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Taehyung

Nicht wissend, was mich erwartet bin ich gerade auf dem Weg zu Chaneyol. Das letzte Mal habe ich ihn kurz nach dem Unfall gesehen, danach habe ich mich einfach nicht mehr getraut, ihn zu besuchen. Immerhin bin ich mitschuld an seiner Situation.

Nervös und schwer atmend stehe ich nun also vor diesem riesigen Haus. Ich kannte den Weg hierher noch immer sehr gut, immerhin habe ich damals viel Zeit hier verbracht und war auch eigentlich immer gern hier, aber der Vorfall hat alles verändert. Ich habe die ganze Zeit versucht, die Geister meiner Vergangenheit zu verdrängen und zu vergessen, aber genau jetzt und mit Baekhyuns Auftauchen sind sie alle wieder da und verursachen ein brutales Chaos in meinem Kopf. Lässt mich das denn nie wieder los? Klar ist Chanyeol's Zustand nicht direkt meine Schuld, aber ich war der Auslöser dafür. Ich und Baekhyun's kranker Verstand.

Kurz überlege ich, ob ich nicht doch wieder gehe und die Sache irgendwie anders regle, aber Chan hat das Recht dazu, zu erfahren, dass Baekhyun wieder auf freiem Fuß ist. Augen zu und durch. Und das mache ich tatsächlich. Ich schließe die Augen und drücke auf den schwarzen Knopf. Direkt zucke ich zusammen, ich habe ganz vergessen, wie laut diese Klingel eigentlich ist. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis mir jemand die Tür öffnet und innerlich habe ich schon gehofft, dass niemand zu Hause ist, dem ist aber nicht so. Mit einem leisen knarzen öffnet sich die Haustür und eine Frau mittleren Alters steht vor mir. Mrs Park.

Mit den Händen in den Hosentaschen stehe ich da und bringe kein Wort heraus. Chanyeol's Mutter sieht mich erst überrascht an und ich rechne schon damit, dass sie mir die Tür direkt vor der Nase wieder zuknallt, doch dann verändert sich der Ausdruck in ihrem Gesicht und sie wirkt irgendwie erleichtert? "Taehyung! Dass ich dich mal wiedersehe, ich fass es nicht!" sagt sie erstaunt und zieht mich direkt in eine kurze Umarmung. Völlig verdattert lasse ich es einfach zu und erwiedere die Umarmung kurz. "Komm doch rein, mein Sohn ist in seinem Zimmer. Er freut sich sicher, dich zu sehen!" verkündet sie und deutet in den langen Flur hinter sich.

Viel hat sich hier seit damals nicht verändert, alles sieht noch immer sehr ordentlich und teuer aus, gleichzeitig aber unglaublich gemütlich und einladend. Nurnoch ein paar Schritte entfernen mich von Chan's Zimmer und ich kann schon die laute Musik daraus hören. Gerade will ich an die weiße Tür klopfen, da geht sie plötzlich mit einem Ruck auf und er steht vor mir. Vor Schreck kreischt er einmal kurz auf und reisst die Augen weit auf. "T-Taehyung..W-was machst d-du denn hier?" fragt er verwirrt und krallt sich hilfesuchend an seine Krücken. Das zu sehen lässt in mir direkt das schlechte Gewissen aufsteigen und ich versuche, nicht auf die Gehhilfen zu starren.

Die Bilder des Unfalls schiessen mir wieder in den Kopf. Baekyhun's irrer Gesichtsausdruck, als er aufs Gaspedal trat, die quietschenden Reifen, Chan's laute Schmerzensschreie und das viele Blut.

Als ich damals mit Byekhyun Schluss gemacht hatte, weil er einfach immer besitzergreifender und eifersüchtiger wurde, mir am Ende sogar verbieten wollte, mich mit anderen zu unterhalten ist er komplett ausgerastet. Er hat angefangen, mich zu stalken, mir Drohbriefe zu schicken, ja sogar tote Kleintiere lagen vor meiner Tür, sodass meine Eltern und ich ihn irgendwann angezeigt haben und umgezogen sind. Allerdings hat ihn das nur noch wütender gemacht, und als ich eines Tages mit Chanyeol unterwegs war und gerade von einem Date mit ihm zurückkam, liefen wir über die Straße. Alles, was ich noch weiss ist, dass von der Seite plötzlich ein Auto angerast kam und ich Baekhyuns wahnsinnig gewordene Rufe hörte, gefolgt von einem Lachen, das mir durch Mark und Bein ging. Und dann knallte es. Ich schaffte es gerade noch, zur Seite zu springen und dachte eigentlich, dass auch Chan es geschafft hatte, bis ich den dumpfen Aufprall hörte und diesen schmerzverzerrten Schrei.

Chan konnte zwar wegspringen, stolperte aber über irgendwas und verlor das Gleichgewicht, sodass er seitlich von dem Auto umgestoßen wurde und Baek ihm mit voller Geschwindigkeit über die Beine fuhr.

Danach wurde Baek in eine psychiatrische Klinik eingewiesen und musste Schmerzensgeld zahlen, allerdings war das nur der Bruchteil einer Entschädigung, denn Chan wird nie wieder normal gehen können. Er ist sein Leben lang auf diese Krücken angewiesen. Während sie Baekhyun also damals abführten schrie er immer wieder: "Du gehörst mir! Nur mir!", weshalb mir sein überraschendes Auftauchen mehr als bloß Angst macht. Angst davor, dass sich das alles wiederholen wird. Angst um Jungkook. Ich werde es ihm erzählen, aber erstmal muss ich es Chanyeol sagen, der mich noch immer irritiert ansieht. "Ich muss dir was sagen." kommt es heiser aus mir und er dreht sich direkt wieder um, um in sein Zimmer zu humpeln und sich auf sein Bett zu setzen, nachdem er die Musik leiser gestellt hat. "Dann komm rein."

Auch in seinem Zimmer hat sich nicht wirklich was verändert, bis auf die Trainingsgeräte, die hier überall rumliegen und einige Bücher, die wohl neu dazugekommen sind. Unschlüssig darüber, was ich nun machen soll schiebe ich meine Hände wieder in meine Hosentaschen und trete ans Fenster. "Nun, was wolltest du mir sagen?" hakt Chan weiter nach und ich höre das Klacken eines Feuerzeuges, weshalb ich mich ruckartig umdrehe. "Du rauchst? Seit wann das?". "Ach schon etwas länger. Nun sag schon, was ist los, dass du nach so langer Zeit herkommst?" und ich kann deutlich den Vorwurf in seiner Frage hören. "Es geht um Baekhyun.". Seine Augen weiten sich und er lässt die gerade angezündete Zigarette langsam sinken. Ich muss nicht darauf warten, dass er weiter nachfragt, denn so wie ich ihn von damals kenne wird er das sowieso nicht tun.

"Er ist wieder draussen." gebe ich zu und setze mich neben Chan aufs Bett. "W-was? Woher weisst du das? Bist du sicher?" fragt er aufgeregt und sieht sich immer wieder in seinem Zimmer um, als würde er etwas suchen, soran er sich festhalten kann. "Ja, ich bin sicher, er hat mich gefunden und uns gedroht.". "Uns?". "Ja, Jungkook und mir. Jungkook ist mein Freund.". Ein leises "Fuck" entfleiht meinem Sitznachbarn und er reibt sich mit einer Hand durch sein Gesicht, bevor er tief durchatmet. "Taehyung. Wenn dein Freund dir wichtig ist, pass gut auf ihn auf oder verschwinde am besten direkt. Der Typ ist unberechenbar und das weisst du genauso gut wie ich." rät er mir und ich kann nichts anderes tun, als zu nicken. Er hat Recht, Baek ist wirklich zu allem fähig, und ich muss Jungkook vor ihm schützen. Ich hoffe bloß, dass Jimin wirklich gut auf ihn aufpasst, solange ich nicht da bin.

Wenn Baekhyun Jungkook in die Finger kriegt und ihm auch nur ein Haar krümmt bring' ich ihn um.

CIPA ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt