If You Stay

~61~

The Weeknd - Often

Ich sitze bei Alli im Auto und ich erzähle ihr gerade, was passiert ist. In letzter Zeit wartet sie immer vor der Uni auf mich, um mit mir zum Auto zu gehen, da sie Killian kein Stück über den Weg traut und Angst hat, dass er mir noch schlimmeres antun könnte.

»Ich fasse es nicht. Er ist so ein Arsch! Ich kann nicht fassen, dass man überhaupt im Stande ist, so einen Mist zu denken und auszuhecken! Hat der kein Gewissen oder was?«, regt sie sich mit mir auf.

»Ich habe keine Ahnung! Ich kann es auch nicht fassen, dass ich nie gemerkt habe, was für ein Arsch er eigentlich ist!«, schalte ich mich ebenfalls ein. Sie nickt wütend hinter dem Lenkrad. Wir schweigen eine Weile, um ein bisschen runter zu kommen.

Dann fragt Alli: »Willst du mit zu mir kommen? Dann kochen wir was zusammen! Wir wollten doch sowieso nochmal zusammen weggehen und dann machen wir einfach alles, was wir für die Uni zu erledigen haben bei mir und trinken dann heute Abend direkt bei mir vor! Ein Kleid habe ich bestimmt auch noch für dich. Ansonsten fahren wir, wenn wir mit schminken und allem fertig sind, nochmal schnell bei dir ran!«

»Ok, können wir machen! Was wollen wir denn kochen? Hast du Zutaten für irgendwas da?« Sie nickt. »Spaghetti oder sowas bekommen wir bestimmt noch hin!« Mit diesen Worten fahren wir zu ihr und verbringen trotz des Uni-Krams einen recht entspannten Nachmittag zusammen, an dem wir uns in breitem Maße über Killian auslassen.

In den letzten Tagen habe ich außerdem viel über Alli erfahren, unter anderem, dass sie es liebt sich Schminktutorials anzusehen und die Kunstwerke, die die Leute dort vollbringen, nachzumachen.

Daher komme ich gegen Abend nicht darum herum, mich von ihr schminken zu lassen, als wir uns fertig machen. »Mach es nicht zu übertrieben! Ich will nicht wie eine Nutte aussehen!«, sage ich besorgt, da ich mich sonst schließlich so gut wie gar nicht schminke. Sie zieht konzentriert meinen Lidstrich nach, während sie sagt: »Jammer nicht rum. Ich schminke dich, wie ich dich schminke! Warte doch erstmal ab!«

Es dauert gefühlt eine Ewigkeit und dann ist sie fertig und lässt mich in den Spiegel schauen. Ich bin einen Moment lang sprachlos. »Krass!«, ist das einzige, was ich hervorbringen kann und Alli grinst mich sehr zufrieden an. Ich betrachte mich eingehender im Spiegel.

Den Lidstrich hat sie mit einem Wing an der Seite verziert, der meinen Augenaufschlag extrem elegant und irgendwie verführerisch wirken lässt. Der rötlich Lidschatten, der als glitzernder Flaum um das Auge herum ausläuft, unterstreicht diesen Effekt. Die Wimpern umranden das Auge fächerartig. Meine Lippen sind passend zu den Augen geschminkt und wirken viel voller als sonst.

Das Rouge lässt mich vollkommen energiegeladen wirken, als ob ich Nacht für Nacht durch Clubs ziehen würde, um zu feiern. »Ich sehe fantastisch aus! Danke Alli. Danke, danke, danke!«, rufe ich begeistert und ziehe sie in eine Umarmung.

»Kein Problem! Ich hab doch gesagt, dass ich gut bin!«, sagt sie lachend. Dann macht sie sich ebenfalls fertig und zum Glück hat sie tatsächlich noch ein Kleid, welches mir passt und dazu noch ein paar Schuhe.

»Du siehst zum Anbeißen aus, Anna! Ich sag dir, wenn sich da nicht jeder Typ nach dir umdreht, dann weiß ich auch nicht!«, sagt sie grinsend, als wir beide fertig sind. »Du übertreibst maßlos, Alli!«, lache ich. »Du siehst auch mega toll aus! Bestimmt lernst du heute Abend irgendein Mädchen kenne, das das auch so sieht!«, sage ich und wackel mit den Augenbrauen. Jetzt ist es an Alli zu lachen.

Nachdem wir ein bisschen Alkohol intus haben, rufen wir uns ein Taxi, welches uns vor den Club bringt, den Alli ausgesucht hat.

Stickige Luft und laute Musik empfängt uns und hüllt uns wie eine Decke ein. »Ich war hier schon mal!«, rufe ich über die Bässe hinweg. »Ehrlich? Mit wem?«, ruft sie zurück, während sie mich hinter sich her in Richtung Bar zieht. »Mit meinen Mitbewohnern und Clara!«