62.| »Risse«

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Die Sonne war ein ganzes Stück gewandert, hatte sich durch die Wolken gekämpft und ließ ihre Mittagswärme auf die Erde nieder.
Cho und Serina hatten beschlossen, sich aufzuteilen.
Serina kam das gelegen, am Fuß der Karpaten war sie geschützt vor der Sonne, schwitzte weniger und konnte ihr Bedürfnis Wasser zu trinken unterdrücken. Doch was am wichtigens war, sie konnte sich nun, da dort unten eine kühle Brise wehte, noch besser auf die Suche nach Pat Byrono fixieren.
Sie war immer noch guter Dinge, als sie alleine loszog, sicherlich hatte er sich nur verlaufen und fand den Weg zurück zum Bunker nicht mehr - Das redete sie sich zumindestens ein.
So war sie nun mal.
Das wadenhohe Gras zupfte an ihren Hosenbeinen, während sie sich konzentriert umsah.
Alles war ruhig, nur die Vögel zwitscherten ihre Lieder. Weit und breit waren keine Wanderer zu sehen, wie auch? Sie lief immerhin querfeldein.
Sie schlenderte an ein paar Bäumen vorbei und blieb wenig später neben einer Bank stehen.
Sie blickte sich um.
Serinas Knie wurden weich und sie erstarrte.
Übelkeit stieg in ihr auf, ihre Kehle war trocken und sie überbrückte die vier Meter mit großen Schritten.
Als sie auf die Knie fiel, verfärbte das kalte Blut ihre weißen Hosenbeine und sie streckte ihre zitternden Hände nach der Person vor sich aus, rüttelte an ihr.
Die Totenstarre hatte schon vor Stunden eingesetzt, ihre Augenlider waren weit aufgerissen und die leblosen Augen starrten in den Himmel.
Juno London war lediglich eine leere Hülle.
Serina schluchzte und rieb sich über das Gesicht, dann konnte sie es nicht halten.
Die Galle kroch ihren Hals hinauf und sie drehte sich schnell zur Seite, übergab sich.
Übergab sich ein zweites und drittes Mal ... bis sie ungeschickt ihr Handy hervor holte und Kimball Chos Nummer wählte.

*

Cho brachte Serina zurück zum Bunker, nachdem er Skulduggery und Walküre eingesammelt und zu der Feuerstelle gebracht hatte.
Skulduggery legte den Kopf schief und sah auf Juno Londons Leichnam nieder.
„Ich will ihn treten”, sagte Walküre unvermittelt.
„Wen?”
„Den Leichnam.”
„Ich auch.”
Sie sah ihn von der Seite an. „Wirklich?”
„Nein”, er schüttelte den Kopf.
„Oh”
„Aber wenn du es unbedingt willst, kann ich kurz wegsehen.”
Sie schlug ihm gegen den Arm.
„Okay, okay.” Er hob leicht die Hände, ließ sie aber im nächsten Moment wieder sinken.
„Sie hat sich für Sanguin hübsch gemacht”, sagte er dann.
„Meinst du?”
„Für wen hätte sie es sonst tun sollen?”
Skulduggery wandte sich von der Leiche ab und begann sich umzusehen.
Walküre verfolgte ihn mit ihrem Blick.
Er tigerte um die rostige Feuerschale herum, dann um die alte Bank und schließlich verschwand er im Gestrüpp.
Sie seufzte und trat ein paar Schritte zur Seite. Sie wollte es nicht riskieren, auf den Leichnam einzutreten.
Cho erschien neben ihr und Walküre zuckte erschrocken zusammen.
„Verzeihung”, nuschelte er.
Sie nickte.
„Wo ist Skulduggery?”, fragte er, während er seinen Blick über die Feuerstelle gleiten ließ.
„Irgendwo dahinten.” Walküre deutete in die Richtung, in die er verschwunden war.
Dieses Mal nickte er.
„Cara Santas hat bei ihren Mitarbeitern durchgerufen; sie haben ihn nicht gefunden”, er seufzte, „Sie begeben sich nun zurück zum Bunker.”
„Das tut mir leid. Ich ... mochte Byrono.”
Cho sah Walküre an.
„Sie reden über ihn, als sei er tot.”
„Oh”, machte sie, „er ist sicherlich noch am Leben.”
„Sie hören sich wenig überzeugt an.”
Walküre wich seinem Blick aus.
„Ist schon in Ordnung, Miss Unruh”, er vergrub seine Hände in seinen Jackentaschen.
„Mh”
Skulduggery kam auf sie zu geschlendert und strich dabei seinen Anzug zurecht.
„Mein Verdacht hat sich bestätigt”, sagte er unvermittelt, „Es war Sanguin.”
Er blieb vor ihnen stehen und nickte mit dem Kopf in die Richtung, aus der er gekommen war. „Da hinten ist ein ausgetrockneter Graben - der Boden hat überall Risse.”
„Risse?”, Cho zog die Augenbrauen ein wenig zusammen.
„Sanguin ist ein Elementmagier, der sich auf die Erdmagie spezialisierte hat. Mit dieser Fähigkeit ist ein leichtes für ihn von einem Punkt zum anderen zu kommen.”
„Verstehe.”
„Wieso ist er nicht einfach neben Londons Leiche im Boden verschwunden?” Walküre blickte kurz zu dem leblosen Körper hinüber.
„Darauf hätte ich durchaus eine Antwort, ich bin mir jedoch sicher, dass sie euch nicht gefallen wird.”
Die beiden sahen Skulduggery stumm an.
„Byrono muss dort auf ihn gewartet haben, dann nahm Sanguin ihn mit sich.”
„Pat ist kein Verräter.”
„Das unterstelle ich ihm auch gar nicht.”
„Und was - ”, Walküre sprach nicht weiter, als Cho sie anfunkelte.
„Okayyy”, meinte sie dann. „Was machen wir jetzt?”

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Hallöchen,
Ich weiß, die Kapitel sind nicht sonderlich lang, aber jaahh ...
Ich hoffe, dass sie euch trotzdem gefallen.
Eure Leni

[Meldet euch bei Rechtschreib- oder Grammatikfehlern bei mir]

Der Ring des DrachensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt