40. Kapitel

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„Oh Gott, ich bin so aufgeregt!", rufe ich aus und es hört sich genauso wie vor dem Konzert damals an. „Immerhin werde ich heute zum ersten Mal fliegen." Okay, genau genommen stimmt das nicht. Von London nach New York mussten Mom und ich ja auch fliegen. Allerdings kann ich mich überhaupt nicht mehr daran erinnern, was daran liegen könnte, dass ich die ganze Zeit geschlafen habe. Deswegen zählt das nicht.

Shawn lacht hingegen nur. „Lachst du mich etwa aus?", frage ich empört und schubse ihn minimal, während wir nach unseren Plätzen suchen, wodurch er an einen anderen Sitz stößt und sich bei einer Frau entschuldigt. Diese schaut natürlich erst einmal überrascht und fragt dann nach einem Foto. Ich bin froh, dass sie nicht nach mir fragt. Selbstverständlich erfüllt mein Freund ihr diesen Wunsch. So wie jedem anderen Fan, dem wir begegnen.

„Nein, ich würde dich niemals auslachen", meint er. Dass ich nicht lache. „Ich finde es einfach nur witzig, wie aufgeregt du bist und es für mich schon fast Alltag ist. Zumindest auf Tour." „Aber wir sind nicht auf Tour. Wir fliegen nur nach Toronto und besuchen deine Eltern, damit wir uns kennenlernen können", erkläre ich ihm, was eigentlich nicht nötig wäre, da er das ebenfalls weiß. Was werden seine Eltern von mir denken? Werden sie mich mögen oder werden sie mir verbieten, mit ihrem Sohn zusammen zu sein? Ich bin schon so nervös...

Auf einmal bleibt Shawn stehen und ich laufe voll in ihn hinein. „Hier sind unsere Plätze", verkündet er, noch halb lachend. „Und ja, klar darfst du ans Fenster." Er kennt mich einfach zu gut. Also küsse ich ihn schnell auf die Wange, quetsche mich an ihm vorbei - damit will ich nicht sagen, dass irgendjemand von uns beiden fett ist, es ist nur ziemlich eng - und lasse mich auf den Sitz fallen. Er setzt sich ganz normal hin.

„Was machst du immer, wenn du im Flugzeug sitzt?", erkundige ich mich bei dem Braunhaarigen. Ich denke, nur herauszuschauen wird irgendwann langweilig. „Na ja, meistens höre ich einfach nur Musik oder schlafe", meint er darauf. „Letzteres normalerweise aber nur bei längeren Flügen und dieser hier dauert nicht einmal zwei Stunden." Verständnisvoll nicke ich. Nach kurzem Überlegen sage ich: „Ich denke, ich werde entweder auch Musik hören oder einen Film schauen." Das hat ihn jetzt auch sicher mega interessiert, Becca.

Nun werden wir durch die Lautsprecher vom Kapitän und einer Stewardess begrüßt. Währenddessen holt Shawn sein Handy und seine Kopfhörer heraus und steckt sie, genau in dem Moment, als die Ansprache beendet wird, in sein Ohr. Ich hatte zwar erwartet, dass er noch eine Weile mit mir redet, damit ich keine Panik oder sonst was bekomme, aber das geht okay. Folglich mache ich ihm nach, abgesehen davon, dass ich mir einen Film aussuche. Die Wahl fällt auf „My Friend Dahmer" mit meinem Lieblingsschauspieler.

Nach einer guten Stunde pausiere ich den Film, da ich bemerke, wie Shawn's Kopf nach vorne fällt und wieder gegen den Sitz neigt. Dennoch ist sein Blick nach unten gerichtet. Seine Augen sind geschlossen und sein Mund leicht geöffnet. Er schläft, obwohl er weiß, dass das ein vergleichsweise kurzer Flug ist. Er wird den Schlaf wohl echt brauchen.

Damit sein Kopf nicht erneut nach vorne sackt und er ohne Nackenschmerzen aufwacht, versuche ich, nachdem ich die Person hinter ihm nach der Erlaubnis gefragt habe, seinen Sitz etwas nach unten zu machen, was nach mehreren Anläufen auch funktioniert. Was ich doch für eine nette Freundin bin.

Bei anderen Personen finde ich es immer nervig, wenn sie in meiner Anwesenheit schlafen, aber bei Shawn finde ich es irgendwie süß aus. Und ich weiß, das klingt komisch, als wäre ich ein Stalker, doch ich könnte ihn ewig anstarren.

Aus Interesse nehme ich sein Handy, das schon halb aus seiner Hand geglitten ist, und schaue, ob seine Musik noch läuft. Die Antwort lautet tatsächlich Ja. Um genau zu sein, „Shape Of You" von Ed Sheeran. Nun mache stoppe ich dieses Lied und nehme die Kopfhörer aus seinen Ohren. Keine Reaktion. Ich wäre davon aufgewacht. Er muss also echt fertig sein. Mal schauen, ob ich ihn in ungefähr einer dreiviertel Stunde, wenn wir landen, aufwecken kann.

Okay, jetzt habe ich genug gestarrt. Also widme ich mich wieder dem Film und bewundere Ross Lynch, auch wenn ich die langen Haare mir nicht wirklich an ihm gefallen. Aber es war eben für den Film.

Der Abspann erscheint beinahe zeitgleich mit der Durchsage, dass wir nun bald landen würden und deshalb unsere Geräte ausschalten sollten. Ich folge diesem Auftrag auf der Stelle und übernehme auch gleich Shawn's Handy. Und dann versuche ich mein Glück.

Shawn scheint immer noch felsenfest zu schlafen. Wie ein Stein. Ich glaube, da muss ich gleich zu Plan B greifen. Deshalb streiche ich ihm über die Wange, küsse ihn auf den Mund und flüstere ihm ins Ohr: „Wenn du mehr willst, musst du aufstehen." Es hat zwar niemand anderes mitgekriegt, was ich zu ihm gesagt habe, jedoch ist es mir irgendwie trotzdem peinlich, sodass ich Konkurrenz mit einer Tomate, die weder von ihm noch von mir gerne verzehrt wird, aufnehmen könnte. Doch es hat geklappt.

„Sind wir schon da?", nuschelt er ganz verschlafen. „Noch nicht, aber jeden Moment", grinse ich. „Ich würde sagen, du gehst heute Abend früher ins Bett." „Aber nur, wenn du mitkommst", meint Shawn und zeigt mir sein verschmitztes Grinsen. Will er etwa schon mehr? Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt bereit dazu wäre. Ich fände es zwar schön, wenn Shawn mein erstes Mal wäre, aber wir werden es ganz sicher nicht bei seinen Eltern tun!

Jetzt ist allerdings nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber nachzudenken. Sobald wir gelandet sind, stehen alle auf, holen ihr Handgepäck und marschieren eins nach dem anderen aus dem Flugzeug. Ich muss sagen, für meinen ersten richtigen Flug war es doch nicht so besonders. Nun verstehe ich, warum der Sänger gelacht hat.

„Okay, jetzt müssen wir nur noch unsere Koffer finden", sagt Shawn, während er hörbar ausatmet. „Und das wird witzig." Oh ja, das kann ich mir vorstellen. Es heißt ja, am Flughafen herrscht das reinste Chaos. Doch wir schaffen es tatsächlich, unsere Koffer nicht mit anderen zu verwechseln, und fahren dann mit einem Taxi, das wir gerufen haben, zu dem Elternhaus meines Freundes.

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Auch dieses Kapitel ist eigentlich nur aus einer kleinen Idee entstanden. Ich dachte, das würde eine Mini-Szene werden, aber dann wurde es doch etwas länger :'D

Jedenfalls finde ich die Bilder, auf denen Shawn schläft so süß, weswegen ich unbedingt einen schlafenden Shawn hineinbringen musste :)

One more wish {s.m.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt