14.| »Der Taxifahrer: Mr Pleasant«

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„Hey, aufwachen. Tea.”
Verschlafen öffnete sie die Augen und drehte sich auf die andere Seite.
Gibbs stand vor ihr. Er hatte ein weißes Hemd an und ein ausgewaschenes Jackett. Er war hellwach und lächelte sie an.
„Wie viel Uhr ist es?”, wollte sie wissen und streckte sich.
„Zehn.”
„Oh.”, jetzt erst realisierte sie, dass sie in dem Bett lag und nicht mehr angelehnt an die Wand.
„Eigentlich muss ich los, aber ... ich muss dich noch was fragen.”, das Lächeln ebnete ab und er ließ sich auf die Matratze nieder.
„Und was?”, sie setzte sich auf und gähnte einmal. Sie fühlte sich ausgelaugt, obwohl sie mehr als acht Stunden geschlafen hatte - wenn man ihren Ausflug zum Klo nicht mitzählte.
„Ich hab dich im Flur gefunden.”, er lächelte nun nicht mehr. „Du saßt da, den Kopf auf die Knie und hast geschlafen. Wieso bist du nicht ins Bett gegangen?”
Sie wich kurz seinem Blick aus und wandte sich ihm wieder zu. „Ich war auf Toilette.”
„Und warum bist du nicht zurück ins Bett?”
Teresa seufzte. „Ich ... Ich weiß auch nicht. In dem Moment ...”, sie zuckte mit den Schultern.
Er hob seine Hand und strich ihr eine wilde Locke aus dem Gesicht.
„Kann ... Kann ich dir erzählen, was ich geträumt habe?”, fragte sie zögerlich.
„Natürlich.”, er nickte.
„Aber bitte, bitte halte mich nicht für Verrückt oder so.”
„Es war nur ein Traum, Teresa.”, er lachte kurz, aber dann war er still.
„Na gut. Ich habe Mom und mich gesehen. Sie war schwanger und hat mich gerade vom Kindergarten abgeholt. Wir sind nach Hause gegangen und Dad war mal wieder Arbeiten.”
„Klingt doch ganz normal.”
Sie zögerte, aber sprach weiter. „Ich war bockig ...”
„Ja, die kleine Rabauckin war immer schnell bockig.”, schob er ein.
„... und deswegen habe ich mich unter einer Decke versteckt. Als sie mir weggezogen wurde da ... da ...”, sie seufzte.
„Dir muss nichts peinlich sein.”, versicherte er aufmunternd.
Lisbon schüttelte den Kopf. „Es ist mir nicht peinlich, wirklich. Es ist nur so absurd!”
Jethro wartete ab.
„Da war ein Skelett. Er hatte ein Hut auf und einen perfekt sitzenden Anzug. Und ja, ich sage bewusst er, es war ein Er. Ich habe ihn umarmt und bin dann durch die Stube gerannt, mit seinem Hut in der Hand.”
Die Gesichtszüge des grauhaarige Mannes entglitten ihm kurz, dann sah er sie schmunzelnd an. „Du träumst aber auch was.”
Sie fiel zurück in das Kissen. „Es hat sich so real angefühlt, so als hätte ich es wirklich damals erlebt.”
Seine Hand klopfte ihr auf den zugedeckten Schenkel und er lachte, doch es klang irgendwie falsch, sogar fast schon hohl. „Ach Tea, das war nur ein Traum. Träume haben nie etwas mit der Realität zu tun. Okay, manchmal, aber dieser ganz sicher nicht. Es gibt keine lebenden Skelette.”
„Ja, es gibt sie nicht.”, murmelte sie und schloss die Augen.
„Genau. Du musst nicht weiter darüber nachdenken.”, er beugte sich vor. „Ich muss jetzt zur Arbeit.”, er küsste sie auf die Stirn.
„Okay.”
„Ruf an, wenn etwas ist, ja?”
„Mach ich.”
Sie konnte nicht sehen, dass er lächelte. „Gut.” Er stand auf.
„Bis heute Abend, Frischling.”
Als hätte sie etwas gestochen, packte sie das Kissen unter sich, zog es weg und warf es blindlings in seine Richtung.
Er kicherte „Nicht getroffen.”
„Manno.”
Dann war sie alleine.
Nach einer halben Stunde, in der sie nur an die Decke gestarrte, stand sie auf.
Nachdem sie sich frisch machte, stapfte sie die Treppe herunter.
Es ging ihr nicht aus dem Kopf. Das Skelett hatte sich so fest in ihre Gedanken gebrannt, dass es unmöglich war nicht daran zu denken.
Dieser schneeweiße Schädel, die Dunkeln Augenhöhlen. Der Perfekt sitzende Hut und maßgeschneiderte Anzug, seine schwarzen Handschuhe. Alles an ihm passte zu ihm wie die Faust aufs Auge.
Sie schüttelte kräftig den Kopf.
Es gab keine Skelette, die lebendig auf der Erde herumliefen.
Unten lief das Radio und auf dem Tisch stand eine Schale Müsli, neben dieser ein Löffel. Eine Packung Milch war nicht zu sehen, denn sie weilte im Kühlschrank.
Lisbon aß langsam und lauschte der Musik. Michael Bublés Stimme drang an ihre Ohren, er sang Me and Mrs. Jones.
Sie mochte das Lied. Sie hatte es oft mit ihrer Mutter zusammen gehört. Micheal war der Lieblingssänger ihrer Mutter gewesen, oder irrte sie sich?
Sie lächelte und wippte im Takt hin und her. Sie dachte an ihre geliebte Mutter, schloss die Augen.
Das Lied war vorbei, das Müsli leer. Sie räumte auf und legte die Schale und den Löffel in die Spüle. Neben dem Spülbecken lag ein Zettel und ein paar scheine.

Der Ring des DrachensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt