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Jungkook P.o.V.

Diese Worte ausgesprochen zu haben ist ein unglaublich befreiendes Gefühl, als hätte jemand die Ketten, die mein Herz fast ertickt hätten gesprengt. Selbst, wenn Taehyung nicht das Gleiche für mich fühlt geht es mir für den Moment sehr viel besser.

Ich sehe, wie der Schwarzhaarige seinen Mund öffnet und ich mache mich schonmal auf eine Antwort gefasst, die mir vermutlich nicht gefallen wird, da höre ich plötzlich einen dumpfen Aufprall. "Was ist denn hier los?". Toll. Meine Mutter steht mit weit aufgerissenen Augen im Türrahmen und sieht mich geschockt an. Wütend geht sie auf mich zu, zieht mich am Arm von Taehyung runter und mustert mich von oben bis unten. "Was machst du mit meinem Sohn?" ihr Blick huscht zwischen ihm und mir hin und her, ehe ihr Blick an meinen noch immer leicht geschwollenen, roten Füßen haften bleibt. "War der das?" will sie wissen und deutet auf den Älteren.

"Ja, also nein, so ist das nicht Eomma!" Super, meine Fähigkeit zu denken, bevor ich spreche hat sich wohl grad spontan Urlaub genommen und ist nach Sibirien abgehauen. Ohne ein Wort packt sie Taehyung am Arm und zieht ihn zur Haustür, während ich wie ein Idiot dastehe und nicht fähig bin, mich zu bewegen. Das ist gerade so viel auf einmal. Die Massage, der Kuss, meine Gefühle, der Schock, meine Mutter. Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll, verdammt!

"Raus hier! Und wage es dich nicht, dich meinem Sohn nochmal zu nähern!" höre ich meine Mutter keifen, ehe die Haustür mit einem lauten Knall zufällt. Wie ein Tornado kommt sie zurück ins Wohnzimmer gerauscht und fängt an, mich nach weiteren Verletzungen regelrecht abzusuchen. Als sie mir jedoch mein Shirt ausziehen will kehrt endlich wieder Leben in meine Gliedmaßen und ich halte sie an ihren Handgelenken fest. "Eomma was soll das? Wieso hast du Tae rausgeschmissen? Was ist denn bloß in dich gefahren?"

"Was in mich gefahren ist? In mich? Ich komme nichtsahnend nach Hause und finde meinen Sohn in so einer Situation wieder und dazu bist du auch noch verletzt! Was hat dieser Typ mit dir gemacht? Zwingt er dich zu irgendwas?" rattert meine Mutter regelrecht runter und wird immer wütender. "Eomma nein! Er hat mir ni-" "Geh dich umziehen, wir fahren ins Krankenhaus!" unterbricht sie mich und schiebt mich zur Treppe. "Aber Eomma, mir geht's gu-" "Ich will nichts hören! Geh jetzt!" "Eomma es ist-" "NEIN! UND JETZT GEH!" schreit sie mich an und verschwindet in der Küche. Na super, jetzt darf ich wieder von Arzt zu Arzt rennen und mich untersuchen lassen.

In meinem Zimmer angekommen schnappe ich mir schnell mein Handy, um Taehyung zu schreiben.

Ich
Tae? Es tut mir leid! Meine Mutter hätte dich nicht rausschmeissen dürfen!
Ich war völlig geschockt.
Ich hätte was sagen müssen, tut mir wirklich Leid!
Bitte sei nicht sauer!

Taehyung
Passt schon Jungkook, lass dich weiter bemuttern.

Ich
Was? Wie meinst du das?

Taehyung
Lass gut sein.

Ich
Tae bitte, ich kann doch nichts dafür!
Meine Mutter ist immer so.
Wieso hab ich wohl kaum was erlebt bisher?
Sie dreht bei der kleinsten Kleinigkeit durch.

Taehyung
Und genau das ist das Problem, Kook.
Du machst alles, was deine Mutter von dir verlangt, anstatt mal den Mund aufzumachen.
Lass dich weiter bevormunden und melde dich, wenn du eigene Entscheidungen triffst.
Aber vorher hätte ich gerne noch meine Schuhe und meine Jacke, danke.

Schnell laufe ich wieder die Treppen runter, um Tae seine Sachen zu geben, da steht auch schon meine Mutter vor mir, die Hände in die Hüften gestemmt. "Hatte ich dir nicht gesagt du sollst dich umziehen?" faucht sie mich an und schüttle bloß den Kopf. "Eomma, du hast Tae ohne Jacke und Schuhe vor die Tür gesetzt, und die werde ich ihm jetzt geben." "Nichts wirst du, geh dich sofort umziehen!" befiehlt sie mir, während sie sich umdreht, nach Taehyung's Sachen greift, die Tür öffnet und sie einfach rauswirft. "Ich will dich hier nie wieder sehen, und jetzt verschwinde" ruft sie noch durch die offene Tür und lässt sie dann laut zuknallen.

Warum bin ich so ein Feigling? Ich hätte einfach an meiner Mutter vorbeigehen und Tae die Sachen geben sollen, verdammt! Dieses Mal würde ich mich wirklich gern selbst verprügeln. Erst sage ich Tae, dass ich ihn liebe und dann lasse ich meine Mutter ihn einfach rausschmeissen, ohne irgendwas zu sagen. Super Jungkook, bitte geh dich vergraben!

Und weil ich so ein unfähiger Idiot bin sitze ich jetzt natürlich im Behandlungsraum irgendeines Arztes und lasse mich untersuchen, während meine Mutter schon fast ängstlich im Raum hin uns her läuft, immer wieder über die Schulter des Arztes schauend. Zu meiner Verwunderung aber sieht selbst der Arzt genervt aus. Das weiss ich, weil ich ihn sehr gut kenne, denn in den letzten Jahren war ich verdammt oft hier. Dr. Kim ist ein wirklich guter Arzt und ich mag ihn, aber es sollte nicht normal sein, einen Arzt so oft zu sehen, wie ich.

Seufzend halte ich das kleine Taschentuch auf die Stelle an meinem Arm, aus der Dr. Kim mir gerade Blut abgenommen hat und streife mir währenddessen die Schuhe ab, die er, laut meiner Mutter, natürlich auch noch dringend untersuchen muss und so langsam muss ich über Tae's Worte nachdenken. Er hat Recht. Ich bin 18 Jahre alt und sitze hier wie ein kleines Kind, das keinen Lolli bekommt, wenn es nicht lieb ist.
Aber sie macht sich doch nur Sorgen, oder?

"Dr. Kim?" spreche ich den Arzt an. "Ja Jungkook?" "Sagen Sie, ist es wirklich nötig, dass Sie mich so oft untersuchen?" und der gutaussehende Arzt sieht mich lächelnd an "Nein, ist es nicht, aber deine Mutter will halt auf "Nummer sicher" gehen" sagt er mir mit Gänsefüsschen machenden Fingern, als meine Mutter gerade nicht hinschaut. "Dann kann ich also gehen?" und nun dreht meine Mutter sich überrascht um "Du gehst nirgendwo hin, mein Sohn. Erst wenn die anderen Untersuchungen vorbei sind und ich sicher bin, dass es dir gut geht." sagt sie aufgebracht, doch dieses Mal werde ich nicht auf sie hören. Ich ziehe mir also meine Schuhe wieder an und eile zur Tür raus, ohne auf die Rufe meiner Mutter zu achten.

Ich muss zu Taehyung.

CIPA ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt