43.| »der Sache näher kommen?«

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„Hope?"
Eine Hand legte sich sanft auf die Schulter der Brünetten.
Diese öffnete träge ihre Augen und setzte sich langsam auf.
Tanith saß auf der Bettkante und Grässlich stand in der Tür, er lächelte. Der weiße Verband vom vorherigen Tag zierte nicht mehr seinen Kopf, er wirkte putzmunter.
„Geht's dir gut?", fragte Tanith.
Hope nickte und setzte ein falsches Lächeln auf, sah zu Grässlich.
„Tippstaff hat uns eine Liste gegeben.", meinte der Schneider und holte einen weißen Zettel aus seiner Jackentasche, „Da stehen die Namen der Leute drauf, die Lagerräume in der Nähe von Franks' Haus gemietet haben."
„Mike auch?", sie schlug die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett, stand auf.
„Nein."
Sie ließ sich wieder auf die Matratze sinken. „Nein?"
Taniths Augen huschten kurz zu Grässlich, dann wieder zu Hope. „Wir vermuten, dass er einen anderen Namen genommen hat und wollten dich drüber schauen lassen."
Grässlich kam auf das Bett zu. „Weißt du, wir haben zwar mit ihm zusammen gearbeitet, aber viel wussten wir nicht über ihn." Er hielt ihr das Papier hin.
„Mikey war ganz schön geheimtuerisch.", meldete sich Severin das erste Mal zu Wort.
Hope zuckte zusammen, atmete einmal durch und nahm die Liste an sich.
Ihre Augen überflogen die Namen.
„Moment mal.", meinte sie dann. „Tanith?"
„Ja?"
„Der Kerl, der Grässlich niedergeschlagen hat ..."
„Dieser Affenarsch.", murmelte Tanith dazwischen.
„Wie auch immer. Hieß der nicht auch Brad Meyer?"
Die Blondine kletterte über das Bett hinweg, sodass sie nun neben der Ex-Polizistin saß.
„Hier.", sie zeigte auf den Namen.
„Himmel, Arsch und Zwirn, ja!" Tanith sah zu Grässlich, der vor ihnen stand. „Meinst du, dass das Zufall ist?"
„Ich weiß es nicht.", gestand er, „Vielleicht sollten wir unserem Freund mal einen Besuch abstatten."
„Denke ich auch!", quietschte Severin langgezogen.
„Ja ...", Hope erhob sich und schlüpfte in abgehackten Bewegungen in ihre Stiefel.
„Bevor wir gehen, muss ich noch jemanden anrufen.", Grässlich hielt das schwarze Gerät einmal in die Höh' und verließ das Zimmer.
Tanith sah ihm kurz hinterher, dann wandte sie an die Brünette, die sich die Stiefel band. „Hope?"
„Mh?"
„Was ist los?"
Hope sah auf, blickte sie an und band sich dann den zweiten Stiefel. „Nichts. Alles gut."
„Hör mal, ich kenne dich nicht lange, ..."
Ja, einen Tag erst., dachte Hope.
„... aber ich mag dich - vielleicht weil du mich an Alexandra erinnerst - und ich will, dass du weißt, dass du mir vertrauen kannst."
Hope ließ von den gebundenen Schuhen ab, richtete sich auf um kurz darauf wieder auf das Bett zu sinken. Ihre Augen brannten und hinter ihrer Stirn drückte es, sie schluckte schwer.
„Ich ...", sie brach ab, als ihr Severins Anwesenheit durch ein Schluchzen seinerseits wieder bewusst wurde.
„Was ist?", keifte Tanith in seine Richtung.
„Diese Sentimentalität ... !", wimmerte er.
„Halt die Klappe.", zischte sie und legte Hope eine Hand auf den Rücken. „Entschuldige."
„Schon in Odrung ... Ich, ich meine, mir fällt das alles hier ein bisschen schwer.", gelogen war es ja nicht, sie ließ nur den Teil, in dem ihr Traum vorkam, weg.
„Aber Skulduggery ... Er hat dich doch nicht gezwungen hier her zukommen, oder?", hakte Tanith nach.
Hope wollte gerade antworten, da öffnete sich die Tür und der Schneider kam wieder herein. Tanith wedelte mit der Hand um ihn wieder hinaus zu scheuchen, aber Hope schüttelte den Kopf. „Er kann ruhig bleiben."
Grässlich schloss die Tür und lehnte sich still gegen die Wand.
„Er hat mich nicht gezwungen, obwohl ...", wieder ein Kopfschütteln, „Nein, nein, hat er nicht. Ich habe mich selber dafür entscheiden."
Tanith schwieg, da sie wusste, dass die Ex-Polizisten weitersprechen würde.
„Erst vor ein paar Tagen habe ich meinen Job als Mordermittlerin aufgegeben, weil ich dieses Elend nicht mehr wollte und jetzt? Jetzt arbeite ich schon wieder an der Aufklärung eines Mordes und dazu kommt noch, dass mein ehemaliges Team auch hier ist."
„Du hättest nicht einwilligen müssen.", warf Grässlich ein, es klang keines Falls vorwurfsvoll.
„Irgendwas hat mich dazu getrieben ... Wahrscheinlich will ich einfach die Gewissheit.", sie zuckte mit den Schultern und ergriff ihre Jacke, stand abermals auf. „Können wir?"
„Eh ... Ja.", Tanith schielte zu Grässlich und erhob sich ebenfalls.

*

Still gingen die drei auf die Mamorlobby zu. Grässlich hatte Hope eine Stofftasche besorgt, in der sie Severin mit sich umhertragen konnte, ohne ihn die ganze Zeit in den Händen halten zu müssen.
In der Lobby wuselten die Zauberer, genauso wie den Tag zuvor, schnell hin und her. Auch Tippstaff erblickten sie; er redete gehetzt mit einem Mann, der einen grünen Arbeiteranzug trug.
Sie durchquerten die Lobby und verließen das Sanktuarium durch eine große Tür.
Auf dem Platz vor dem Sanktuarium stand ein Mann, dessen Haare wirr in alle Richtungen abstanden. Seine Hände hatte er in den Hosentaschen vergraben und er scharrte mit einem Fuß eine Kuhle in den Boden.
„Was macht der denn hier?", murmelte Tanith.
„Ich hab ihn angerufen, ich habe keine Lust, Auto zu fahren.", Grässlich zuckte mit den Schultern und steuerte den jungen Mann an.
Als der Mann sie bemerkte, hörte er damit auf, eine Kuhle zu scharren und zog die Hände aus den Taschen.
Er und Grässlich schüttelten sich die Hände, dann ließ er seine wieder sinken. Tanith nickte er nur distanziert zu und fing an, Hope neugierig zu mustern.
„Hope, das ist Fletcher Renn. Fletcher - Hope.", stellte er die beiden gegenseitig vor.
„Hallöchen."
Hope hob grüßen die Hand.
„Dann hätten wir d-"
„Hey! Ich bin auch noch da!", krächzte Severin in einer, für ihn, empörten Tonlage durch den Stoff hindurch.
Fletcher starrte den Stoffbeutel an. „Was zum ...?"
Hope seufzte. „Ich hab in dem Beutel einen Schädel. Er kannt sprechen, aber ist ziemlich ... dämlich.", zum Ende hin wurde sie immer leiser.
„Sach'ma'!"
Sie kniff kurz die Augen zusammen, atmete durch und sah dann zu Tanith.
„Können wir los?", fragte diese sogleich.
„Natürlich.", Fletcher streckte seine Hand nach Hope aus, während Grässlich und Tanith ihn an der Schulter berührten.
„Was wird das?"
„Wir teleportieren.", grinste er und ergriff ihr Handgelenk.
Ehe sie noch etwas erwidern konnte, standen sie schon zwischen den Häusern von Mike Franks und Brad Meyer.
Hope wurde losgelassen und taumelte ein paar Schritte zurück. Die Galle kroch ihr langsam die Speiseröhre hinauf. Sie legte die Hand vor den Mund.
„Geht's?", Fletcher kam auf sie zu.
Sie nickte langsam. „Mir wird gerade nur schwindelig."
„Setz dich kurz."
Sie lehnte sich gegen die Hauswand und rutschte daran herunter. Der Teleporter hockte neben ihr.
„Grässlich, sieh.", Tanith zeigte auf das Absperrband vor Mikes Grundstück. Die Tür lag verkohlt neben den drei Treppenstufen und die Fenster waren eingeschlagen, Wasserlachen hatten sich auf dem gepflasterten Gehweg gebildet. Schwärze hatte sich über die Hauswände gefressen und festgesetzt.
„Es muss gebrannt haben. Ich seh' mich drinnen um."
„Ich komme mit, da lasse ich dich nicht noch einmal alleine rein."
Er sah sie kurz seufzend an, bevor er sich mühelos über den Zaun beförderte und auf das Haus zu ging. Tanith tat es ihm gleich.
Fletcher sah zu, wie sie im Haus verschwanden und wandte sich dann wieder zu Hope. Er ließ sich auf die Knie und klopfte ihr sanft auf das Bein. „Ist's jetzt besser?"
„Geht wieder. Ich bleib trotzdem kurz hier sitzen, ja?"
„Natürlich."
Der Teleporter setzte sich neben sie und lehnte sich an die Wand. „Kann ich den Schädel mal sehen?", fragte er dann neugierig.
Hope drehte ihr Gesicht zu ihm, zögerte. „J-ja." Mit zitternden Händen nahm sie die Tasche ab und legte Severin frei.
„Darf ich?"
Ein abgehacktes Nicken.
Fletcher ergriff ihn und beäugte ihn. Im Gegensatz zu Skulduggerys Schädel, war Severins Kiefer nicht kantig und ihm fehlten tatsächlich zwei Backenzähne.
Was ihn aber am meistern von Skulduggery unterschied, war die Farbe und die Tatsache, dass ihm sein Körper fehlte.
Severin gab ein komisches Geräusch von sich, welches Fletcher zum Quieken brachte.
„Oh Gott.", der Teleporter lachte über seine Reaktion und packte den Schädel zurück in den Stoff.
Als er aufsah, bemerkte er den starren Blick Hopes.
Sein Grinsen verschwand. „Ist wirklich alles in Ordnung?"
Sie reagierte nicht.
Vorsichtig berührte er sie am Oberarm.
Hope zuckte heftig zusammen und schob den Schädel von sich runter. Sie stand auf und rannte, wie von der Tarantel gestochen, los.
Fletcher stand die Verwirrung ins Gesicht geschrieben, trotzdem rappelte er sich auf und verfolgte sie mit dem Blick.
Er teleportierte.
Und Hope lief ihm direkt in die Arme.
Er teleportierte zurück.

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Guten Morgen.
Hatte einfach Lust, noch eins zu posten, joar.
Meldet euch beuxh Rechtschreib- oder Grammatikfehler.

Leni

Der Ring des DrachensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt