61. Kapitel

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Das erste, das ich sehe, als ich meine Augen aufschlage, sind die teddybraunen Augen, die ich immer wieder erkennen würde. Es sind die von Shawn, der imaginäre Kreise auf meiner Stirn zeichnet.

"Wie lange beobachtest du mich schon?", frage ich und hoffe dabei, dass er gerade erst dazu gekommen ist. Ich hasse es nämlich, wenn Leute mich im Schlaf beobachten. Was ist, wenn ich gesabbert habe?

"Nicht besonders lange, nur so an die fünfzehn Minuten", antwortet der Braunhaarige. Leider ist das doch eine für mich viel zu lange Zeit. Hoffentlich habe ich nichts Peinliches getan. Andererseits ist es Shawn, mein fester Freund.

"Wie geht's dir, Süße?", erkundigt er sich dann, worauf mir alles wieder einfällt. Für einen kurzen Moment hatte ich keine einzige Erinnerung mehr, wusste nicht mehr, was gestern geschehen ist. Mit dieser Frage kommt mir alles wieder hoch.

Die Kopfschmerzen wurden bei der Rückfahrt immer schlimmer und das Schwindelgefühl hat sich noch mehr bemerkbar gemacht. Deshalb hat mich Shawn aus dem Auto ins Haus getragen, wo ich mich kurz darauf auch übergeben musste. So hatte ich mir den Abend nicht vorgestellt.

"Na ja, eigentlich ganz okay", sage ich. "Eigentlich wollte ich dir einen deiner schönsten Geburtstage bescheren, und jetzt ist genau das Gegenteil passiert. Es tut mir echt leid, dass ich dir deinen Geburtstag ruiniert habe."

"Das hast du nicht, wirklich. Und ich sag es dir nochmal: Du bist mir um Längen wichtiger als eine blöde Party", meint Shawn und ich bekomme eine Gänsehaut. Das war echt niedlich.

Doch dann schwingt seine Stimmung um und er wirkt völlig ernst. "Und deswegen mache ich mir auch richtige Sorgen. Schon in Pickering hattest du diese starken Kopfschmerzen und jetzt musstest du dich sogar übergeben. Ich hoffe, dass ich Unrecht habe, aber ich kann mir vorstellen, was der Grund dafür sein könnte."

Er muss es nicht aussprechen. Ich weiß ganz genau, an was er denkt. Ich habe auch schon darüber nachgedacht. Und das Schlimme daran ist, ist, dass es gar nicht mal so unwahrscheinlich ist.

"Wenn ich du wäre, würde ich mich untersuchen lassen", spricht er genau das aus, wovor ich Angst habe und eigentlich vermeiden möchte. Allerdings ist das das einzig Vernünftige.

"Vermutlich hast du recht", sage ich deshalb und setze mich endlich von meinem Bett auf. "Ich hab nur Angst, dass es wieder heißt, ich habe einen Tumor. Ich dachte, ich könnte mit dem Thema abschließen, aber wenn sie wieder etwas feststellen..."

"Ich weiß, ich verstehe dich vollkommen", gibt Shawn von sich. "Aber es wird das Beste für dich sein." Auch wenn ich den Besuch im Krankenhaus immer noch am liebsten meiden will, nicke ich.

Und so richten wir uns und gehen ins Wohnzimmer nach unten. Erst jetzt sehe ich, dass es bereits halb elf ist. Zum Glück ist meine Mom wieder arbeiten - seit sie mich nicht mehr ständig beobachtet, macht sie mehr für ihren Job -, sonst wäre sie durchgedreht.

Nachdem wir auch unsere Schuhe angezogen haben und der Sänger sich erneut verkleidet hat, nehmen wir uns ein Taxi und lassen uns zum Krankenhaus fahren.

Shawn und ich sitzen selbstverständlich beide hinten. Während er meine Hand ganz fest hält, redet er mir gut zu: "Es wird schon schiefgehen. Du weißt, ich stehe immer hinter dir, egal was ist."

Mein Herz macht einen Sprung. Ich wusste ja schon immer, dass ich auf ihn zählen kann, doch in dieser Situation bedeutet es mir besonders viel. Deshalb nehme ich sein Gesicht in meine Hände und lege meine Lippen auf seine.

Leider ist die Fahrt viel zu schnell vorbei und wir stehen vor dem weißen Gebäude. Dem Gebäude, dem ich eigentlich für immer aus dem Weg gehen wollte. Jetzt bin ich doch nicht einmal ein Jahr später wieder hier.

Als Shawn mein unsicheres Verhalten bemerkt, nimmt er mich an die Hand, drückt meine ganz kurz und zieht mich teilweise ins Gebäude hinein. Ohne ihn würde ich wahrscheinlich ewig lange an der Stelle stehen bleiben. Mit jedem Schritt werde ich nervöser.

In der Ambulanz angekommen, müssen wir zunächst eine Nummer ziehen und werden dann, nachdem wir aufgerufen wurden und die Lage erklärt haben, zu einem Bett geführt, das nur durch einen Vorhang von den anderen Betten getrennt ist. Gerade privat ist das ja nicht.

In der Zeit, die wir auf den Arzt warten müssen, kann ich nicht aufhören, mit meinen Fingern zu spielen. Als ich das erste Mal hier war, wusste ich nicht, was mir bevorstehen könnte, doch heute habe ich eine unschöne Vermutung, und das macht mir so Angst.

Irgendwann wird der Vorhang beiseite gezogen und Shawn dreht sich um. Der Arzt - es ist wieder Dr. Hudson - beachtet ihn allerdings gar nicht, sondern geht gleich auf mich zu. „Als ich die Akte gesehen habe, hab ich mir gewünscht, dass Sie eine andere Person mit zufällig gleichem Namen sind. Eigentlich wollte ich Sie ja nicht mehr wiedersehen."

„Glauben Sie mir, Sie sind nicht der einzige", sage ich leicht deprimiert und lasse meinen Kopf, das Schlimmste allen Übels, nach hinten auf die Matratze senken. Natürlich wünscht sich keiner dieses Schicksal, aber wieso muss es genau mir passieren?

„Wie ich sehe, hast du mal nicht deine Mutter dabei, sondern einen jungen Mann. Ich nehme an, er ist dein Freund", bemerkt er schließlich, wobei seine letzte Aussage eher wie eine Frage klingt, und schaut meine Begleitung nun zum ersten Mal richtig an. „Und der ist nicht gerade unbekannt."

Darüber muss ich schmunzeln. Doch die Ernsthaftigkeit kehrt schnell zurück. Nachdem Dr. Hudson wollte, dass ich ihm selbst die Situation schildere, stammele ich ihm die Geschichte von gestern vor und muss immer wieder eine Pause machen.

Bevor wir, wie bereits erwartet, ein MRT lassen machen, checkt er noch meine Vitalfunktionen, mit denen alles in Ordnung ist. Danach führt der Arzt uns durch das halbe Krankenhaus. Den Weg kenne ich noch fast in- und auswendig und es kommen mir Erinnerungen hoch.

Shawn darf unglücklicherweise nicht mit in den Raum und muss im Wartebereich Platz nehmen. Dabei brauche ich ihn gerade so sehr. Ich weiß echt nicht, wie ich das letztes Mal ausgehalten habe.

Ich lege mich gezwungenermaßen auf die Liege und Dr. Hudson verschwindet auf die andere Seite, die mit einer Glaswand von dieser getrennt ist. Nach nur wenigen Sekunden werde ich schon in die Röhre geschoben.

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Mir fällt gerade auf, dass es richtig fies wäre, wenn ich euch jetzt einfach eine Woche warten lassen würde. Aber zum Glück geht es um 22.30 Uhr schon weiter.

Diejenigen, die heute nicht dabei sein konnten, können es sogar alles hintereinander lesen. Ich glaube, das wird bei einigen der Fall sein.

Na ja, bis später ❤️

One more wish {s.m.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt