Kapitel 93

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Mitleid konnte ich jetzt gar nicht gebrauchen. Nicht jetzt. Und schon gar nicht in dieser Situation. Ich merkte, wie Marcel etwas sagen wollte. „Marco, ich...", fing er an, doch ich unterbrach ihn. „Bitte fahrt jetzt keine Mitleidsschiene! Das kann ich jetzt gar nicht gebrauchen. Jenny, sag mir jetzt lieber direkt was Sache ist. Kann ich Sina zurück gewinnen?", forderte ich Jenny auf. Diese blickte mich ruhig und fokussiert an. Trotzdem wendete sie öfters ihren Blick fragend zu Marcel. Doch dieser konnte ihr jetzt auch nicht helfen. Jenny war die Person, die Kontakt zu Sina hatte. Sie hatte sie schließlich auch schon mal besucht. Also musste sie mir sagen, wie es in Sina aussah. Nach einem langen Zögern, rutschte es aus Jenny heraus: „Verdammt ja! Was denkst du denn?! Sie liebt dich immer noch. Sie liebte dich auch schon immer. Sie verneinte dies nur bei ihrer Flucht, da sie wusste, dass du sie sonst nicht in Ruhe gelassen hättest. Aber ihr tut es unendlich leid! Sie würde alles rückgängig machen, doch sie kann das ja nicht. Sie schämt sich und traut sich nicht zurück zu kommen. Marco, du musst den ersten Schritt machen. Sina schafft das nicht von alleine. Du weißt wie sentimental sie ist. Einen weiteren Rückschlag würde sie nicht vertragen. Also, geh zu ihr und deiner Tochter und hole sie zurück nach Dortmund, wo sie hingehören!"

Wie Recht Jenny hatte. Jetzt wurde mir auch erst alles klar. Sina musste mich verletzten, sonst hätte ich sie auf gar keinen Fall gehen gelassen. Was ich für eine schlaue Geliebte hatte. Ich musste schmunzeln. Doch ich wurde gleich wieder ernst. Ich musste auf Jenny hören und das tun, was ich schon viel früher hätte tun sollen. Zu Sina. Sie und Mia mir zurückholen und endlich glücklich sein. Was mir jetzt so lange verwehrt gewesen war. Ich ballte meine Hände zu Fäusten zusammen und sagte entschlossen: „Du hast Recht, Jenny. Ich werde sie mir zurückholen! Beide! Ich kann hier nicht länger rumsitzen und nichts tun. Ich nehme die Sache jetzt selbst in die Hand." Jenny und Marcel sahen mich zufrieden an. Sie hatten ihr Ziel erreicht. Wahrscheinlich hatten sie sich mehr Gedanken gemacht als ich dachte, doch das brauchten sie ja ab jetzt nicht mehr. Ich konnte nicht länger zu sehen, wie alles was mir wichtig war, sich in Luft auflöste. Ich wusste selbst nicht was in letzter Zeit mit mir los gewesen war. Warum ich nicht vorher mal auf den Gedanken gekommen war?! Aber egal, ich ging ja jetzt und das war auch gut. Nun musste ich nur noch Sina überzeugen, was wohl das Schwerste an der ganzen Sache war. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

*Sinas Sicht*

*zur gleichen Zeit*

5 Jahre nach der Trennung von Marco ging es mir einigermaßen besser. Ich hatte mich mittlerweile damit abgefunden, dass ich es nicht rückgängig machen konnte. Selbst wenn, könnte Marco mir sowieso nicht verzeihen. Ich hatte ihn zu sehr verletzt. Ich hatte meine Liebe zu ihm verneint und ihm Mia praktisch weggenommen. Marco war schon immer ziemlich emotional gewesen. Doch zurzeit hatte ich gar keine Zeit über Marco nach zu denken, da ich in den Vorbereitungen für Mias Einschulung steckte. Sie war ja mittlerweile sechs Jahre alt und groß genug, um in die Schule zu gehen. Ich war so stolz auf sie! Meine Kleine, die einen Schritt Richtung erwachsen werden machte. Natürlich würde sie auf eine Privatschule gehen. Das war in England bzw. in London hier so üblich. Ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo man denkt, dass auf Privatschulen nur Kinder von reichen Eltern gehen, die nix im Hirn haben und dort gut durchgebracht werden. Hier war es genau anders herum. Fast keiner ging hier auf eine staatliche Schule. Jeder, der es sich leisten konnte, steckte seine Kinder auf eine Privatschule. Morgen sollte die Einschulung stattfinden. Mia und ich hatten viele von unseren Bekannten eingeladen, um es mit ihnen zusammen zu feiern. Jenny war auch eingeladen. Ich jedenfalls war gerade auf dem Weg zu Mias Schule, um die vorgeschriebene Schuluniform abzuholen.

Ein Schuss ins Herz (FF mit Marco Reus)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt