21. Kapitel

868 43 39
                                    

Sonnenstrahlen scheinen Stunden später durch mein Fenster. Das heißt, ich habe mal wieder vergessen, die Rollos ganz herunter zu machen. Ein Blick auf meinen Wecker verrät mir aber, dass es eine gute Zeit zum Aufstehen ist. Eigentlich stehe ich immer zwischen neun und zehn Uhr auf, doch dieses Mal ist es schon elf Uhr. Da brauche ich mich nicht wundern, so lange wie ich mit Shawn geredet habe.

Da fällt mir wieder diese eine Satz ein. Was hat er damit gemeint, dass ich ihn vielleicht bald umarmen könnte? Er wird mir ja wohl kaum ein Meet & Greet Ticket für eine seiner nächsten Shows zuschicken. Sowieso würde mich meine Mom niemals dorthin fahren. Alle anderen Orte der Tour sind ihr zu weit entfernt und aus irgendeinem Grund traut sie sich nicht, diese Strecken abzufahren. Na ja, warten wir mal ab. Irgendwann werde ich es schon erfahren.

Als ich mich endlich aufrappeln konnte, gehe ich ins Bad und ziehe mich dann um. Da es Sonntag ist und ich nichts vorhabe, reichen eine Jogginghose und ein Fan-T-Shirt, das Mom gemacht hat. Nichts gegen sie, aber es gibt bessere. Deswegen ziehe ich sie nur an Tagen, an denen mich keiner damit sieht, an und mache ausschließlich meine Mutter glücklich. Eigentlich sollte ich ihr die Wahrheit sagen, doch das würde sie verletzen und das möchte ich ihr nicht antun.

Unten im Wohnzimmer angekommen begrüße ich sie mit einem „Guten Morgen". Sie grüßt zurück und meint, dass ich ein Langschläfer sei. Wenn sie wüsste, wie lange ich aufgeblieben bin, würde sie keinen Witz daraus machen.

Leider ist der Kuchen, den Mom vor einer Woche gebacken hat, schon alle. Man sollte meinen, bei uns hält der länger, doch dann hat man nicht bedacht, dass ich jeden Tag zwei Stücke davon esse. Heute muss ich jedenfalls darauf verzichten, sie würde es heute Abend einen neuen machen. Also nehme ich mir ausnahmsweise eine Schüssel und befülle sie mit Cornflakes und Milch.

Nachdem ich die leere Schüssel in der Spülmaschine verstaut habe, setze ich mich auf das Sofa und greife nach meinem Handy. Ich weiß, mein Handy spielt eine größere Rolle als ich dachte, aber es gibt Mädchen, die ihr Handy noch viel öfter benutzen!

Ich muss lächeln, als ich die Nachricht, die Shawn mir vor einer Stunde geschickt hat, lese. „Siehst du, ich bin wach." Dazu habe ich noch ein Bild von ihm erhalten. Darauf liegt er Oberkörper frei in seinem Bett und seine Haare sind ganz verwuschelt. Er muss das Bild wohl direkt nach dem Aufwachen gemacht haben. Auch so sieht er ganz schön heiß aus.

Irgendwann gehe ich zum zweiten Mal an diesem Tag ins Bad und putze meine Zähne. Danach schlendere ich in mein Zimmer und mache den Computer an. Vormittags habe ich irgendwie am meisten Motivation und die besten Ideen - die können aber auch spät abends kommen - , weswegen ich nun meine Geschichte weiterschreibe. So lange, bis um kurz nach 13 Uhr das Telefon klingelt und Mom „Für dich!" ruft.

Also speichere ich zur Sicherheit ab. Ich will ja nicht, dass der Computer plötzlich abstürzt und meine Arbeit umsonst war. Drüben im Arbeitszimmer meiner Mutter sehe ich, dass der Anruf von Fiona ist. Hätte ich mir ja denken können. Wenn es für mich ist, ist es immer meine beste Freundin.

„Hey, Becca!", plappert sie gleich los, sobald sie merkt, dass ich abgenommen habe. Und ich komme nicht einmal dazu, „Hallo" zu sagen, weil sie bereits fortfährt. „Kann ich heute zu dir kommen? Meine Eltern und meine Schwester besuchen meine Tante. Du weißt schon; die, die ich nicht leiden kann. Ich hab meiner Mom gesagt, dass ich nicht mitkommen könnte, weil ich noch was mit dir für die Schule machen müsste. Und es wäre jetzt echt blöd, wenn wir nichts miteinander ausmachen."

Ach, Fiona. Ich dachte, sie würde ihre Eltern niemals anlügen. Aber tatsächlich kann ich sie verstehen. Ich habe auch eine Tante, die ich nicht leiden kann. Wahrscheinlich würde ich ebenfalls eine Notlüge benutzen. Glücklicherweise würden Mom und ich sie nie besuchen, da sie immer noch in London wohnt und sich das nicht ändern wird.

„Na gut", sage ich. „Du bist hier immer willkommen." „Awww, du bist so süß! Danke", quietscht sie, was fast schon in den Ohren wehtut, weswegen ich das Telefon etwas weg hebe. „Ich werde jetzt gleich vorbeikommen, nachdem ich Mom gesagt habe, dass ich keinen Block oder Stifte mitnehmen muss, weil das alles bei dir vorhanden ist." Und schon hat sie aufgelegt.

Ich hätte zwar noch genug Zeit, um mir etwas Schickeres anzuziehen, doch erstens habe ich keine Lust und zweitens ist es meine beste Freundin. Ihr macht es sicher nichts aus. Außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass sie auch eine Jogginghose anhat. So ist das Einzige, das ich in der Zwischenzeit mache, meiner Mom unten im Wohnzimmer Bescheid zu sagen. Dort warte ich dann die restlichen Minuten.

Fiona scheint sich echt beeilt zu haben, denn es dauert höchstens zwei Minuten, bis sie vor der Haustür steht. Sobald sie in unserem Gang steht und die Tür geschlossen ist, umarmen wir uns und sie bedankt sich noch einmal. Dann begrüßt sie noch kurz meine Mom und wir gehen in mein Zimmer, wo wir mal wieder einen Film anschauen und uns den Arsch ablachen. Wenn sie damit anfängt, kann ich nicht anders als einzusteigen und dann kriegen wir uns beide nicht mehr ein. Doch das finde ich gut, denn in einer Freundschaft ist es mir sehr wichtig, dass man auch zusammen Spaß haben kann.

Im Laufe des Tages schreibe ich immer wieder mit Shawn, aber ich sage Fiona nichts davon, da sich sonst nur noch alles um ihn dreht. Sie ist zwar kein so großer Fan wie ich, doch wenn es darum geht, mit ihm in Kontakt zu treten, lässt sie nicht locker. Allerdings fällt es mir ganz schön schwer nicht aufzufallen, weil ich die ganze Zeit vor mich hin grinse.

Als ich jedoch einen erneuten Videoanruf von ihm erhalte, kann ich es nicht mehr verstecken. Meine beste Freundin schaut mich erwartend an und ich kann Shawn in keinster Weise einen Korb geben. Also sage ich: „Fiona, mach dich bereit, Shawn Mendes kennenzulernen!", und nehme den Anruf an.

Dem Blick des Sängers nach zu urteilen hat er sie schon gleich entdeckt. Damit keine Missverständnisse entstehen, kläre ich schnell auf: „Hey, Shawn. Wie du sehen kannst, habe ich gerade Besuch von meiner besten Freundin Fiona. Es tut mir leid, wenn du nicht wolltest, dass jemand davon mitkriegt, aber du hast eben genau in dem Moment angerufen." „Das macht nichts. Wenn du ihr vertraust, werde ich das auch tun", meint er, worauf ich nicke.

„Wie krass ist das denn?!", befreit sich Fiona aus ihrer Starre. „Wie kommt es dazu, dass du mit Becca, meiner besten Freundin, schreibst?" „Das ist eine längere Geschichte", meint Shawn nur. Eigentlich ist die Geschichte gar nicht so lange. Wahrscheinlich will er es einfach aus irgendeinem Grund nicht Fiona erzählen. Und diese Entscheidung müssen wir respektieren.

Auch wenn das nicht gerade mein Plan gewesen ist, entwickelt sich nun ein Gespräch zwischen uns dreien, und ich muss sagen, dass Shawn und Fiona sich auch gut verstehen. Er spricht zwar die meiste Zeit mit mir, aber wenn sie dann mit ihm redet, verschließt er sich nicht.

Ehe wir uns versehen, ist es bereits kurz vor 18 Uhr. Der Braunhaarige muss zu einem Termin und Fiona's Eltern sind mit ihrer Schwester schon längst von ihrer Tante zurück. Das heißt, wir müssen uns alle voneinander verabschieden. Das macht aber nichts, da Shawn mir versprochen hat, mir jeden Tag mindestens eine Viertelstunde lang zu schreiben. Und Fiona sehe ich ja sowieso jeden Tag.

Insgesamt ist der heutige Tag also doch anders abgelaufen als ich erwartet habe. Zum Glück, denn mit meiner besten Freundin und Shawn zu quatschen ist viel besser als zu hoffen, dass die Zeit mit Lesen und Schreiben schneller vergeht. Ich bin echt froh, dass ich die beiden in meinem Leben habe. Und jetzt, da sich die zwei kennen, muss ich nichts, was sie angeht, mehr vor ihnen verheimlichen.

~~~~~

Morgen wieder Schule...😐😂

One more wish {s.m.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt