If You Stay

~20~

>Anastacia - Stupid Little Things<

Ich atme nochmal tief durch und sehe ein letztes Mal in den Spiegel des Toilettenhäuschens. Meine Augen sind zwar immer noch leicht gerötet, aber immerhin habe ich mein Make-Up wieder auf Vordermann bringen können.

Ich entriegle die Tür und gehe schnellen Schrittes in Richtung des Parks, in dem ich mich mit Killian treffen wollte. Besser gesagt, in die Richtung in der ich den Park vermute.

Ich habe keine Ahnung, wie spät es mittlerweile ist, denn mein Handy hat den Geist aufgegeben. Ich frage letztendlich einen Passanten, ob er mir sagen kann, wo dieser verdammte Park ist, da ich ihn einfach nicht finde.

Schließlich komme ich wirklich dort an, doch Killian ist nirgends zu sehen. Seufzend lasse ich mich auf einer Parkbank nieder, denn offensichtlich ist er bereits gegangen. Nach einem Blick auf die große Kirchturmuhr, die nicht weit vom Park über den Bäumen hervorragt, wundert es mich nicht. Ich bin fast eine halbe Stunde zu spät.

Eigentlich hätte ich nach Hause gehen sollen oder noch in die Bibliothek oder sonst wohin, doch stattdessen bleibe ich auf der Parkbank sitzen. Die Sonne wärmt mich und ich schließe die Augen und lausche dem geschäftigen Treiben um mich herum. Sowohl die Menschen, als auch die Insekten und Vögel scheinen alle eine Arbeit zu verrichten und ein Ziel zu haben. Irgendwie beruhigt mich dieses aufgeregte Treiben um mich herum. Ich habe das Gefühl, dass ich hier nicht allein mit einem schlechten Gewissen sitze, sondern dass um mich herum, auch alle anderen ihre Probleme mit sich herumtragen.

Nach einer Weile, öffne ich die Augen wieder und beschließe endlich nach Hause zu gehen und mein Handy aufzuladen, damit ich Killian schreiben kann, warum ich nicht rechtzeitig gekommen bin. Natürlich würde ich ihm nichts von dem Zusammentreffen mit Nash erzählen. Er würde nur wieder ausrasten und schlimmstenfalls detailliert wissen wollen, was er gesagt hat. Ich würde ihm die halbe Wahrheit sagen, nämlich dass ich den Park nicht gefunden habe und mein Akku leer gewesen ist.

Ich hoffe einfach, dass er nicht allzu sauer ist. Ich mache mich also auf den Weg nach Hause und als ich unseren Flur betrete, höre ich sofort, dass wir Besuch haben. Alex Tür steht halb offen und ich kann sehen, dass Killian auf seiner Couch sitzt und sich mit Alex unterhält, der wahrscheinlich auf seinem Schreibtischstuhl sitzt. Ich kann ihn wegen der Tür nicht sehen.

Killian sieht nun auf. »Anna! Wo warst du?«, fragt er. »Du bist nicht aufgetaucht und auch nicht mehr ans Handy gegangen«, fügt er verwirrt hinzu. »Tut mir leid, ich hab diesen blöden Park nicht gefunden und mein Handy nicht aufgeladen!«, gebe ich zerknirscht zu. Killian steht nun auf und lächelt zum Glück wieder. Er verlässt Alex Zimmer und ich kann sehen, wie dieser die Tür ein wenig weiter aufzieht und schon zu einem 'hey' ansetzt, doch innehält, als Killian sich zu mir runter beugt und mich küsst.

Mein Herz setzt für einen Moment aus, denn ich habe nicht damit gerechnet, dass er mich einfach so, vor Alex küssen würde. Bevor ich mich richtig auf die Situation einstellen kann, hat er sich schon wieder von mir gelöst und grinst angesichts der Röte, die mein Gesicht mittlerweile überzieht.

Alex sieht ebenfalls ziemlich erstaunt aus, grinst aber als er sagt: »Also ist es jetzt offiziell, ja?« Offensichtlich erwartet er aber keine Antwort, denn er fährt schon fort: »Naja, ich lass euch dann mal eure Privatsphäre!« Vorher wirft er mir jedoch einen Blick zu, der mich wohl an unser morgendliches Gespräch erinnern soll. Dann schließt er seine Zimmertür. »Was machst du denn eigentlich hier?«, frage ich Killian nun. »Ich wollte schauen, ob du zu Hause bist und das Treffen vielleicht vergessen hast. Als ich gesehen habe, dass nur Alex da ist, dachte ich mir, dass ich hier auf dich warten kann!«, erklärt er.

»Oh ok, ja vielleicht können wir ja noch irgendwas machen!«, schlage ich vor. Er lächelt. »Von mir aus gerne.« Mit diesen Worten gehen wir erstmal in mein Zimmer und machen den Fernseher an. Mir kommt es irgendwie ein wenig seltsam vor, zusammen mit Killian in meinem Bett zu liegen und wenn ich ehrlich bin, setzt mich diese Tatsache unter Druck.

Er würde das doch jetzt nicht als Einladung sehen, oder? »Du hast deine Sachen ja noch gar nicht ausgepackt«, stellt er, mit einem Blick auf zwei der Kartons in der Ecke des Zimmers, fest. »Nein, ich bin irgendwie noch nicht dazu gekommen!«, lüge ich. Eigentlich habe ich sie noch nicht ausgepackt, weil ich Angst habe, dass mein Aufenthalt hier durch irgendwas genauso schnell beendet sein würde, wie der, auf der letzten Uni.

Ich spüre, wie Killian mich von der Seite mustert. »Auf welcher Uni warst du eigentlich vorher?«, fragt er schließlich. »Ich hab vorher an einer Uni in Kiel studiert!«, sage ich und spüre den Knoten, der sich in meinem Bauch zu bilden beginnt. Bitte hak nicht weiter nach. »Und wieso hast du da aufgehört zu studieren?«, fragt er natürlich. Ich zögere. Was soll ich ihm jetzt antworten?

»Eigentlich gab es keinen speziellen Grund. Ich hab mich mit den Leuten dort nicht so gut verstanden!«, sage ich, so fest, wie möglich, doch ich höre selbst, dass meine Stimme leicht zittert. Schnell versuche ich das Thema zu wechseln: »Was wollen wir gucken? Irgendwas auf Netflix?«, frage ich und sehe ihn an. Ich nehme wahr, dass er am liebsten nochmal genauer fragen will, doch auch, dass er erkennt, dass ich nicht darüber reden möchte. Also nickt er und wir entscheiden uns letztendlich für die Serie „Scorpion".

Die Stimmung ist weiterhin ein wenig angespannt, denn wir beide wissen, dass ich ihm nicht die Wahrheit gesagt habe, doch wir geben auch noch nach der ersten Episode unser Bestes, das Thema zu vermeiden.

Author's Note:

Hey ihr Lieben,
ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Habt ihr vielleicht schon irgendwelche Ideen, warum Anna ihre alte Uni verlassen hat? Findet ihr es verständlich, dass sie immer noch ein bisschen in sich gekehrt ist oder findet ihr, sie hätte es Killian schon anvertrauen können? Ich würde mich wie immer über ein Sternchen freuen⭐❤