>NF - Why<
Meine Tasche schlägt mit einem dumpfen Knall auf dem Boden auf. Fassungslos sehe ich durch den Flur. Der Schrank, in dem unsere Schuhe normalerweise stehen, liegt umgekippt auf der Seite. Die Schubladen darüber sind vollkommen auf dem Boden entleert worden.
Ganz langsam durchquere ich das Chaos. Mein Herz rast und ich fühle mich wie in Trance. Überraschenderweise ist die Küche vollkommen unberührt. Das Wohnzimmer hingegen ist genauso verwüstet wie der Flur.
Das Sofa ist umgekippt und ich sehe, dass die Kissen aufgeschlitzt sind. Warum tut man das, wenn man etwas klauen will? Das ist doch reine Zeitverschwendung.
Der Glastisch in der Mitte des Zimmers hat einen riesigen Sprung und eine Ecke ist abgesprungen. Ich gehe in Richtung unserer Zimmer. Da ich mein Zimmer immer noch abschließe, wenn ich gehe - einfach aus Gewohnheit - wurde meine Tür aufgebrochen. Das Schloss sieht vollkommen zertrümmert aus.
Ich sehe, dass alle anderen Zimmertüren offen stehen und es darin aussieht, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Meine Zimmertür ist angelehnt.
Ich ziehe sie auf und taumle augenblicklich zurück. Das erste, was mir neben dem Chaos ins Auge springt, sind die Buchstaben, die ich durch die geöffnete Badezimmertür auf meinem Spiegel entdecke. Mein roter Lippenstift liegt offen auf dem Waschbecken. Ich gehe ins Bad, um erkennen zu können, was der Einbrecher geschrieben hat.
Mir wird langsam klar, dass hier niemand nach Geld gesucht hat. Dieser Einbruch hat stattgefunden, um jemandem Angst zu machen – um mir Angst zu machen.
Wenn du redest, Schlampe.... ist ein verwüstetes Haus dein geringstes Problem!!
Was zur Hölle soll das bedeuten? Worüber reden? Meine Gedanken rasen und plötzlich wird mir klar, dass ich die Polizei rufen muss. Die Verbrecher sind vielleicht noch in der Nähe.
Ich ziehe meine Handy hervor und wähle die 110. Ich erkläre einem Mann, wo ich bin und was passiert ist. Er sagt mir, ich solle Ruhe bewahren und vor der Wohnung warten. Wie betäubt, lege ich auf und meine Beine steuern mechanisch auf die Haustür zu.
Ich schlucke, denn mein Hals fühlt sich knochentrocken an. Wer zum Teufel könnte mir drohen?
Ein Bild schießt mir durch den Kopf. Der seltsame Mann, den ich gesehen hatte, als ich mit Alli in der Bar war und der im Auto, welches hinter mir gefahren ist, saß, als ich nach Hause gefahren bin. Mein Puls schießt erneut in die Höhe. Ich muss an den anderen Typen aus der Bar denken.
Es rattert in meinem Gehirn - woher kannte ich ihn? Woher zum Teufel kannte ich ihn? Ich kann mich verflucht nochmal nicht erinnern. Aber ich weiß - nein, ich bin mir zu hundert Prozent sicher - dass ich den Typen schonmal gesehen habe. Aber wo???
Mehr Zeit bleibt mir nicht, um über das Ganze nachzudenken, denn ein Streifenwagen fährt vor. Zwei Polizisten steigen aus und kommen auf mich zu. »Haben Sie uns alarmiert?«, fragt der eine mich. Ich nicke und gehe voran in unsere Wohnung.
Ich nehme kaum wahr, was die zwei machen. Sie reden andauernd über Funk und es dauert nicht lang, bis weitere Streifenwagen ankommen. Leute in weißen Kitteln, wie ich sie nur aus Krimis kenne, betreten das Haus und scheinen nach irgendwelchen Spuren zu suchen.
Die Szene kommt mir vollkommen surreal vor. Nach einer gefühlten Ewigkeit ziehe ich mein Handy aus der Tasche. Mit einer kurzen Nachricht informiere ich meine Mitbewohner und auch Alli über das Geschehen, da sich der Clubbesuch somit erledigt hat.
Es dauert nicht lange und es trubeln alle ein. Ich habe derzeit jedoch das Gefühl unter Wasser gezogen zu sein, weshalb ich ihre Ankunft kaum wahrnehme. Alles um mich herum klingt dumpf und ich fühle mich eingeengt und vollkommen hilflos.
DU LIEST GERADE
If You Stay
ChickLitABGESCHLOSSEN (22.09.2018) Anna Lena hat eine Geschichte, die sie zu der gemacht hat, die sie heute ist. Schüchtern, introvertiert und unerfahren. Diese Geschichte hat sie nach Berlin geführt, wo die junge Studentin sich dem Unileben stellt. Es daue...