0.| »Prolog«

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Die Dunkelheit war über die Stadt hereingefallen und hatte sie ruhiger werden lassen. Nur noch einige Straßen wurden befahren - Menschen die von der Spätschicht kamen oder von denjenigen, die sich wieder auf den Weg dorthin machten.
Fasziniert beobachtete Atuis den Halbmond, der die Gegend geheimnisvoll erhellte. Er wollte heulen, so wie ein Wolf, aber er tat es nicht, in dieser Nacht zu mindestens nicht. Seine krummen Finger mit den dreckigen Krallen knöpften die Weste zu, die seinen ansonst nackten, grässlichen Oberkörper gedeckte. Er mochte sie, auch wenn sie übel stank und an einer Stelle einen großen, angetrockneten Blutfleck hatte. Er scherte sich nicht um sein Aussehen, er fühlte sich wohl, obwohl er potthässlich war.
Seine Haut war faltig und grau, seine Fingernägel - die Krallen - waren lang, dreckig, genauso wie seine Fußnägel. Sie stachen durch die abgelatschten Schuhe hindurch und erzeugten ein Klackern auf dem Asphalt. Dennoch waren sie ihm nie im Weg, wenn er jemanden angriff. Die Beine waren spärlich bedeckt, weswegen man die vielen roten Naben sah, die er sich zugezogen hatte, als ein Monsterjäger ihn mit Säure beworfen hatte, trotzdem war er der, der in diesem Duell gewann. Der Jäger endete kopflos in einem Fluss.
Sein Gesicht war kugelrund und auf seiner krummen Nase saß eine dicke Warze. Immer wieder hatte er sich diese heraus geschnitten, doch jedes Mal war sie zurückgekehrt. Irgendwann ließ er die Versuche dann bleiben. Atuis hatte kleine, abstehende Ohren mit denen er unglaublich gut hören konnte und seine Augen waren trüb, glänzten aber, wenn er erfolgreich war.
Er sprang von dem kahlen Baum herunter und sah auf die Uhr - diese hatte er einer Frau abgenommen - an seinem dicken Handgelenk.
Viertel vor Zwölf.
Atuis verschwand in einer dunklen Gasse und kletterte dann mühelos eine Mauer hinauf, die ein hässliches Graffiti zeigte. Er sprang auf der anderen Seite wieder herunter, schlenderte ein paar Minuten durch die Gegend und kam in einem Park an. Niemand hatte ihn gesehen, niemand würde ihn jemals im Dunkeln sehen. Außer seine Opfer, die konnten ihn glasklar erkennen.
Die Mischung aus Troll und Mensch schlich über die Grünfläche und kauerte sich hinter einen mächtigen Baumstamm auf den Boden.
Er sulte sich in dem Dreck, spürte wie es alles in ihm kribbeln ließ. Dann riss er sich zusammen, kam wieder auf die Knie und lugte an den Wurzeln vorbei.
Sein Opfer musste gleich dort sein, er musste sich nur gedulden.
Geduld - es war etwas, das er nicht hatte, trotzdem bemühte er sich. Er durfte es nicht versauen, sonst würde man ihm kein Geld geben.
Ja, Mord und Geld. Zwei Dinge die er liebte, sehr liebte. Er liebte sie mehr als seine Mutter, das lag aber wahrscheinlich daran, dass sie ihn, als er noch ein Kind war, umbringen wollte, aber er den Spieß umdrehte und ihr vom Schrank aus auf den Nacken sprang, woraufhin sie mit dem Kopf gegen die Wand krachte und sich das Genick brach. Er dachte manchmal lächelnd an diesen Tag zurück, der Mord an seiner Mutter war der erste Stein, der zu Rollen begann, bis viele weitere folgten.
Er hörte auf in der Erinnerung zu schwelgen und zog aus der Hosentasche ein geknicktes Bild heraus. Zu sehen war ein älterer Herr mit grauem Haar und Oberlippenbart. Seine Stirn lag etwas in Falten und er schaute in eine andere Richtung, was daraufhin wies, dass das Bild unwissend gemacht wurde. War ja auch klar, niemand würde ein Bild offensichtlich machen, wenn er dieses an einen Killer weitergab.
Er zerriss das Foto, ließ die beiden Hälften zu Boden gleiten und kletterte dann den Stamm hinauf. In wenigen Minuten war es so weit und Atuis blickte nochmal auf die Uhr.
Drei Minuten.
Tick tack. Tick tack., dachte er und wippte den Kopf hin und her. Er tat es so lange, bis eine Person den Weg entlang kam.
Atuis legte den Kopf schief, verzog die Augen zu Schlitzen damit er im Dunkeln besser sehen konnte:
Grauer Schopf, etwas faltig, die Schulterhaltung wie auf dem Bild.
Er fing an zu grinsen, denn das Feuer in ihm brodelte wieder, und seine Krallen wuchsen ein kleines Stück, er fletschte einmal die spitzen, gelben Zähne und sprang hinunter. Unten rollte er sich ab, kam auf die Beine und lief wie ein wild gewordener Hund auf den Mann zu. Dieser bemerkte es aber erst, als es zu spät war.
Der Troll-Mensch warf sich gegen ihn und beide fielen zu Boden.
Der Mann rollte sich zur Seite, war aber zu langsam, denn Atuis gab ihm einen Hieb gegen den Bauch. Seine Krallen rissen das weiße Hemd auf, durchschnitten das Bauchfett und Blut floss aus der Wunde. Die Wunde war tief und schmerzhaft. Der Grauschopf hatte aufgeschrien und wollte sich wehren, er hatte sogar schon seine Pistole gezogen und einen Schuss losgelassen, doch die Schläge, Tritte und Kratzer kamen so schnell und plötzlich - erst deutete er etwas an und änderte seine Taktik wieder. So konnte er dem Mann schon den linken Arm brechen und ihm noch mehr unschöne Wunden zufügen, aus der die dunkle, warme Flüssigkeit floss.
Atuis zog sich für einige Sekunden zurück und ließ den Mann auf die Beine kommen. Ja, er spielte mit ihm. Dieser konnte sich kaum auf den Beinen halten, er taumelte und noch ein Schuss löste sich aus der schwarzen Pistole, sein gebrochener Arm hing regungslos an ihm, wie ein Kokon an einem Ast. Eine große Platzwunde zierte seine Schläfe.
Die Kugel landete im Boden und das nach Mord lüsternde Monster machte einen Satz nach vorne. Seine Fingernägel bohrten sich in die Haut, das Blut quoll heraus, ebenso ein weiterer von Qual geprägter Schrei.
Der Blutüberstömte sackte zusammen und riss den Angreifer mit sich auf die Erde. Die Augenlider flackerten zu, als die langen Fingernägel die Haut auf seinem Brustkorb weiter aufrissen und dann regte er sich nicht mehr. Das Leben hatte seinen Körper verlassen.
Der Troll-Mensch leckte einmal über das Gesicht und schmeckte die warme Flüssigkeit in seinem Mund; sie schmeckte nach Angst und Eisen und irgendwie süßlich. Der Mörder musste sich beherrschen sich nicht noch weiter an der Leiche zu vergreifen.
Er richtete sich auf, strich sich die blutigen Hände an der Weste ab und sah dann nochmal zu dem Leichnam. Grinsend verließ er den Ort des Gesehens, es hatte ihn befriedigt.

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Hallihallöchen
Diese Gesichte wird eine Mischung aus Skulduggery Pleasant, The mentalist und etwas NCIS.
Ich liebe Derek Landys Bücherreihe einfach und seitdem ließ mich die Idee, die sich irgendwann in meinem Kopf gebildet hatte, nicht mehr los.

Ich hoffe euch hat der Prolog gefallen. Hinterlasst mir doch gerne einen Stern oder ein Kommentar.

Eure Leni ❤️

Der Ring des DrachensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt