↯28

962 61 5
                                        

P.o.v. Taehyung

Niemals hätte ich damit gerechnet, dass San so darauf reagieren würde — schließlich hatte er uns gesagt, wir sollten rechtzeitig verschwinden. Allerdings wirkte er dann plötzlich doch nicht mehr so gelassen und entfernte seine Hände von Wooyoungs Wangen, um sie auf seine Schultern zu legen. Er schob ihn somit neben mich und sah uns beide an.

»Hättet ihr zwei euch nicht so zugedröhnt, hättet ihr euch wehren können.«, machte er uns Vorwürfe. »Es tut uns echt leid, oder Taehyung?«, riss mich die Stimme den Hellhaarigen aus meiner Trance. Irgendwie konnte ich nicht so recht in der Realität bleiben.

»Ach, den kannst du vergessen. Keine Ahnung, wo er grade festhängt, aber sicher nicht bei der Sache.«, beschrieb San meinen momentanen Geisteszustand — und irgendwie hatte er auch recht. Ich war mit meinen Gedanken überall, aber nicht im Hier und Jetzt.

»Fuck, egal. Schon gut, ist einfach scheiße gelaufen.«, ließ der Schwarzhaarige mit einem tiefen Seufzer die Sache dann aber doch auf sich beruhen und setzte sich zurück auf das Sofa, von dem er vorhin aufgestanden war. »Dann knallen wir zwei uns eben auch was rein. Ist nur fair.«, lachte Jackson, der auf der gegenüberliegenden Couch saß. Wir alle lachten mit ihm und auch Wooyoung und ich setzten uns hin.

Inzwischen war es abends — kurz vor einundzwanzig Uhr — und jeder von uns hatte bereits fast eine halbe Flasche Wein zum Vorglühen getrunken. Noch dazu zogen wir uns alle möglichen Sachen rein, die Jackson gerade so parat hatte oder schmissen uns irgendwelche abgelaufenen Pillen, die Wooyoung aus dem Lagerraum einer Apotheke vor der Verschiffung gerettet hatte.

»Wir sollten uns langsam fertigmachen.«, schlug San vor und wir ließen alle nicht lange auf uns warten. Jeder stand auf und zog sich so schnell wie möglich frische und ausgehtaugliche Klamotten an. Nicht etwa, weil wir unter Zeitdruck standen, sondern weil es wirklich bitterkalt war. Komischerweise hatte ich nicht die kleinste Scheu, mich vor den Dreien bis auf die Boxer auszuziehen. Zwar bemerkte ich Sans und Jacksons verwirrte und besorgte Gesichtsausdrücke, doch Mittlerweile fühlte es sich einfach so an, als würde ich die drei nicht einen Tag, sondern bereits mein ganzes Leben lang kennen. Also machte es mir nichts aus, dass sie mich so sahen.

»Also gut, können wir?«, fragte Wooyoung. »Warte, was ist mit Jinyoung? Kommt er hier her?«, wollte ich von Jackson wissen. »Bist du wahnsinnig? Ich bestell ihn doch nicht hier her. Da kann ich gleich sagen ›Hey, ich deale übrigens mit verfickten Drogen‹.«, kam es sarkastisch von dem Braunhaarigen. »Ich denke nicht, dass er ein Problem damit hat.«, sagte ich und dachte an das zurück, was er am Telefon zu mir sagte — heute würde er keinen Rückzieher machen. »Er wartet am Bahnhof auf uns.«, klärte San mich dann schließlich auf.

Nachdem wir uns alle in Schale geschmissen hatten machten wir uns auch schon auf den Weg zum Bahnhof, um dann zusammen mit Jinyoung weiterzufahren. Die schwarze Skinnyjeans und das gold-weiß-schimmernde Hemd, das ich mir aus Sans Schrank aussuchte, boten mir nicht wirklich viel Schutz vor dem kalten Wind, der uns entgegenblies, allerdings hatte ich vergessen eine Jacke mitzunehmen — aber das hatte jeder von uns. Klar denken konnte ich schon längst nicht mehr. Ich spürte förmlich, dass ich total drauf war, aber irgendwie war das ein schönes Gefühl — und obwohl es wahrscheinlich schlecht war, so darüber zu denken, hatte ich es wirklich vermisst.

Ich konnte Jinyoung von Weitem schon stehen sehen und musste augenblicklich breit grinsen. Als auch er mich sah rannte er wie automatisch auf mich zu und schmiss sich mir ruckartig um den Hals, weshalb wir beide eher unsanft auf den kalten Boden fielen.

»Taehyung! Du glaubst gar nicht, wie sehr du mir gefehlt hast.« Schmerzen vom Aufprall spürte ich keine, weshalb ich ihm genauso glücklich entgegenblickte und seine Umarmung erwiderte. Er zog mich nach oben und hob mich einfach so hoch — zwar nur kurz, allerdings ziemlich unerwartet. »Was wird das denn?«, fragte ich ihn mit einem unsichereren Lächeln. Jinyoung entfernte sich etwas von mir, um mich von Kopf bis Fuß ansehen zu können.

No One Like You ᵏᵒᵒᵏᵛWo Geschichten leben. Entdecke jetzt