71. Kapitel

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Es dauert nicht lange, bis wir in der Cafeteria ankommen. Tatsächlich sind viel weniger Leute da, als ich es erwartet hätte, was für Shawn aber auch von Vorteil ist. So hat er mehr Ruhe und kann sich auf seine Freunde konzentrieren. Ich wäre nicht sauer, wenn er vor lauter Fans keine Zeit für uns hätte, denn ich weiß ja, wie viel sie ihm bedeuten.

Dennoch bin ich recht froh, dass ich ihn ganz für mich habe. Immerhin kümmert er sich die ganze Zeit um mich und hilft mir, wenn ich selbst etwas nicht machen kann. Und wenn ich ehrlich bin, finde ich es auch cool, dass er mich heute überall hinschiebt, aber natürlich werde ich ihn nicht ausnutzen.

„Da drüben am Fenster, da setzen wir uns hin", sage ich und zeige in eine bestimmte Richtung. Eigentlich ist es kein Fenster, sondern eine komplette Glaswand, doch Fiona, Kyle und Shawn verstehen sofort, was ich gemeint habe, und machen sich auf den Weg dorthin.

Selbstverständlich setze ich mich zwischen meinem Freund und meiner besten Freundin. Mit Kyle habe ich ja nicht besonders viel zu tun. Dafür lernt ihn Shawn vielleicht etwas besser kennen. Ich frage mich, wie es für den sogenannten Traumjungen unserer Schule ist, neben einem Weltstar zu sitzen.

Nachdem sie ihre Sachen auf dem Tisch abgelegt haben, stehen Fiona und ihr Freund wieder auf und erkundigen sich bei uns beiden anderen: „Wir holen uns jetzt mal was. Habt ihr irgendwelche Wünsche?" Eigentlich eine blöde Frage, denn Fiona müsste wissen, was Shawn und ich bevorzugen.

Trotzdem antworten wir, ohne sie zu verurteilen oder auch nur deshalb zu ärgern. „Eine heiße Schokolade und einen Käsekuchen, bitte", informiere ich sie, worauf der Sänger meint: „Und für mich Muffins, wenn es geht." Womöglich werde ich mir dann einen mopsen. Obwohl, eigentlich werde ich es ziemlich sicher tun.

Als die zwei sich für einen kurzen Moment verabschieden, rückt Shawn näher zu mir heran und nimmt meine Hand in seine. „Fühlst du dich jetzt nach der OP irgendwie anders? Besser?" Zum erneuten Mal fällt mir auf, wie sehr er sich Sorgen um mich macht.

„Ich fühle mich so, wie ich es auch vor der Operation getan habe. So schnell wird sich wohl keine Änderung zeigen. Und außerdem ist dieses Ding nicht heilbar, also wird es nie eine wirkliche Besserung geben", erkläre ich und merke, wie deprimierend das gewesen ist. Möglicherweise hätte ich meine Klappe halten sollen.

Zum Glück tut der Braunhaarige so, als wäre nichts gewesen, führt meine Hand zu seinem Mund und küsst meinen Handrücken. Darauf grinse ich und frage leicht lachend: „Warum nur meine Hand? Die hat das nicht unbedingt nötig." Damit entlocke ich auch ihm ein Lachen. Dann legt er seine Lippen endlich auf meine.

„Da ist man einmal kurz weg und schon geht's bei euch zur Sache", ertönt plötzlich die Stimme von Kyle, worauf wir uns schnell lösen und ihn verwirrt anstarren. Seinem Blick nach zu urteilen, war das als Witz gemeint und tatsächlich muss ich nun etwas schmunzeln.

„Nein, jetzt mal im Ernst: Ich kenne euch als Paar zwar nicht lange, genauer gesagt erst seit ein paar Stunden, aber ihr passt wirklich gut zusammen und habt echt Glück, euch gefunden zu haben. Ihr habt es auch wirklich verdient", erzählt der Junge, während er sich seinen Stuhl zurecht schiebt.

Zwar hat er Fiona mit dem Tablett alleine gelassen, doch im Moment staune ich über seine Worte. Ich hätte niemals gedacht, dass er so etwas in der Art sagen würde, aber er hat es tatsächlich getan. Noch dazu ist er immer noch mit meiner Freundin zusammen. Demnach haben entweder die Gerüchte über ihn nicht gestimmt oder aber sie hat ihn wirklich zu einem besseren Menschen gemacht.

So etwas ist meiner Meinung nach bemerkenswert. Und was mich sehr glücklich macht, ist, dass Shawn und ich uns gegenseitig in gewisser Weise auch positiv verändert haben. Er fühlt sich nicht mehr alleine und hat keine Panikattacken mehr und ich habe dank ihm mehr Selbstbewusstsein gewonnen. Deshalb sind wir uns jeden Tag dankbar.

Im nächsten Augenblick stellt Fiona das Tablett mit mehreren Tellern und Tassen auf den Tisch. Sofort greift mein Freund nach einem Muffin - mit Schokoladenstücken nebenbei gemerkt - und nimmt einen riesigen Bissen davon. Ich würde meinen Mund wahrscheinlich gar nicht erst so weit aufbekommen.

„Hey, nicht so hastig!", mahne ich ihn nun und beiße selbst ein kleines Stück von dem Muffin ab. Darauf macht er auf beleidigte Leberwurst und schmollt, kann allerdings nicht lange ernst bleiben, was vermutlich an mir liegt, da ich mir schon die ganze Zeit an Grinsen verkneifen musste.

„Du hast deinen eigenen Kuchen", zwinkert mir Shawn zu und stellt den Teller mit dem Käsekuchen direkt vor mich hin. Auch wenn es Spaß gemacht hätte, ihn weiterhin durch das Klauen seiner Muffins zu ärgern, lasse ich ihn in Ruhe und greife nach der Gabel.

Immer wieder kommen und gehen Patienten und ihre Besucher, doch wir vier bleiben auch nach dem Essen noch so lange, bis wir abgesehen von den beiden Frauen an der Theke die einzigen in der Cafeteria sind.

Nach einer Weile erhebt Fiona ihre Stimme: „Wie geht es jetzt eigentlich weiter? Mit deiner Behandlung, meine ich." Das ist höchstwahrscheinlich die Frage, die sich jeder stellt. Und damit meine ich wirklich jeder, da nicht einmal ich eine Ahnung habe.

„Das kann ich dir leider auch nicht sagen", antworte ich aus diesem Grund. „Ich gehe davon aus, dass sie gleich diese Strahlen- und Chemotherapie machen wollen. Aber wie genau das dann läuft? Kein Plan. Ich hoffe, dass mich bald jemand aufklären wird."

Darauf erwidert keiner etwas. Nur ein Nicken geht durch die Runde. Aber was soll man auch großartig dazu sagen? Möglicherweise erzählen sie dir nichts, weil du es nicht mehr nötig hast? Wohl eher nicht.

Nachdem Fiona einen Blick auf ihre Armbanduhr geworfen hat, dreht sie sich zu mir und sagt: „Ich denke, es wird Zeit zu gehen. Meine Eltern haben noch Pläne, in denen unglücklicherweise auch ich vorkomme. Ich wäre noch echt gerne bei dir geblieben, aber du kennst sie. Na ja, schreib mir, wenn es Neuigkeiten gibt." Mittlerweile ist sie aufgestanden.

„Mach ich", versichere ich ihr. „Danke, dass du da warst. Und du auch." Letzteres ist an Kyle gerichtet. Überraschenderweise habe ich mich doch ziemlich gut mit ihm verstanden. Während er leicht lächelt, umarmt mich Fiona, und die zwei verabschieden sich.

„Dann gehen wir auch mal wieder", sagt Shawn, steht auf und schiebt mich zurück in mein Zimmer. Dieser Nachmittag mit meinen Liebsten hat mir echt gut getan.

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Yeah, ich hab es endlich mal wieder geschafft, mittags upzudaten! Voll krass😂

Und das liegt daran, dass ich heute auf Exkursion in einer Biogasanlage war. Auf dem Plan stand, dass wir um 12 Uhr wieder bei der Schule sein werden, und wisst ihr, wann der Mann damit fertig war, uns alles zu zeigen? Um halb 10...

Zum Glück konnten wir abgeholt werden, sodass ich um kurz nach 10 schon zu Hause war. Dann hab ich mich zuerst an eine Hausaufgabe gemacht und danach das Kapitel geschrieben😃

One more wish {s.m.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt