22. Kapitel

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- Drei Wochen später -

Mittlerweile schreiben wir den 18. Juli. Bald ist die Schule geschafft. Na ja, zumindest für dieses Schuljahr. Und dann geht das Chaos ein paar Wochen später von Neuem los. Daran möchte ich jetzt aber nicht denken.

Die letzten Tage in der Highschool sind echt entspannt, weil wir fast keinen Unterricht mehr machen. Abgesehen von Mathe, denn Mrs. Claire meint, sie fände Filme oder so etwas unnötig und weitere Aufgaben wären viel sinnvoller. Es gibt eben die eine Art von Lehrer, die jeder gern hat, und die andere...

Sogar in Chemie haben wir heute YouTube-Videos angeschaut. Kaum zu glauben, aber unser Lehrer hat tatsächlich dabei gelacht, und das muss wirklich was heißen. Somit habe ich den Montag relativ gut überstanden und bin ohne irgendwelchen Hausaufgaben nach Hause gekommen.

Meine Mom ist momentan nicht daheim, und das ausnahmsweise nicht wegen der Arbeit. Nein, sie hat wirklich einen Mann gefunden, den sie attraktiv findet. Ich bin gespannt darauf, wann sie ihn mir vorstellt. Immerhin sollte ich ihn vielleicht auch gut finden, bevor er ihr einen Ring an den Finger steckt und somit mein neuer Vater wird. Aber warten wir mal ab.

Gerade liege ich auf dem Sofa und schaue Musikfernsehen. Manchmal gucke ich das so lange, bis Shawn kommt. Es kann zwar sein, dass das dann eine Stunde oder zwei dauert, doch letztendlich ist mein Ziel erreicht. Bisher habe ich ihn noch nicht auf dem großen Bildschirm gesehen, obwohl ich schon eine Weile vor dem Fernseher sitze.

Das Klingeln der Haustür zwingt mich nun dazu aufzustehen. Nachdem ich die Tür geöffnet habe, kann ich meinen Augen nicht trauen. Vor mir steht ein junger Mann mit Sonnenbrille und einem dicken Pullover mit Kapuze, die er aufgesetzt hat. Ist dem nicht zu heiß? Ich muss ja schon allein von seinem Anblick schwitzen. Und was will der von mir?

Vielleicht will er ja Mom sprechen. „Tut mir leid, meine Mutter ist nicht hier", teile ich ihm deshalb mit und möchte die Tür wieder schließen. „Halt!", ruft er allerdings dazwischen. „Ich möchte nicht zu deiner Mutter." Und jetzt dutzt er mich auch noch. Was fällt dem eigentlich ein? Er ist ein Fremder und darf nicht so mit mir reden!

Wobei... Irgendwas an ihm kommt mir doch bekannt vor. Aber woher weiß ich, dass es wirklich die Person ist, an die ich denke, und ihr nicht nur sehr ähnlich sieht? Es gibt ja sogenannte Doppelgänger. Andererseits, was hat dieser dann hier zu suchen?

Mittlerweile sind meine anfängliche Verwunderung und Empörung der Neugier gewichen. Und auch wenn es peinlich werden könnte, wenn es nicht genau die Person ist, bewege ich meine Hände in Richtung seines Gesichts und setze seine ziemlich dunkle Sonnenbrille ab. Darauf kommen mir teddybraune Augen entgegen. Das sind sie. Das sind die Augen, in denen ich mich immer verliere.

Auf der Stelle gehen meine Mundwinkel nach oben und meine Arme schließen den jungen Mann in eine große Umarmung, während ich aufgeregt „Shawn!" quietsche. Er macht aber nur „Psst!" und stößt mich zunächst weg, sodass er schnell ins Haus kommen und die Tür schließen kann. Ach, stimmt. Er könnte jeden Moment erkannt werden. Deswegen auch der Aufzug.

Einen Augenblick lang habe ich Angst, dass etwas nicht passen würde oder er sauer auf mich wäre. Doch dann ist er es, der seine Arme öffnet, damit ich mich an seine Brust kuscheln kann. Gott, wie ich das vermisst habe!

„Was machst du hier?", frage ich ihn, als wir uns wieder voneinander gelöst haben. „Ich sagte doch, dass wir uns vielleicht bald umarmen können", meint er. „Die Tour ist vorbei und da musste ich dich einfach sehen." Sein Lächeln ist so breit, dass man fast alle seiner weißen Zähne sehen kann. Und es hält so lange, dass man sich denken könnte, er hat eine Art Gestell in seinem Mund.

Dann fällt mir ein, dass Shawn mich vor ein paar Tagen nach meiner Adresse gefragt hat. Es waren also diesmal nicht seine Kontakte, sondern ich selbst. Komischerweise habe ich mir überhaupt keine Gedanken darum gemacht, für was er meine Adresse braucht. Jetzt erscheint es mir als einzig sinnvolle Lösung, dass er mich besuchen wollte.

„Lass uns doch ins Wohnzimmer gehen", schlage ich nun vor. Mit meinen Freunden gehe ich zwar immer in mein eigenes Zimmer, jedoch wäre das in dem Fall keine gute Idee. Immerhin sind überall in meinem Zimmer Poster von Shawn. Manche finden das gruselig, doch mir gefällt es. An was er selbst denken würde, will ich gar nicht wissen. Früher oder später werde ich ihm mein Zimmer zeigen, wenn ich es etwas umdekoriert habe, aber definitiv nicht heute.

Also gehen wir in besagtes Zimmer und er setzt sich auf die Couch. Bevor ich es mir ebenfalls gemütlich mache, erkundige ich mich bei ihm, ob er etwas zu trinken haben möchte. Es ist schon recht heiß und da muss man viel trinken - der Satz, der mir meine Mutter gelehrt hat. „Ja, gerne", antwortet er, worauf ich in die Küche laufe und ihm ein Glas hole.

Als ich im Esszimmer ankomme und Wasser einschenken möchte, streift mein Blick Shawn, der dabei ist, seinen Hoodie auszuziehen. Dabei rutscht sein T-Shirt, das er darunter anhat, ein Stück nach oben und sein Sixpack ist zu sehen. Eigentlich will ich gar nicht starren, aber er ist echt heiß. Das kann niemand abstreiten. Prompt wird mir warm, und ich könnte genauso gut ein Wasser vertragen.

Gesagt, getan. Allerdings etwas anders als gedacht. Mir ist nämlich gar nicht aufgefallen, dass ich nicht in das Glas treffe, sondern die klare Flüssigkeit quer über den Tisch verteile. Warum passieren mir immer so Sachen? Und dann noch in Anwesenheit von Shawn Mendes...

„Oh nein", flüstere ich und hole ganz schnell einen Lappen, um alles aufzuwischen, sodass er mein Missgeschick nicht bemerkt. Doch natürlich tut er das, er ist einfach zu aufmerksam. Ohne ein Wort zu sagen, läuft er auch in die Küche und holt sich einen zweiten Lappen. Möchte er mir echt helfen? Unglaublich, aber die Antwort lautet Ja. „Danke", sage ich deshalb. „Kein Ding", lächelt der Braunhaarige. „Ich kann dich doch nicht die ganze Arbeit allein machen lassen." Was für ein Gentleman er doch ist. Findet man nur noch selten heutzutage. Und ich bin mit einem befreundet.

Nach nur kurzer Zeit sieht der Tisch wieder ganz normal aus, und Shawn und ich setzen uns jetzt beide nebeneinander auf das Sofa. Wir sind zwar schon fast aufeinander gehockt, aber mein Herz schlägt augenblicklich schneller, obwohl wir mindestens dreißig Zentimeter Abstand voneinander haben. Eigentlich habe ich mich bereits damit abgefunden, dass ein Weltstar mein bester Freund ist. Warum hat er immer noch diese Wirkung auf mich?

„Wie lange bleibst du denn?", möchte ich wissen, um der Stille zu entkommen. Ich erwarte eine Antwort wie drei Stunden oder so. Immerhin kann er nicht ewig bei mir zu Hause bleiben. Doch dann sagt er: „Das kommt ganz auf dich an.", und ich schaue ihn nur komisch an. „Wie meinst du das?", frage ich darauf. „Na ja", fängt Shawn an. „Ich habe ein Zimmer in einem Hotel ganz in der Nähe, und das auf unbestimmte Zeit. In den nächsten Wochen habe ich keine Termine, also bleibe ich so lange in New York, wie du willst."

Habe ich mir das gerade eingebildet oder hat er es wirklich gesagt? Das kann er doch nicht ernst meinen. Ich meine, klar, er hat auch ein Recht auf Auszeit, aber dann würde ich die an seiner Stelle bei seiner Familie verbringen. Die sieht er sowieso nicht so oft. Doch es ist wirklich sein Ernst.

„Das heißt, wir können uns jeden Tag sehen?", vergewissere ich mich. Wieder grinst er und meint: „Theoretisch ja. Natürlich nicht, wenn du Schule hast." „Oh, echt? Das hätte ich jetzt nicht gedacht, Mendes", scherze ich und schlage ganz leicht gegen seine Schulter. Die Berührung ist minimal und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ich mehr will. Das hört sich jetzt vielleicht falsch an. Um das aufzuklären: Ich möchte ihn nur noch einmal umarmen, und das tue ich nun auch.

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Erster Schultag, yeah...😂 Na ja, ich werde es überleben😅

One more wish {s.m.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt