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>SXTN - Bongzimmer<

Frustriert knalle ich die Haustür hinter mir zu. Ich muss dringend zur Uni, aber mir fehlen meine Bücher, mein Haustürschlüssel und mein Geld. Ich habe alles in meiner Tasche, die ich gestern in Nashs Wagen vergessen haben musste. Bevor ich diese Sachen nicht zurück habe, würde ich nirgendwo hingehen. Ob ich will oder nicht. Ich brauche die Sachen einfach.

Das würde dieses Mal wirklich das letzte Mal sein, dass wir uns begegnen. Ich würde ihm sagen, dass er mir meine Tasche geben soll und würde dann wieder verschwinden. Ich gehe in Richtung Bushaltestelle. Leider ist mein Autoschlüssel am Schlüsselbund für die Haustür, welcher sich in meiner Tasche befindet.

In drei Minuten geht zum Glück der nächste Bus in die Richtung, in die ich muss. Ich spüre, dass ich nervös werde, umso näher ich meinem Ziel komme. Ich habe Angst, dass er mich auf das, was am Vortag geschehen ist, anspricht.

Aber das würde er nicht - sicher nicht. Und wenn doch, dann ist doch nichts schlimmes dabei. Ich muss einfach mal locker bleiben und zu meine Taten stehen. Auch noch im Nachhinein. Schließlich haben wir jetzt alles geklärt.

Der Bus hält und ich steige aus. Von hier aus sind es nur noch ein paar Meter bis zu Nashs Wohnung. Plötzlich muss ich an den vergangenen Abend denken. Als ich zu Hause angekommen bin, habe ich erstmal Killian zurückgerufen. Ich habe sehr mit mir gerungen und habe ihm schließlich gesagt, dass ich als ich mittags nach Hause kam, eingeschlafen bin, weil ich in der Nacht nicht schlafen konnte.

Er war zwar ein wenig misstrauisch, aber als ich ihm vorgeschlagen habe, dass wir uns heute treffen könnten, schien er sich wieder beruhigt zu haben. Die Sache wäre nun also geklärt, wenn da nicht mein furchtbar schlechtes Gewissen wäre. In der letzten Nacht konnte ich kaum schlafen, weil ich mich so schlecht gefühlt habe. Ich weiß, dass ich es ihm irgendwann sagen muss, aber ich sollte warten, bis wir ein wenig länger zusammen sind.

Bis ein bisschen Gras über die Sache gewachsen ist. Zwar hatte ich neben dem schlechten Gewissen auch panische Angst, dass Nash ihm etwas erzählen würde, aber meine Drohung zur Polizei zu gehen, sollte ihn fürs erste den Mund halten lassen.

Ich komme an und klingle. Die Tür summt und ich gehe das Treppenhaus hinauf. Leise gehe ich an Camilles Wohnung vorbei. Ich habe, wie auch schon gestern, Angst, dass sie mich hier sieht. Zum einen müsste ich ihr dann eine Menge erklären und zum anderen würde sie sicher Killian davon erzählen.

Ich klopfe an Nashs Tür. »Wer ist da?«, ruft er. Seine Stimme klingt seltsam dumpf. »Anna!«, sage ich betont kühl. »Was willst du?«

»Meine Tasche holen!«, rufe ich zurück. Einen Moment später höre ich Schritte und die Tür geht einen Spalt auf. Ehe ich eintreten kann, höre ich schon wieder, dass sich jemand auf ein Sofa schmeißt. Ich drücke die Tür auf und muss augenblicklich husten.

Es riecht stark nach Gras. Ich schließe die Tür hinter mir und wedle mit der Hand vor meinem Gesicht. Das ganze große Zimmer ist von einem dünnen Nebel aus Qualm durchzogen. »Willst du ersticken?«, frage ich in Richtung Couch, auf der Nash sitzt. »Was juckt's dich?«, fragt er und seine Stimme klingt ganz ruhig. Es hört sich nicht mal so an, als wäre er wirklich anwesend.

»Wo ist meine Tasche?«, frage ich schnell, bevor ich mit ihm zu diskutieren beginnen kann. »Dahinten in der Ecke!«, sagt er und deutet mit dem Finger weiter rechts von mir.

Ich huste erneut. Der Geruch ist durchdringend und mir wird schlecht. Wenn er nicht aufpasst, wird er hier drin echt noch ersticken. Ich sehe meine Tasche, die er scheinbar achtlos in die Ecke geschmissen hat.

Ich schnaube und hänge sie mir über die Schulter. Dann will ich gerade gehen, da frage ich mich plötzlich nochmal, ob er denn tatsächlich hier drin ersticken kann. Seufzend drehe ich mich um und gehe auf ein Fenster zu. Ich hasse ihn zwar, aber wünsche ihm trotzdem nicht den Tod.

If You StayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt