6: In der Bar

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Castor:

Meine Joggingrunde beende ich relativ schnell wieder, weil mir eine bessere Idee des Zeitvertreibes in den Sinn gekommen ist.

Außerdem bin ich leicht traumatisiert wegen dem Schock aufgrund des Zusammenpralles mit diesem Dan.

Ich muss leicht über mich selbst schmunzeln, als ich daran denke, wie geschockt er ausgesehen hat, als er mich gefragt hat ob ich schwul bin.
Ich habe echt gedacht, er wollte ein Date oder so. Aber mal ganz ehrlich so schlecht sah er gar nicht aus, im Gegenteil.
Er hatte dunkelbraune, etwas längere Haare und richtig stechende graue Augen. Er war hübsch.
Aber trotzdem... selbst wenn er mich um ein Date gebeten hätte, hätte ich nein gesagt.
Ich bin einfach noch nicht bereit dafür. Ich weiß nicht, ob ich es jemals sein werde.

Nachdem ich mich fertig gemacht habe, schnappe ich mir meine Gitarre und gehe in meine Lieblingsbar.
Manchmal spiele ich dort und bekomme so etwas extra Geld, obwohl ich es wegen meines Jobs eigentlich gar nicht nötig hätte. Aber irgendwie macht es Spaß, mein Talent mit anderen zu teilen, deshalb hab ich ja auch ein Jahr lang auf der Straße gespielt.
Allerdings war ich seit knapp drei Wochen nicht mehr in der Bar. Ich hatte einfach ziemlich viel Arbeit, die ich unbedingt loswerden wollte, und da ich jetzt Arbeitsverbot habe, kann ich mal wieder hierher.

Als ich reinkomme, ist der Laden noch gar nicht so prall gefüllt, weshalb mich der Barkeeper und zugleich Inhaber sofort erkennt.
"Cas! Das ist ja mal eine Überraschung" Freudig lächelnd streckt er mir seine Hand ihn, in die ich dann einschlage.
"Hei Mike", begrüße ich ihn.
"Ich dachte schon, du wärst gestorben", meint er wohl scherzhaft. Naja für mich ist das nicht so lustig...
"Ne ne, ich lebe noch" In Gedanken setze ich ein leider hinzu.
Es ist nicht so als hatte ich eine Todessehnsucht oder wäre Suizidgefährdet, aber seit Lucas' Tod ergibt eben nichts mehr in meinem Leben so richtig Sinn.

Das ist wohl auch der Grund, weshalb ich keine Angst hatte, als dieses kleine Mädchen mich letztens überfallen wollte.
Mein früheres Ich hätte sich wahrscheinlich in die Hosen gemacht und hinter Lucas versteckt, aber das war eben der Grund, weshalb er gestorben ist. Weil er mich beschützt hat. Nur jetzt muss ich selbst auf mich aufpassen...

"Spielst du heute was Schönes?" Mike wischt die Theke ab und fragt mich das ganz beiläufig, weshalb ich mich selbst zurück in die Realität dränge.
"Ja, das war der Plan", gebe ich zurück. Ich setze mich auf einen Hocker und lasse mir erstmal eine Cola bringen. Suchtmittel wie Alkohol, Drogen oder Tabletten vermeide ich, weil ich weiß wie leicht ich von sowas abhängig werde.
Nur mein LSD nehme ich manchmal, wenn ich es brauche. Aber ganz ehrlich, jeder hat doch seine kleinen Wundermittelchen.

Über den Abend hinweg füllt sich die Bar immer weiter, bis ich es irgendwann voll genug finde, um auf die Bühne zu gehen. Dort setze ich mich auf einen Hocker und bringe das Mikro auf Höhe meiner Gitarre an.
Als ich zu spielen beginne, wird es sofort ruhiger in der Bar und viele drehen sich nach mir um.
Mir selbst geht es durch die Laute schon um einiges besser.
Das einzige, was fehlt ist Lucas, der dazu singt. Dann wäre es perfekt.

Nach ein paar Liedern ende ich wieder, lasse mur applaudieren und gehe dann zurück an die Bar, um noch etwas zu trinken, bevor ich nachhause gehe.
Wie jeden Abend werde ich dabei oft angesprochen, meistens von Mädelsgruppen, aber auch ein paar Jungs sind dabei. Sowie Conner, der es jedes Mal bei mir versucht, wenn ich hier bin.
Vielleicht ist auch er ein Grund, weshalb ich die bar die letzten Wochen gemieden habe. Seine billigen Anmachen gehen mir auf den Sack.
"Ich glaube, im Himmel gibt es einen Engel weniger. Sonst wärst du nicht hier" Er lehnt sich halb auf den Tresen und grinst mich an.
Ich kann nur genervt die Augen verdrehen und stöhnen. "Mann Conner, kannst du mich nicht einen Abend in Ruhe lassen?" Böse sehe ich ihn an, aber wie zu erwarten interessiert ihn das wenig.
"Wenn du mich mal einen Abend ranlässt, vielleicht"

Und dann auch noch so unverschämt. Ich habe ja nichts gegen Direktheit, ich sage auch vieles ohne Umschweife, aber das ist doch einfach unter der Gürtellinie.

Ich drehe mich zu ihm und sehe ihn eindringlich an. "Okay jetzt zum Mitschreiben für so unterbelichtete Evolutionsbremsen wie dich: Ich werde nicht mit dir schlafen. Verstanden? Gut, dann kannst du jetzt wieder gehen, ich will nämlich meine Ruhe"
Ich drehe mich wieder meinem Glas zu, aber er hat es wohl nicht ganz kapiert, denn er rutscht so nah an mich heran, dass ich seinen harten Bauch an meiner seine spüre. "Wehr dich nur. Das sind mir die liebsten", haucht er in mein Ohr.
Ich sehe ihn ganz komplett unbeeindruckt an. "Du weißt hoffentlich, dass du gerade wie ein Vergewaltiger klingst" Meine Stimme klingt neutral, während ich ihn darauf hinweise.
Er grinst nur, zwinkert dann einmal und verschwindet wieder.

Als er weg ist, verdrehe ich nochmal die Augen und kippe den Rest meines Getränkes runter, nicht dass er heute nochmal einen Versuch starten will.
Kurz verabschiede ich mich von Mike, ehe ich wieder nachhause gehe.
Dort angekommen, stelle ich meine Gitarre zu den anderen Instrumenten, die ich in einem extra Zimmer stehen habe, und werfe mich ins Bett, wo ich mich liegend ausziehe und dann zudecke.

Mit Absicht sprühe ich mein Bett immer mit Lucas' Aftershave voll, weil ich mir dann vorstellen kann, er sei hier. Und sobald ich einschlafe ist er das auch.

Vertrauen ist auch nur ein Fehler (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt