Kaum eine Stunde später höre ich, wie die Haustür sich öffnet und wieder schließt. Natürlich kann es nur meine Mutter sein, sonst kommt keiner gleich ins Haus hinein. Nicht einmal Shawn, wobei ich ihm eigentlich mal einen Schlüssel geben könnte.
„Becca? Shawn? Seid ihr hier?", ruft sie so laut, dass man es vermutlich in allen Stöcken hören könnte. „Mein Chef hat mich heute früher gehenlassen." Das klärt dann also die Frage, die ich ihr gestellt hätte, sobald ich sie zu Gesicht bekomme.
Noch immer liege ich in den Armen des Braunhaarigen und lasse mir über meinen Rücken streicheln. Das beseitigt das Problem zwar leider nicht, denn das kann nur die Operation und die Therapie, aber es beruhigt mich ein wenig. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir nicht mehr gesprochen.
Als meine Mom die Tür öffnet und über die Schwelle tritt, setze ich mich langsam auf und starre ihr entgegen. Jetzt oder nie. Wenn ich es ihr jetzt nicht sage, werde ich mich nicht mehr trauen und es immer weiter verschieben, bis es zu spät ist.
Normalerweise schenke ich ihr ein Lächeln, wenn sie von der Arbeit zurückkommt, doch in diesem Augenblick ist es mir einfach nicht möglich. Deswegen merkt sie gleich, dass etwas nicht stimmt, und stellt ihre Tasche auf den Sessel, um sich schnell neben mich zu setzen. „Ist irgendwas nicht in Ordnung, Schatz?"
Nun drehe ich mich zu ihr, während Shawn hinter mir bleibt und seine Hände auf meine Schultern legt. „Es ist nichts in Ordnung, Mom", fange ich an. „Ich kann und will es auch gar nicht glauben, aber der... der Tumor ist zurück." Ich bemerke, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildet.
„Nein, oder?", erwidert Mom darauf, und ich sehe, wie sich Tränen in ihren Augen bilden, was mich auch fast zum Heulen bringt. Zum Glück kann ich mich aber beherrschen. „Das darf nicht wahr sein." Ich wusste ja, dass es ihr nicht gefallen würde - ich meine, das wäre doch bei jedem so -, doch es schmerzt, sie so zu sehen.
„Leider doch", sage ich nur und versuche, meinen Kloß herunterzuschlucken. „Ich bin zwar unsicher gewesen, aber ich werde mich dem Tumor stellen. Ich werde mich operieren lassen und zur Chemotherapie erscheinen. Für euch." Dabei schaue ich abwechselnd zu ihr und Shawn und denke außerdem an Fiona.
Anstatt irgendetwas zu sagen, zieht sie mich zu sich herüber und nimmt mich in ihre Arme. Auch ich bin unfähig, jetzt noch etwas zu sagen, und schaue einfach nur geradeaus, während ich mein Kinn auf ihrer Schulter liegen habe.
Irgendwann lösen wir uns voneinander und Mom findet ihre Sprache wieder: „Wann geht es dann los?" Ihre Stimme klingt beinahe zerbrechlicher als meine, was aber auch verständlich ist. Immerhin hat sie erst gerade die Wahrheit erfahren, wohingegen ich mich schon ein bisschen mit dem Gedanken abfinden konnte.
„Keine Ahnung", sage ich. „Dr. Hudson weiß noch gar nicht, dass ich mich dafür entschieden habe. Wir sind eigentlich gleich nach dem Ergebnis nach Hause gegangen. Ich brauchte erst Zeit, um darüber nachzudenken. Und ehrlich gesagt würde ich gerne noch etwas damit warten, es ihm zu sagen."
Ich bin nicht die Person, die ein großes Aufsehen um ihren Geburtstag macht, aber den würde ich trotzdem nicht gerne im Krankenhaus verbringen, sondern an irgendeinem Ort, mit dem ich nichts Schlechtes verbinde. Würde ich Dr. Hudson jetzt Bescheid geben, würde dies wahrscheinlich der Fall sein, denn mein Geburtstag ist in drei Tagen.
„Das verstehe ich", meint meine Mutter und schließt damit dieses Thema ab. Wir haben nun auch wirklich lange genug darüber geredet, doch es musste sein. Ich konnte sie ja nicht unwissend lassen.
Nach einem kurzen Nicken drehe ich mich erneut zu Shawn um, nehme seine Hand in meine und verschwinde mit ihm aus dem Zimmer. Aus irgendeinem Grund wirkt er total abwesend, weswegen ich ihn teilweise sogar hinter mir her ziehen muss.
Als wir in meinem Zimmer angekommen sind, nehme ich sein Gesicht in meine Hände, sodass er mich anblickt, und frage: „Shawn, bist du noch bei mir? Du hast schon ewig nichts mehr gesagt und ich hab das Gefühl, du kriegst nichts mehr mit."
Tatsächlich muss er ein paar Mal blinzeln, um wieder komplett in der Realität zu sein. „Tut mir leid. Ich muss nur die ganze Zeit daran denken, was wäre, wenn du dich gegen die Chemo entschieden hättest. Dabei will ich das gar nicht. Aber ich kann mir ein Leben ohne dich einfach nicht mehr vorstellen. Deshalb bin ich auch so froh, dass du es machst."
„Ich weiß, ich könnte auch nicht mehr ohne dich leben", stimme ich zu und verschränke meine Arme im nächsten Moment hinter seinem Nacken. „Und tatsächlich warst du der Grund, warum ich mich für die Therapie entschieden habe. Ich kann dich nicht alleine zurücklassen. Dafür nehme ich sogar Schlaflosigkeit, Übelkeit und was nicht alles in Kauf."
„Und ich werde jederzeit hinter dir stehen", bekräftigt Shawn, was mich zum Lächeln bringt. Die Zeit wird zwar super hart werden, doch wenigstens habe ich ihn. Sofort drücke ich ihm einen Kuss auf, und was kurz geplant war, wird doch etwas länger.
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Ein etwas kürzeres Füllkapitel, weil ich noch auf Informationen warte, dass ich mit der richtigen Handlung fortfahren kann. Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem :D
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One more wish {s.m.}
FanficDas ganze Leben lang hatte Becca keine Probleme. Zumindest keine gesundheitlichen. Natürlich muss sie als 16-Jährige auch mit dem Stress der Highschool kämpfen, aber eigentlich führt sie ein ganz normales Leben. Na ja, wenn man von ihrem inneren Fa...