P.o.v. Taehyung
Verdammt, was musste er denn jetzt von mir denken? Ich hab mich total daneben benommen! Ich wusste, es war eine schlechte Idee, Jeongguk reinzulassen, aber ich dachte wirklich, ich hätte alles unter Kontrolle. Ich hätte meine Gefühle unter Kontrolle.
Noch nie zuvor hatte ich so mit ihm gesprochen. Noch nie zuvor hatte ich ihn abgewiesen. Noch nicht ein einziges Mal. Ich wollte ihn doch auch gar nicht wegschicken, aber ich konnte seine Anwesenheit einfach nicht ertragen. Die ganze Zeit über hatte ich das Bedürfnis, mich ihm einfach um den Hals zu werfen — ihm sagen, wie sehr ich ihn liebe. Ihn küssen und nie wieder damit aufhören. Ich wollte weinen. Ich wollte, dass er alles besser machte.
Doch mein Körper verhielt sich genau gegenteilig. Er wandte sich von ihm ab, schreckte sogar vor ihm zurück. Diese Angst, als er auf mich zukommen wollte — ich hasste das so sehr. Wie er mich ansah — so erschrocken und verwirrt — würde mir so schnell nicht aus dem Kopf gehen.
Ich wollte wieder aufhören an all das zu denken — mir den Kopf über Eindrücke und Reaktionen zu zerbrechen. Mir einzubilden, er könnte sich etwas daraus machen, wie ich mich verhielt. Er sorgte sich nicht wirklich um mich. Ich war ihm egal. Er wird mich niemals so lieben, wie ich ihn liebe. Das alles wusste ich und es tat verdammt nochmal weh. Doch ich wusste auch, wie das aufhörte — wie das alles für ein paar Augenblicke aufhörte wehzutun. Alles. Dieses ganze Leben.
Ja, das wusste ich. Ich wusste ganz genau, was ich jetzt tun musste und ich wusste, dass es richtig war. Ich stand auf und schleppte mich in mein Badezimmer. Meine Füße trugen mich kaum, weshalb ich mich alle zwei Schritte an irgendetwas abstützen musste, um nicht hinzufallen. Als ich endlich ankam, schloss ich schnell die Tür und stützte mich am Waschbecken ab. Ich sah auf und betrachtete mich im Spiegel.
Meine müden Augen schweiften an meinem Gesicht vorbei zu meinem Hals und den blassen, aber bei genauester Betrachtung dennoch sichtbaren Blutergüssen, die sich dort befanden. Wie von selbst wanderte meine Hand wieder dort hin. Ich drückte zu bis es wehtat, fing an schneller zu atmen und spürte die Panik, die langsam aber sicher in mich kroch. Ich ließ von meinem Hals ab und legte meine Hände stattdessen über meine Augen, um mich nicht länger ansehen zu müssen.
Ich wich etwas vom Waschbecken zurück um eine der Schubladen darunter zu öffnen. Hektisch wühlte ich dort auf der Suche nach der Packung Rasierklingen herum, bis ich nach wenigen Sekunden die kleine Plastikschachtel fand. Mit zitternden Händen öffnete ich diese, nahm mir eines der silbernen Teilchen heraus und betrachtete es. Lange hatte ich die Lust durch die Pillen unterdrücken können. So lange schon war ich clean gewesen, nur um jetzt wieder rückfällig zu werden. Doch ich hielt den Schmerz gerade nicht aus.
Ich zog den Ärmel meines Pullovers an meinem linken Arm nach oben. Schon stießen mir einige vernarbten Schnitte ins Auge, die meisten waren schon fast nicht mehr sichtbar. Sie alle hatten die verschiedensten Hintergründe. Es war fast schon peinlich wie viele Gründe es waren. Wie konnte man nur so schwach sein, dass man mit den kleinsten Unannehmlichkeiten so überfordert sein konnte — dass einem so schnell alles zu viel werden konnte? Ich kam mit vielem nicht zurecht.
Jetzt war es diese abgefuckte Situation mit Jeongguk gerade eben. Dass ich nach vielen Tagen wieder nicht mehr drauf war. Und vor allem, dass gerade wieder dieses Gefühl kam. Diese Gefühle, die ich nicht beschreiben konnte — nicht einordnen konnte. Weg zu müssen, das fühlte ich. Aber woher das kam, wusste ich nicht. Wohin ich sollte, wusste ich nicht.
Ich nahm die Klinge mit Zeigefinger, Mittelfinger und Daumen und setzte an. Langsam zog ich sie längs meinen Unterarm herunter und schloss meine Augen, sobald mich der bekannte, wohlige Schmerz durchfuhr. In diesem Moment fiel mir auf, wie sehr mir das hier gefehlt hatte. Wie sehr ich es vermisst hatte, mich so befreit zu fühlen.
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No One Like You ᵏᵒᵒᵏᵛ
Fanfiction[ABGESCHLOSSEN] »We were all just humans drunk on the idea that love, only love, could heal our brokenness.« Nun war sie da, diese Zeit. Irgendwann musste sie eintreffen; das stand schon immer fest, allerdings bemerkten sie das alle erst, als es woh...
