41. Kapitel

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„Bist du aufgeregt?", erkundigt sich Shawn, nachdem wir aus dem Taxi ausgestiegen sind. Gerade laufen wir in Richtung Haustür. Von außen sieht das Haus seiner Eltern und seiner Schwester ganz anders als in meiner Vorstellung aus. Um ehrlich zu sein, hatte ich mir vorgestellt, dass sie in einer riesigen Villa wohnen würden, doch es ist ein stinknormales Haus.

„Merkt man das?", frage ich zurück. Inzwischen sind wir angekommen und nur noch einen Knopfdruck davon entfernt, seine Familie zu sehen. Allerdings warten wir diesen noch etwas ab.

„Nein, überhaupt nicht", sagt der Braunhaarige und man hört eindeutig die Ironie heraus. „Du spielst nur die ganze Zeit mit deinen Fingern und fragst mich immer wieder, ob ich denke, dass sie dich nicht mögen werden. Aber ich sage es noch einmal: Sie werden dich ganz sicher lieben."

„Bist du dir da sicher?" Wahrscheinlich sind die ganzen Sorgen vollkommen unnötig, aber ich kann einfach nicht anders. Ich muss noch einmal nachhaken. Glücklicherweise geht Shawn lässig damit um. Andere würde es wahrscheinlich auf die Nerven gehen.

„Ja", antwortet er. „Normalerweise mögen wir immer dieselben Leute. Bisher mochten meine Eltern jeden, den ich ihnen vorgestellt habe. Wir haben ungefähr den gleichen Geschmack. Also werden sie auch dich mögen, verstanden?"

„Und was ist, wenn ich eine Ausnahme bin?", kommt es wieder von mir. Jetzt legt mein Freund jedoch nur den Kopf schief und versucht, mich streng anzuschauen. Das funktioniert aber nicht lange und er muss lachen, womit er mich ansteckt.

Mein Herz schlägt zwar immer noch schneller als es eigentlich sollte, doch Shawn's Worte haben mich tatsächlich ein wenig beruhigt. Ich glaube ihm, er würde mich niemals anlügen.

Also bewegt er seinen Finger auf die Klingel zu und schaut mich erneut an, als wollte er fragen, ob ich bereit bin. Darauf nicke ich und er betätigt den Knopf. Es dauert nicht lange, da ist schon ein Schatten, der uns immer näherkommt, zu sehen.

Als die Gestalt die Tür öffnet, erkenne ich eine Frau mittleren Alters. Ihre Haarfarbe ist etwas zwischen Braun und Blond, und im Vergleich zu Shawn ist sie ziemlich klein - aber ganz ehrlich, das ist doch fast jeder. Jedenfalls müsste das die Mutter des Sängers sein, wenn ich mich recht erinnere.

„Shawn!", ruft diese aus, sobald sie ihren Sohn erblickt, und umarmt ihn stürmisch. Anscheinend hat sie ihn ziemlich vermisst. Das ist aber auch verständlich, immerhin hat sie ihn Monate nicht mehr gesehen. Und wenn ich dann daran denke, wie ich reagiert habe, als ich ihn nach nicht einmal drei Wochen wieder gesehen habe...

Als ich die Tür öffne, steht ein großgewachsener, junger Mann mit Sonnenbrille und Kapuzenpulli vor mir. „Bereit für unsere kleine Reise?"

Anstatt seine Frage zu beantworten, packe ich ihn leicht am Pulli und ziehe ihn in den Gang, während ich die Tür schließe. Es weiß zwar fast jeder von uns Bescheid, aber dennoch soll es nicht gleich ein paar neue Schlagzeilen geben.

Sofort schlinge ich meine Arme um seinen Nacken, um ihn zu mir herunter zu ziehen und meine Lippen auf seine zu legen. Oh Gott, wie ich das vermisst habe! Und er offensichtlich auch, so viel Verlangen steckt in dem Kuss.

„Ich hab dich so vermisst!", sage ich, nachdem wir uns wieder voneinander gelöst haben. Wobei es schon eher einem Schluchzen gleicht.

Da ich noch nicht genug von Shawn habe, kuschele ich mich an seine Brust und kralle meine Finger in seinen Rücken. Ich hoffe, dass ich ihm damit nicht wehtue oder gar ein paar Kratzer verpasse.

„Das merkt man", lacht er leicht, unterbricht unsere innige Umarmung aber nicht, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Nach über zwei Wochen, in denen wir uns nicht einmal berühren konnten, brauchen wir das jetzt einfach.

Dann höre ich Schritte, die nur meiner Mom gehören können. Deshalb entferne ich mich von Shawn, weil ich es irgendwie noch peinlich finde, wenn sie mich sieht, wie ich an einem Jungen hänge. Das habe ich vor ihm noch nie.

„Shawn, wie schön, dich mal wiederzusehen", begrüßt sie ihn und nähert sich ihm, um sich bei ihm unterzuhaken. In Gedanken erinnere ich meine Mutter: Mom, er gehört mir, nicht dir...

Na ja, jedenfalls nehme ich seine Hand und zu dritt laufen wir ins Wohnzimmer, wo wir ein wenig über Shawn's Tour reden - natürlich sitze ich ganz nah bei ihm -, bis es Zeit wird, mich von Mom zu verabschieden und zum Flughafen zu gehen.

„Und du bist?", werde ich von Karen, wie ich mich endlich wieder an ihren Namen erinnert habe, wieder in die Realität geholt. Ich habe sogar gar nicht gemerkt, wie sie mich eine Weile angestarrt hat.

„Ich habe dir doch am Telefon von Becca erzählt", wirft Shawn ein. Zum Glück, denn ich hätte keine Ahnung gehabt, wie ich mich ihr vorstellen sollte. „Sie ist meine Freundin."

„Oh, wie schön, dich kennenzulernen", ruft sie erfreut aus. Das war ja einfacher als gedacht. Aber okay, mein Freund hat alles erledigt, da kann ich das eigentlich nicht sagen.

„Die Freude ist ganz auf meiner Seite", öffne ich nun auch endlich meinen Mund. Auch wenn sich das nach einem alten Film anhört, bin ich fast stolz auf mich, weil ich etwas gesagt habe und seine Mutter nichts Schlechtes von mir denkt.

„Komm doch rein!", meint Karen und macht eine Handbewegung ins Hausinnere. Natürlich nehme ich das Angebot gerne an. Folglich geht sie voran und Shawn bleibt direkt hinter mir.

„Siehst du? Ich habe dir doch gesagt, sie wird dich mögen", flüstert er in mein Ohr, worauf ich eine leichte Gänsehaut bekomme. Ich weiß nicht warum, seine Worte sind ja nicht besonders berührend oder ähnliches. Möglicherweise liegt es daran, dass seine Lippen dabei mein Ohrläppchen streifen.

„Aber es fehlen noch dein Dad und Aaliyah", erinnere ich ihn. Zwar bin ich nun etwas lockerer und denke auch, dass alles gut geht, aber ich möchte mich nicht zu früh freuen.

„Meinen Dad wirst du mit Links von dir überzeugen können. Er ist auch nur ein Mann", lacht Shawn, worauf ich sicher so rot wie eine Tomate werde. „Bei meiner Schwester könnte es tatsächlich etwas schwieriger werden."

Mit einem ängstlichen Gesichtsausdruck, als hätte ich schon keine Hoffnung mehr, sehe ich ihn an. Dann jedoch sagt er: „Das war ein Scherz. Du packst das!"

One more wish {s.m.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt