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>The Weeknd - Call Out My Name<

Kichernd verlasse ich die Wohnung von Camille. Es ist kurz nach zwölf in der Nacht. Der Wein, den ich zwar anfangs nicht habe probieren wollen, es letztendlich aber doch getan habe, zeigt seine Wirkung. Beschwipst gehe ich in Richtung meines Wagens und erst als ich kurz davor bin, den Motor anzumachen, wird mir klar, dass ich so nicht mehr fahren kann.

Dann würde ich wohl laufen müssen. Mir ist sowieso heiß, also würde die Nachtluft mir wahrscheinlich gut tun. Ich steige wieder aus dem Wagen und schließe hinter mir ab. Ich stecke den Schlüssel zurück in die Tasche und verlasse den Parkplatz zu Fuß. Es sind nicht mehr viele Autos unterwegs, was vermutlich daran liegt, dass es eine Nacht mitten in der Woche ist.

Nach etwa zehn Minuten, beginne ich ein wenig zu frösteln und die Straßenbeleuchtung nimmt ab. Ich schalte die Handytaschenlampe an und frage mich, ob dieser Weg, der eigentlich der Fußweg zurück zu meiner WG sein sollte, wirklich der richtige ist. Innerlich verkrampfe ich mich, als ich in der Straße vor mir die Zigaretten, die als glühende Punkte in der Dunkelheit sichtbar werden, wahrnehme und lautes Grölen höre. Schnell schalte ich meine Taschenlampe aus. Die Typen haben mich nicht bemerkt und ich müsste es theoretisch schaffen, an ihnen vorbeizugehen, ohne, dass sie mich sehen würden.

Ich hoffe innerlich, dass es auch praktisch möglich ist. Leise gehe ich ganz rechts an der Mauer entlang, die die Straße begrenzt. Ich bin schon fast ganz an ihnen vorbeigegangen, da passiert mir ein unglaubliches Missgeschick. Da auch ich nichts mehr sehen kann, trete ich gegen eine Flasche, die klimpernd zu Boden fällt. Entsetzt reiße ich die Augen auf und erstarre mitten in der Bewegung.

»Hey, wer ist da?«, fragt einer der Typen in die Dunkelheit. Einen Moment später wird eine Taschenlampe angeschaltet und ihr Strahl fängt mich ein. Sie erleuchtet aber auch den Typen, der sie hält und ich bekomme Panik. Er hat breite Schultern und Piercings überall im Gesicht. Er muss etwa Mitte dreißig sein. »Na, was haben wir denn da? Kleine, was machst du hier so allein, mitten in der Nacht?« Er kommt langsam auf mich zu und ich nehme wahr, dass auch die Typen um ihn herum, sich in Bewegung setzen. Ohne lang darüber nachzudenken, renne ich los.

»Kleine, warte mal!«, grölt der eine. Mein Herzschlag rast als ich höre, dass sie mir folgen. Ich renne um die Ecke und ohne auf den Weg zu achten, biege ich in die nächste Straße ein. Neben mir prallt eine Flasche an die Hauswand. Jedenfalls klingt es nach einer Flasche. »Ich sagte - warte!«, schreit der Typ ein weiteres Mal und ich fahre zusammen, als ich höre, wie nah seine Stimme klingt.

Plötzlich wird mir schlecht. Ich habe das Gefühl, dass ich ein wenig zu viel Wein getrunken habe und dieser im Gemisch mit Süßigkeiten und Rennen, in meinem Magen äußerst unzufrieden ist. Ich renne um die nächste Kurve und plötzlich geschieht so viel auf einmal, dass es einen Moment dauert, bis alle Informationen in meinem Gehirn ankommen. Ich werde von grellem Licht geblendet und pralle gleichzeitig gegen jemanden. Ich taumle zurück und blinzle.

Ich befinde mich an der Hintertür einer Bar oder etwas in der Art. Spärliches Licht fällt aus den schmutzigen Fenstern heraus und ich sehe, dass sich kaum jemand drinnen aufhält. Ich befinde mich jedoch nicht im Inneren der Bar, sondern auf der Straße, weshalb meine Aufmerksamkeit schnell zurück, hier draußen ist. Im Licht, welches aus der Bar dringt, sehe ich zwei Tütchen mit weißem Pulver auf dem Boden liegen. Mein Blick wandert an den Beinen, der Person vor mir hoch, zu ihrem Gesicht. Ein entsetzter Schrei bleibt mir in der Kehle stecken. Nash sieht mich angemessen überrascht an und hebt schließlich in einer fließenden Bewegung die Tütchen auf, um sie in seiner Hosentasche verschwinden zu lassen.

Hinter ihm steht ein Typ. Ich weiß nicht, ob Nash die Drogen ge- oder verkauft hat, aber mir bleibt auch keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn ich höre Schritte hinter mir um die Kurve kommen und obwohl ich immer noch verdammt gekränkt von Nashs Worten bin und ihm im Prinzip gar nicht kenne, kommt mir seine Gesellschaft in diesem Moment erfreulicher vor, als die der Typen, die hinter mir her sind, weshalb ich weiter auf ihn zu gehe.

»Man, man du rennst vielleicht, Kleine! Jetzt komm wieder her! Wir haben noch was zu klären!«, sagt der Typ. Er und seine fünf Kumpels sehen im Licht noch schauriger aus, als im flackernden Licht der Taschenlampe. »Jungs, was wollt ihr von ihr?«, fragt Nash, der ziemlich angepisst klingt, als der Typ hinter ihm, bei so viel Gesellschaft, die Flucht ergreift. Scheinbar habe ich ihm einen Deal versaut.

»Sie ist meine Freundin und zickt nur mal wieder ein wenig rum!«, knurrt der Typ und sieht Nash direkt an. Dieser lacht höhnisch. »Sicheeer!«, sagt er langgezogen. »Und mein Vater ist der Kaiser! Verpisst euch! Sucht euch Mädchen in eurem Alter!«, knurrt er dann. »Ach ja? Und was, wenn nicht, du kleiner Pisser?«, fragt ein anderer aus der Gruppe und macht bedrohlich einen Schritt auf uns zu. Ich kann seine Fahne bis hier riechen. »Verfickte Scheiße, ihr habt hier gerade meinen Deal zum Platzen gebracht! Seid froh, wenn ich euch nicht auf der Stelle abknalle! Jetzt haltet das Maul und verpisst euch, sonst läuft es nämlich genau darauf gleich hinaus!«, fährt Nash die Typen an und seine Stimme klingt so eisig, dass mir das Blut in den Adern gefriert.

Entsetzt sehe ich zu ihm auf. Hat er wirklich eine Waffe? Stehe ich gerade neben einem Mörder? Mein Atem geht flach, doch er sieht mich nicht an. Sein Blick ist auf die Typen uns gegenüber gerichtet, die sich scheinbar dasselbe, wie ich fragen. »Man Junge, was juckt dich die Kleine? Lass sie uns mitnehmen und wir kaufen alle ein bisschen Stoff bei dir! Dann bekommst du deine Kohle und wir einen Fick!«, sagt der Typ versöhnlich. Panik durchflutet mich. Er wird definitiv das Geld wählen. Ich werde heute Nacht durch eine Vergewaltigung meine Unschuld verlieren.

Ich wimmere und will die Flucht ergreifen, doch Nash hält mich am Oberarm fest. »Und du -«, sagt er, während er auf den Typen zugeht, der scheinbar bevorzugt das Reden in der Gruppe übernimmt, »- denkst wirklich, dass ich dich deinen Schwanz in irgendein Mädchen stecken lasse, was einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen ist, nur um ein bisschen mehr Kohle einzustecken?«

Mit einem Klick, wie ich es bisher nur in Filmen gehört habe, hält er ihm eine entriegelte Pistole an den Kopf. Ich stehe hilflos neben ihm. Seine linke Hand umklammert immer noch meinen Oberarm und ich traue mich auch nicht mich loszureißen. Mein Blick ist auf die Pistole gerichtet. Mein Herz überschlägt sich vor Angst.

Die anderen Typen sehen nicht sehr erfreut über diese Wendung aus, scheinen aber Schiss zu haben, dass Nash ihren Boss erschießt, wenn sie sich rühren. »Die Kohle kann ich mir auch woanders besorgen! Und jetzt sage ich dir und deinen Kumpels zum letzten Mal, dass ihr euch gefälligst verpissen sollt! Ansonsten könnte die Scheiße hier übel für euch ausgehen!«, sagt Nash leise, aber bestimmt.

Der Typ hebt die Hände und weicht zurück. »Ist gut Mann, wir sind schon weg!«, sagt er und scheint erleichtert zu sein, als der Lauf der Pistole nicht mehr seinen Kopf berührt. Die Typen verschwinden um die nächste Kurve und ich bin mit Nash allein.

A.N.:
Hey meine Lieben,
tut mir leid, dass das letzte Update schon wieder so lang her ist, aber vielleicht habt ihr es gemerkt, ich habe die Zeitform in der ich die Story schreibe, von Präteritum in Präsens geändert. Es hat eine Weile gedauert bis alle Kapitel überarbeitet waren, aber nun bin ich endlich fertig und ich hoffe euch gefällt das neue Kapitel. Wenn ja, lasst doch ein Sternchen da.

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If You StayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt