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P.o.v. Yoongi

Eine Weile lang lag ich einfach nur auf meinem Bett und dachte über das nach, was ich gerade in Taehyungs Akte über ihn gelesen hatte. Noch immer konnte ich nicht glauben, womit er in seiner Vergangenheit zu kämpfen hatte und was das aus ihm als Erwachsenen gemacht hat — wer er dadurch geworden ist.

Ich wollte das alles einfach nicht wahrhaben. Wie konnte es sein, dass ich davon nichts wusste? Ich hatte eigentlich gedacht, wir hätten keine Geheimnisse voreinander. Klar, die Geschichte mit Hanbin habe ich ihm auch nicht erzählt, aber ich habe ihn wenigstens nicht belogen. Jedes freie Wochenende, an dem wir alle unsere Familien besuchten, sagte auch Taehyung, er würde nach Daegu fahren und seine Eltern besuchen.

Ich war schon immer etwas skeptisch, weil er nie mit mir zusammen fahren wollte, obwohl ich auch dorthin musste, doch ich hatte es einfach damit abgetan, dass er manchmal einfach etwas eigen ist und ihn niemand so recht verstehen kann.

Obwohl er die meiste Zeit nach außen hin sehr fröhlich und aufgeweckt wirkt, hatte er auch schon immer seine Schattenseiten. Natürlich, jeder hatte mal schlechte Tage, jedoch waren Taehyungs schlechte Tage immer besonders kräftezehrend — für ihn und für uns. An diesen Tagen bekommen wir ihn nur mit Mühe aus seinem Bett und das nur dafür, dass er dann im Wohnzimmer auf dem Sofa wieder einschläft.

Ich dachte einfach, so ist er eben — und wie es aussah, hatte ich damit auch recht. Jetzt konnte ich mir auch denken, wieso er so war. Klar, es konnte sein, dass er schon immer etwas betrübter war — auch vor diesen ganzen Dingen, die ihm passiert waren. Ich konnte es nicht mit Sicherheit wissen. Aber wenn er schon an Drogen und das Leben, das damit verbunden war, geriet, als er kaum ein Teenager war, dann ist es wohl nicht schwer nachzuvollziehen, dass er die meiste Zeit von selbst nicht fröhlich sein kann.

Ein lauter Seufzer verließ meinen Mund, als ich mich wieder aufrichtete und meinen Blick auf den Boden richtete. Dort stach mir sofort etwas ins Auge — meine eigene Akte. Zögernd hob ich sie vom Boden auf doch sofort bekam ich Zweifel. Sollte ich sie wirklich lesen? Was, wenn in meiner Akte genauso grausame Sachen drinstanden, wie in Taehyungs? Zwar hatte ich eine Kindheit wie aus dem Bilderbuch, aber was wenn mein psychologisches Gutachten mir Dinge offenbarte, von denen ich überhaupt nichts wusste? Wusste Taehyung denn über all das Bescheid?

Ich überlegte noch ein paar Minuten hin und her, ob ich meine Akte nun wirklich lesen sollte oder nicht. Doch letztendlich entschied ich mich dafür, dass ich immer noch der einzige bin, der mich am besten kennt — also würde mich, egal was ich jetzt lesen würde, nicht verunsichern. Ich klappte also die Akte mit meinem Namen schließlich auf und begann sie zu lesen.

Wie erwartet war nichts spannendes darin zu finden. Das einzige, das der Psychologe, mit dem jeder von uns sprechen musste, bevor er Trainee werden konnte, als Anmerkung verfasst hatte, war lediglich die Sache mit meinem besten Freund damals — allerdings ist die einzige Folge, die ich seiner Meinung nach davongetragen habe, dass ich alle Menschen in meiner Umgebung nach solchen Anzeichen durchsuchen würde. Dieser Kerl war echt gut in seinem Job, aber von dieser Folge wusste ich.

Ich wusste über alles Bescheid, was über mich in dieser Akte stand, also konnte ich sie erleichtert wieder zuklappen und zusammen mit Taehyungs in meinen Kleiderschrank zu meinen Trainingskleidern legen, damit ich nicht vergaß, sie morgen wieder mitzunehmen, um sie Heeju zurückzugeben. Doch gerade als ich den Schrank schließen wollte, kam mir eine Idee. Ich kramte mein Handy aus meiner Hosentasche hervor und schoss ein Bild von Taehyungs Diagnosen. Ich wollte mich einfach später ein bisschen über das alles informieren, um besser verstehen zu können, was in ihm vorging.

Nachdem ich das Bild auf meinem Telefon hatte, schmiss ich es auf mein Bett und holte noch frische Klamotten aus meinem Schrank, die ich nach dem Duschen anziehen würde. Leider hatte ich kein eigenes Badezimmer, wie Taehyung, Jeongguk und Jimin, sondern musste mir mit Hoseok eines teilen, da auch sein Zimmer kein Bad inklusive hatte.

No One Like You ᵏᵒᵒᵏᵛWo Geschichten leben. Entdecke jetzt