>Down With Webster - Your Man<
Ich sitze an unserem Küchentisch. Im ganzen Haus ist es noch still. Clara schläft ebenfalls noch, doch auch, wenn ich gestern erst um kurz vor vier zu Hause gewesen bin, habe ich nicht gut schlafen können. Es ist halb zehn und ich bin hundemüde und habe Kopfschmerzen, doch ich weiß, dass ich kein Auge mehr zu bekommen würde. Der gestrige Abend würde augenblicklich wieder in meinem Kopf Revue passieren.
Ich seufze und schlürfe ein wenig von dem noch kochend heißen Tee. Ich fühle mich unglaublich schuldig, da ich Killian so angemeckert habe, obwohl er mich wahrscheinlich vor einem der größten Fehler meines Lebens bewahrt hat. Ich habe keine Ahnung, wie ich ihm je wieder unter die Augen treten soll. Wie ich überhaupt noch jemanden unter die Augen treten soll.
Meine Gedanken wandern zurück zur Tanzfläche. Wieder spüre ich Nashs Finger über meine nackte Haut fahren und das leichte Ziehen in meinem Unterleib, welches seine Berührung ausgelöst hat. Ich habe so etwas noch nie empfunden. Allerdings hat mich bisher auch noch kein Typ so berührt. Ich schlucke, als ich mir vorstelle, dass Killian die ganze Zeit gesehen hat, was wir da getan haben.
Vor Scham würde ich am liebsten im Erdboden versinken. Ich hoffe nur, dass ich Nash niemals wieder sehen würde, denn ich habe wirklich keine Ahnung, wie er reagieren würde, nachdem was gestern Abend alles passiert ist. Aus irgendeinem Grund zweifle ich jedoch nicht daran, dass es zu einem Wiedersehen kommen wird.
Ich nehme einen weiteren Schluck meines Tees und beobachte, wie die kleinen Krümel aus dem Teebeutel sich wieder auf dem Boden der Tasse absetzen, nachdem ich diese abgestellt habe.
Ich weiß, dass ich die Sache nicht so stehen lassen kann. Ich muss mich bei Killian entschuldigen. Ich nehme mein Handy und schreibe ihn an, ehe ich es mir anders überlegen kann. Er ist vor zwanzig Minuten zuletzt online gewesen. Offensichtlich hat er auch nicht sonderlich gut geschlafen.
Ich sehe, dass er online kommt, doch er geht nicht auf unseren Chat. Dann ist er auch schon wieder offline. Ich seufze und öffne meine Kontaktliste. Mein Daumen schwebt über seiner Nummer. Mein Herz klopft automatisch schneller. Wenn er abnimmt, würde das Gespräch wahrscheinlich wirklich peinlich verlaufen. Was soll ich überhaupt sagen?
Meine Gedanken rasen und ich bin kurz davor, das Handy wieder wegzulegen, doch ich weiß, dass ich, wenn ich das nicht kläre, keine ruhige Minute mehr finden würde. Also drücke ich kurz entschlossen auf seinen Kontakt und halte mir das Handy ans Ohr.
Es tutet eine gefühlte Ewigkeit und schließlich wird mir klar, dass er den Anruf nicht annehmen wird. Ich lege seufzend auf. Ich muss aber irgendwas tun. Sonst werde ich keinen Moment des Wochenendes mit meiner besten Freundin mehr genießen können. Kurz entschlossen gehe ich ins Bad und ziehe mich um. Nachdem ich meine Zähne geputzt, meine Haare gekämmt und ein wenig Wimperntusche aufgetragen habe, hole ich meinen Regenschirm aus meinem Zimmer und hinterlasse Clara einen Zettel.
Dann verlasse ich leise das Haus. Draußen ist die Luft heute kühl und wie ich es aus dem Fenster bereits gesehen habe, regnet es in Strömen. Seufzend mache ich den Regenschirm auf und gehe schnellen Schrittes los. Ich hätte theoretisch auch das Auto nehmen können, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich schon wieder fahren kann.
Auch wenn es höchstwahrscheinlich eine halbe Ewigkeit dauern würde, muss ich zu Fuß gehen, wenn ich meine Schuldgefühle loswerden will. Außerdem hat Killian eine Entschuldigung verdient.
***
Nervös klopfe ich an die gläserne Haustür des Verbindungshaus, da ich sehe, dass ein Mädchen gerade am Aufräumen ist. Sie öffnet und sieht mich überrascht an. »Wer bist du denn?«, fragt sie. »Hey, ich bin Anna! Ich wollte zu Killian!«, sage ich schüchtern. Sie hält mir die Tür auf, während sie sagt: »Ich wusste gar nicht, dass er schon wach ist!«

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If You Stay
ChickLitABGESCHLOSSEN (22.09.2018) Anna Lena hat eine Geschichte, die sie zu der gemacht hat, die sie heute ist. Schüchtern, introvertiert und unerfahren. Diese Geschichte hat sie nach Berlin geführt, wo die junge Studentin sich dem Unileben stellt. Es daue...