerschellen.

Plötzlich bekomme ich keine Luft mehr. Das Blut rauscht mir wieder in den Ohren. Noch lauter als zuvor. Das kann nicht wahr sein. Das darf einfach nicht wahr sein. Verzweifelt schüttle ich ihn an den Schultern. Mein Blick ist durch die Tränen so verschwommen, dass ich das Flackern seiner Lider fast übersehen hätte.

»Nash?« Meine Stimme ist kaum noch zu hören. Dann endlich öffnet er die Augen einen Spalt breit. Er hustet und ein kleines Rinnsal Blut verlässt seinen Mundwinkel. Sein Blick huscht umher und verweilt schließlich auf meinem Gesicht. Seine Mundwinkel ziehen sich ganz leicht nach oben und diese Geste bricht mein Herz im selben Moment, wie es dadurch wieder ganz wird.

»Hey, Kleines! Ich bin zwar froh, dass du lebst - wäre dir aber sehr dankbar, wenn du aufhören würdest mich zu schütteln«, krächzt er. Ich wische mir mit dem Ärmel über die Nase und weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. »Ich musste doch herausfinden,ob du lebst«, entschuldige ich mich schniefend. Er lächelt mich an und es scheint ihn viel Kraft zu kosten, doch er hebt seine Hand vom Boden und legt sie auf meine, die neben seinem Kopf gestützt ist. Ich warte keine Antwort oder ähnliches mehr ab, denn er scheint schon wieder dabei zu sein, das Bewusstsein zu verlieren.

»Ich brauche einen Krankenwagen! Hilfe!«, rufe ich und zwei Sanitäter kommen auf mich zugeeilt. Alli zieht mich zurück und Nashs Hand entgleitet meiner sofort wieder. Von diesem Moment an, nehme ich alles nur noch verschwommen wahr. Ich erinnere mich daran, dass die Männer eine Trage holen. Irgendwer redet die ganze Zeit auf mich ein. Sie legen Nash, der mittlerweile wieder das Bewusstsein verloren hat, darauf ab und bringen ihn zum Krankenwagen.

Irgendwie komme ich auch ins Krankenhaus. Ein Arzt hat mir mitgeteilt, dass sie meine Nase richten müssen, bevor sie schief zusammenwachsen würde. Ich nicke nur. Weiß nicht, was das alles soll. Was stimmt mit meiner Nase nicht? Sie sollten sich um die Verletzten kümmern.

Mein Blick ist starr an die Zimmerdecke gerichtet als mir etwas gespritzt wird und ich augenblicklich in einen tiefen Schlaf falle.

***

10 Tage später

***

Ich sehe in den Spiegel. Mein Gesicht sieht fast wieder aus wie immer. Ich versuche mich an einem Lächeln, welches mir jedoch kläglich misslingt.

Ein letztes Mal fahre ich mit der Haarbürste durch meine Haare. Ich habe viel nachgedacht in den letzten Tagen. Ich brauchte Zeit, um das zu verarbeiten, was passiert ist.

Ich habe Nash seit dem Abend an dem er mich befreit hat nicht mehr gesehen. Ich habe ihn besuchen wollen, nachdem ich entlassen wurde, doch ich habe mich nicht getraut. Ich weiß nicht, wieso nicht, aber ich habe mich einfach nicht getraut zu ihm zu gehen. Ich hatte Angst, wusste nicht was ich zu ihm sagen sollte - doch jetzt weiß ich es. Auch wenn mein Entschluss egoistisch und unfair ist, weiß ich es jetzt. Ich habe über nichts anderes nachgedacht in den letzten Tagen. Ich habe mit Clara telefoniert und auch mit Alli.

Clara versteht meine Entscheidung. Alli nicht. Sie hat versucht mich davon abzuhalten, hat mir gesagt, dass ich das doch nicht einfach so machen könne. Das es nicht fair wäre. Aber ich bin bei einem Punkt - bei einer Grenze angekommen, die ich einfach nicht noch weiter niederreißen kann.

Ich sehe mir im Spiegel in die Augen, nicke mir leicht zu und verlasse das Bad. Als ich bei der Haustür ankomme, steckt Alex seinen Kopf aus seiner Zimmertür.

»Wo geht's hin?«, fragt er. Seit ich wieder da bin, sind meine Mitbewohner total überfürsorglich und überwachen jeden meiner Schritte, was ich jedoch auch irgendwie verstehen kann.

»Ins Krankenhaus. Zu Nash!«, murmle ich. Alex nickt. »Grüß ihn von mir!«, sagt er lächelnd. »Mach ich!«, entgegne ich, obwohl ich weiß, dass ich das nicht tun werde.

Dann verlasse ich das Haus. Bevor ich die Straße in Richtung meines Autos überquere, sehe ich mich sicherheitshalber nochmal um. Auch wenn Miguel und auch die Schlägertypen festgenommen wurden, fühle ich mich nicht sicher. Vielleicht würde ich das irgendwann wieder, aber bis dahin würde vermutlich noch eine ganze Zeit vergehen.

Ich schließe meinen Wagen auf und fahre in Richtung Krankenhaus. Während der Fahrt muss ich über all die Dinge nachdenken, die Alli mir über die Rettungsaktion erzählt hatte. Ich kann nicht glauben, dass Nash die Vertuscher des Mordes seiner Schwester angeheuert hat, um mich zu retten. Dass er sich überhaupt dazu überwinden konnte diese Leute anzusprechen und mit ihnen zusammen zu kämpfen, ist einfach unglaublich und macht es mir noch schwerer das schlechte Gewissen abzuschütteln, was ich angesichts unseres Treffens gleich, bereits habe.

Ich stelle das Auto schließlich in einer freien Parklücke auf dem Krankenhausparkplatz ab und gehe in Richtung Eingang. An der Rezeption frage ich, wo ich sein Zimmer finde. Im zweiten Stock. Zimmer 135.

Ich nehme die Treppe. Vielleicht weil ich Fahrstuhlfahren nicht besonders mag, vielleicht um Zeit zu schinden. Als seine Zimmertür vor mir liegt, zögere ich.

Doch dann gebe ich mir einen Ruck und klopfe schweren Herzens an.

A.N.:
Hey meine Lieben,
ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Es tut mir so leid, dass das Update so lang auf sich hat warten lassen, aber ich hoffe ihr wusstet noch, was zuletzt passiert ist. Habt ihr schon eine Ahnung, was Annas Plan ist? Btw, das hier ist das vorletzte Kapitel. Mit dem nächsten ist die Story also vorbei... meine erste beendete Story also🎉

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