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Phil Collins - Don't Lose My Number

Ich krame erneut in meiner Tasche, aber ich muss wohl einsehen, dass ich mein Handy ganz offensichtlich zu Hause vergessen habe. Tja, noch eine Vorlesung und danach würde ich die Gewissheit haben, dass es wirklich zu Hause ist und ich es nicht doch irgendwo vergessen habe. Ich muss ein Stück zum nächsten Hörsaal laufen und auf dem Weg begegne ich, wie durch ein Wunder, Camille und Lola, die endlich mal allein unterwegs zu sein scheinen.

»Lola! Camille!«, rufe ich und da ich fast bei ihnen bin, können sie mich nicht einfach ignorieren. »Hey, Anna!«, sagt Camille mit einem Lächeln, von dem ich nicht ganz sicher bin, ob es echt ist.

»Ich versuche schon seit Tagen mit euch zu reden!«, sage ich und verschränke die Arme vor der Brust. »Ehrlich? Was gibt's denn?«, erkundigt sich Lola. »Es geht um Killian!«, sage ich.

Die zwei scheinen ganz genau gewusst zu haben, weshalb ich das Gespräch mit ihnen suche, was sicher auch der Grund gewesen ist, weshalb sie mir so oft aus dem Weg gegangen sind. »Ihr habt, schätze ich mal, mitbekommen, was passiert ist? Neben unserer Trennung meine ich!«

Die zwei nicken stumm und ich sehe sie an, als wären sie Fremde. Eigentlich brauche ich die Frage, die mir auf der Seele brennt gar nicht stellen, denn ich kann die Antwort von ihren Gesichtern ablesen. Doch ich muss hören, wie sie es sagen, einfach um die absolute Gewissheit darüber zu haben.

»Wusstet ihr, dass er schnell gewalttätig wird? Wusstet ihr es und habt mir trotzdem nichts gesagt?«, frage ich und kann es nicht verhindern, dass meine Stimme zittert, denn ich kann die Wut und die Enttäuschung nicht länger zurückhalten.

»Hör mal, Anna. Wir wussten es, aber wir dachten, dass er es mittlerweile in den Griff bekommen hat. Er hat viel Scheiße durchgemacht in seiner Kindheit. Er-«, beginnt Camille ihn zu verteidigen, doch ich unterbreche sie mit einem fassungslosen Lachen. »Halt den Mund! Ich will es nicht hören. Es interessiert mich nicht mehr, was er durchgemacht hat, denn nichts rechtfertigt das, was er getan hat. Ich kann es nur einfach nicht fassen, dass ihr mir nie etwas gesagt habt! Ich dachte, wir wären Freunde. Aber da habe ich mich offensichtlich getäuscht!«, sage ich eisig.

»Wir sind auch Freunde. Wir dachten nur, dass es vielleicht ganz gut wäre, wenn du ohne Vorurteile in die Beziehung gehst!« »Wir sind keine Freunde. Echte Freunde hätten mir die Wahrheit gesagt, um mir zu helfen, mich auf die Situation einzustellen! Echte Freunde wären mir nicht tagelang aus dem Weg gegangen, aus Angst für ihren Fehler gerade zu stehen! Lasst mich raten - Killian hat euch darum gebeten mir nichts zu erzählen?«, frage ich mit bitterer Stimme.

Der Blick, den die zwei wechseln, ist mir Antwort genug. Kopfschüttelnd wende ich mich von den Zweien ab. »Anna, warte! Vielleicht können wir das ja noch irgendwie alles regeln und wieder gerade biegen!«, ruft Lola mir nach. Ich winke ab: »Da ist nichts mehr, was man noch gerade biegen könnte!« Dann gehe ich einfach, ohne ein weiteres Wort von den beiden abzuwarten. Ich habe genug gehört. Und ich habe genug von den Beiden.

Ich kann nicht fassen, dass sie mich ins offene Messer haben laufen lassen.

Seufzend setze ich mich auf einen freien Platz im Hörsaal und versuche mich auf die Vorlesung zu konzentrieren, die gerade begonnen hat.

***

Ich habe Alli heute nicht draußen vor der Uni getroffen, weshalb ich kurzerhand beschließe zu ihr zu fahren. Nach der Party haben wir gar nicht mehr geredet und ich musste sie noch auf den neusten Stand bringen. Sowohl in Sachen Nash, als auch in Sachen Camille und Lola.

Überrascht sieht sie mich an, als ich vor ihrer Tür stehe. »Hey, Anna! Was machst du denn hier und warum zum Teufel gehst du nicht an dein Handy?«, fragt sie und zieht mich in ihre Wohnung. »Habe ich zu Hause vergessen! Was meinst du, wie mich das aufregt! Eigentlich wollte ich auch direkt nach der Uni nach Hause, um es zu holen oder mich wenigstens zu vergewissern, dass es wirklich da ist und ich es nicht verloren habe, aber dann dachte ich, wenn ich jetzt eh schon unterwegs bin, kann ich auch einmal bei dir vorbei schauen, weil es einiges zu bequatschen gibt!«

Verschwörerisch wackle ich mit den Augenbrauen und sie lacht: »Ok, dann werde ich uns jetzt was zu trinken und was zu knabbern holen und du erzählst mir alles in meinem Zimmer!«

Ich nicke und sie macht sich auf den Weg in Richtung Küche, während ich mich ihrer Zimmertür widme. Kurze Zeit später sitzen wir zusammen auf ihrem Bett und ich erzähle ihr von der Freundschaft Plus mit Nash und sie berichtet mir von einem Mädchen, dass sie gestern in dem Club kennengelernt hat und mit der wohl noch einiges gelaufen ist.

»Und glaubst du, dass das etwas festes wird?«, frage ich, doch in dem Moment vibriert ihr Handy lautstark. Sie wirft einen Blick auf das Display und drückt den Anruf weg. Ich ziehe die Augenbrauen hoch. »Wer war das und was hat er oder sie getan, dass du sie einfach wegdrückst?«, frage ich neugierig.

Sie lacht und meint abwinkend: »Ach, bloß so ein Typ, dem ich gestern Nacht aus Spaß meine Nummer gegeben habe! Hätte ich gewusst, dass er so hartnäckig ist, dann hätte ich mir mit jemandem anders einen Spaß erlaubt! Ich habe ihm mittlerweile sogar gesagt, dass ich eigentlich auf Mädels stehe, aber er denkt, ich will ihn damit nur abwimmeln.«

»Ach so ist das - verarscht du also die armen Typen, ja?«, frage ich lachend und sie zuckt bloß mit den Schultern. Dann kommen wir auf das eigentliche Thema zurück. »Naja, ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher. Mir war sie echt sympathisch, aber bisher habe weder ich, noch sie geschrieben. Ich denke, es wird sich in den nächsten Tagen herausstellen, ob das mehr als ein kleiner Flirt sein könnte!«, erklärt sie und in dem Moment beginnt ihr Handy erneut zu vibrieren. Sie verdreht genervt die Augen und drückt den Anruf ein weiteres Mal weg.

Ich muss lachen, denn der Typ scheint echt hartnäckig zu sein. Dann meint sie: »Hey, hast du Bock eine neue Serie auf Netflix anzufangen?«

»Klar, wieso nicht! Wir brauchen dringend eine, die wir zusammen suchten können!« Alli stimmt mir eifrig nickend zu, dann macht sie ihren Fernseher an und schaltet auf Netflix um. »Du suchst eine Serie aus und ich hole neue Getränke!«, sagt sie und drückt mir die Fernbedienung in die Hand.

Kurz nachdem sie den Raum verlassen hat, beschließe ich jedoch nochmal auf Klo zu gehen, da ich keine Lust habe, mitten in der Episode zu müssen. Ich gehe an der Küche vorbei und bleibe reflexartig stehen. Alli telefoniert. Hat sie den Typen etwa doch zurückgerufen? Oder ist es vielleicht diese Nathalie, die sie kennengelernt hat?

Neugierig, wie ich bin, lausche ich, um sie gleich damit aufziehen zu können. »Jetzt raste doch nicht so aus! Es ist doch alles gut! Sie ist hier!«, sagt sie in den Hörer und ich runzle die Stirn. Redet sie von mir?

»Ich habe verpennt, Mann! Außerdem dachte ich nicht, dass sie heute in die Uni geht! Ich hab so einen Schädel gehabt, dass ich froh war, den Weg aus dem Bett ins Bad und zurück gefunden zu haben!« Sie schweigt und lauscht scheinbar der Stimme am anderen Ende der Leitung.

»Nash! Hör jetzt gefälligst auf mich anzuschreien! Ich kann nicht rund um die Uhr auf sie aufpassen!« Mir wird speiübel und ich habe das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Was zum Teufel habe ich hier verpasst? Ich stoße die Küchentür auf und sie sieht mich mindestens genauso geschockt an wie ich sie. Augenblicklich weicht jegliche Farbe aus ihrem Gesicht.

»Ich - ich muss Schluss machen! Anna ist gerade in die Küche gekommen!«

A.N.:
Hey meine Lieben,
Sorry mal wieder, dass das Kapitel so auf sich warten lassen hat, aber im Moment ist Schule einfach so stressig, dass ich kaum noch Zeit zum Schreiben finde. Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und es würde mich natürlich mega interessieren, ob ihr schon Vermutungen habt, woher oder warum sich Nash und Alli scheinbar kennen.

 Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und es würde mich natürlich mega interessieren, ob ihr schon Vermutungen habt, woher oder warum sich Nash und Alli scheinbar kennen

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