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>NF - If You Want Love<

Ich sehe sie an und weiß nicht genau, was ich tun soll. Ich bin es nicht gewohnt Mädchen zu trösten. Ich nehme meist eher den Part der Geschichte ein, der sie zum Weinen bringt.

Vor allem habe ich nicht die leiseste Ahnung, wie sie in diesem Zustand auf etwas reagiert. Es ist einfach jetzt in ein Fettnäpfchen zu treten, indem ich das Falsche sage und somit das Ganze für sie nur noch schlimmer mache. Wieso hat dieser verfickte Hurensohn auch schon wieder eine Bitch am Start?

Ich hatte gehofft, dass, wenn Anna schon mit diesem Loser zusammen sein wollte, er wenigstens seine Fickgeschichten außen vorlässt. Scheinbar hatte er das nicht getan und ich bin drauf und dran, reinzugehen und ihm sein beschissenes Grinsen aus dem Gesicht zu prügeln.

Wenn er nur ficken wollte, hätte er doch kein Tamtam um eine Beziehung machen müssen. Aus diesem Grund sage ich von vorneherein, was ich will.

»Lass uns von hier verschwinden! Möchtest du irgendwo hin?«, frage ich nun schnell, da die Tränen in immer kürzeren Abständen über Annas Wangen laufen.

Sie nickt und sagt schluchzend: »Ich muss etwas trinken! Gehen wir in die Bar, in der du mir ein Wasser spendiert hast!« Ich weiß natürlich sofort, welche sie meint.

Es dauert nicht lange und wir sind da. Sie ist schneller im Laden als ich es schaffe mein Auto abzuschließen. Ich laufe ihr hinterher und höre gerade noch, wie sie an der Bar irgendwelche Shots bestellt. Der Barmann sieht mich an und scheint mich mit einem Blick zu fragen, ob ich der Meinung bin, dass sie Alkohol in ihrem Zustand verträgt. Ich zucke mit den Achseln und nicke gleichzeitig.

Dann lasse ich mich gegenüber von Anna auf der Bank am Tisch in der Ecke der Bar nieder. »Hey, Kleines! Hör auf zu weinen! Ich weiß, das macht es jetzt nicht besser, aber wenn du doch sowieso mit ihm Schluss machen wolltest -«, wage ich mich vor, was sich jedoch ganz schnell als Fehler herausstellt.

»Nein, du verstehst das nicht!«, schluchzt sie und ich fühle mich völlig hilflos. »Es geht nicht um die Ausgangslage! Es - es - es geht um die ganze Zeit! Die zwei haben sich nicht eben erst kennengelernt. Das hat man jawohl sofort gesehen und - und wenn das, was du über ihn gesagt hast stimmt, dann hat er mich die ganze Zeit betrogen!« Ihre Stimme zittert und da sie recht hat, fällt es mir schwer eine geeignete Antwort zu finden, die sie beruhigen könnte.

In dem Moment kommt der Barmann und stellt ihr zehn Shots hin. Ich lege ihm einen Schein hin, denn ich glaube nicht, dass Anna überhaupt Geld dabei hat. »Danke«, wimmert sie. Dann stürzt sie den ersten Shot ihre Kehle hinunter.

Besorgt mustere ich sie. Dann sage ich: »Ich glaube, dass, egal was ich jetzt sage, nichts davon dich trösten wird, also sag mir, wenn ich etwas für dich tun kann, Kleines!«

Sie nickt und nimmt das zweite Schnapsglas in die Hand. Es dauert nicht lang und die Gläser auf dem Tisch sind leer. Ich habe ihr die ganze Zeit schweigend zugesehen, doch als sie den Barmann zu sich rufen will, um noch mehr zu bestellen, halte ich sie davon ab.

Sie schweigt eine Weile und weint stumm vor sich hin. »Warum lese ich in Büchern ständig, dass jeder Alkohol trinkt, wenn er Beziehungsprobleme hat? Man vergisst nichts dadurch und besser geht's mir auch nicht - ich bin jetzt noch deprimierter!«, schluchzt sie irgendwann frustriert.

»Kommt drauf an, wie man auf Alkohol reagiert«, sage ich. »Nash -«, beginnt sie und ich höre, dass es sie große Kraft kostet, ihre Stimme noch einigermaßen klar verständlich zu halten. Sie ist Alkohol einfach nicht gewohnt.

If You StayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt