23: Dans Vergangenheit

2.3K 172 37
                                    


Daniel:

Mit dem Untergang der Sonne haben Cas und ich uns in die Liegende Position verlagert, sodass sein Kopf jetzt auf meinem Bauch liegt und meiner auf meinen Armen.

Ich wusste, dass Cas so ein kitschiger Typ ist, deshalb hab ich das gemacht.
Mein Vater macht mir immer mehr Druck mit dem Auftrag. Es bricht mir das Herz, Cas das alles vormachen zu müssen, aber andererseits kann ich mir so einreden, einen Grund dafür zu haben, dass ich ständig Zeit mit ihm verbringen will.

Irgendwann dreht er sich um, sodass, seine Wange auf meiner Brust liegt und er einen Arm um mich schlingt. Der Kleine ist schon echt kuschelbedürfdig, wenn man sein Temperament mal gezähmt hat.
Und, dass er jetzt schon am Einschlafen ist, nehme ich ihm gar nicht übel, immerhin war er schon die ganze Zeit so müde.
Ich muss mich nur umständlich verbiegen, um eine Decke zu erreichen, damit ich uns vor der Kälte schützen kann.
Als ich die Decke über uns ausbreite, dauert es nicht lange, bis Cas seinen Körper auf meinen schiebt und sich an mich schmiegt. Jetzt habe ich ja kaum eine andere Wahl, als meinen Arme um ihn zu legen oder? Ich tue es.
Außer mir bekommt es ja keiner mit.

Ich würde jetzt ja gern einschlafen, aber irgendwie bin ich total unruhig.
Keine Ahnung, was mit mir los ist, aber entspannt sieht auf jeden Fall anders aus.
Es kann doch nicht an Cas liegen. Er ist immerhin nur ein Typ.

Oh Mann, sogar in Gedanken klingt das falsch.
Ich muss echt aufpassen, dass er mir nicht zu wichtig wird, denn im Endeffekt steht er gegen meine Familie.
Und ich kann ihn einfach nicht darüber stellen. Was wäre ich denn für ein Mensch? Was bin ich für ein Mensch?
Ich weiß, dass ich schrecklich bin. Aber es fühlt sich gerade alles so gut an, ich will gar nicht damit aufhören.
Das ist egoistisch, ich weiß das. Aber es zwingt ja keiner Cas dazu, so viel Zeit mit mir zu verbringen.

Ich hoffe einfach, dass das mit uns auf der freundschaftlichen Ebene bliebt, dann wird mein Verrat vielleicht nicht ganz so schlimm für ihn.
„Dan", murmelt Cas verschlafen. „Du bist total unruhig"
„Sorry", flüstere ich.
Er rollt sich von mir runter.
Toll, gut gemacht, Daniel.

Mein Hass auf mich selbst verschwindet aber sofort wieder, als Cas mich zu sich zieht, sodass mein Kopf an seiner Schulter liegt.
Er küsst meine Stirn. „Was ist los?", murmelt er.
Er kann nicht mal die Augen aufmachen, man hört sogar an seiner Stimme, wie müde er ist, aber trotzdem will er sich um meinen Sorgen kümmern.

Ich schüttele den Kopf. „Nichts"
Cas greift nach meinem Arm und legt meine Hand auf seine Brust und seine dann auf meine. „Konzentriere dich einfach auf meinen Herzschlag", meint er, schiebt den anderen Arm unter meinem Kopf durch.

Ich verlagere meinen Kopf von seiner Schulter zu seiner Brust. Sein Herz pocht stark darin, in regelmäßigen Abständen.
Aber, dass es mir dadurch besser geht, macht alles nur noch schlimmer.

Eigentlich will ich nur meiner Mum helfen. Seit sie den Schlaganfall damals hatte, braucht sie eine Rundum-Betreuung, aber wir haben nicht das Geld dafür und Krankenkassen zahlen nur das nötigste wenn überhaupt.
Deshalb brauche ich das Geld von meinem leiblichen Vater, um meiner Familie zu helfen, da sie jetzt auch nicht mehr arbeiten gehen kann und jemand ihre Behandlung zahlen muss.

Mein älterer Adoptivbruder kann nichts zahlen, weil er im Studium steckt und sein Geld für seine Wohnung und Lernmaterialien braucht, meine jüngste Schwester ist gerade mal 15, so bleiben also nur noch Serena, mein Adoptivvater und ich.
Ich würde mich ja gerne selbst um meine Mutter kümmern, das würde ich wirklich, doch seit ich meinen Onkel zusammengeschlagen habe, will mich in meiner Familie keiner mehr sehen.
Dabei interessiert es sie wenig, dass ich das nur gemacht habe, weil er mich jahrelang verprügelt hat.

Warum? Tja, ich hab doch schon erzählt, dass meinen ersten Erfahrungen mit einem Jungen nicht wirklich gut angekommen sind.
To be honest, mein Onkel meinte, mir das ausprügeln zu können und daran hat er dann Spaß wohl gefunden.

Alle wussten, was vor sich ging, aber keiner hat was gemacht.
Ich nehme es ihnen nicht mal übel, ich würde mich auch nicht vor die fliegende Faust meines Onkels stellen, wenn ich eine Wahl hätte.
Tom, mein Adoptivbruder hat wenigstens versucht, mir beizubringen wie ich mich wehren kann.
Als ich das dann gemacht und komplett eskaliert bin, fanden das die andere aber nicht so toll...

Naja, jedenfalls wollten sie mich rausschmeißen, aber ich meine, sie dürften das nicht, weil ich immer noch zur Familie gehöre und das Ende der Geschichte besteht darin, dass mir eröffnet wurde, dass ich adoptiert bin.

Kurz darauf hat meine Mutter den Schlaganfall erlitten und ich musste da einfach weg. Deshalb bin ich hierhergekommen, um meine echten Eltern zu suchen.

Meinen Dad hab ich gefunden und gebracht hat es auch was. Nämlich, dass ich gerade in den Armen eines Kerls liege und sein Hemd vollheule. Na super.
Wieder mal so männlich unterwegs, Daniel. Sei stolz auf dich, du Testosteronbulle!

Natürlich merkt Cas, dass mein Körper leicht zu beben anfängt.
Anfangs tut er gar nichts.
Sowie alle anderen, nur wegsehen, weg hören, ist ja nicht ihr Problem.

Ich bin einfach keinem wichtig genug, damit er Partei für mich ergreift.

Doch Cas ist anders, denn er drückt mich von sich runter und legt sich so, dass wir Gesicht an Gesicht voreinander liegen.

Ich will mich wegdrehen.
Keiner findet es schön, wenn man ihm beim Weinen zusieht und ich will ja eigentlich heiß und verführerisch auf ihn wirken, da bringt mein Geheule nichts, aber Cas sorgt dafür, dass ich ihn weiter ansehe.
Er tut nicht viel, er legt nur die Spitze seines Zeigefingers an mein Kinn, ganz sanft, während er mir in die Augen sieht.

Er sieht immer noch total müde aus, aber nicht so als würde es ihn nerven, dass ich ihn vom schlafen abhalte.
Er wartet einfach still, bis meine Tränen versiegt sind und streicht sie mir dann von den Wangen, ehe er näher an mich heranrutscht, sodass seine Nasenspitze meine berührt.

Stumm sieht er mich an.
Er muss gar nichts sagen. Er weiß, wenn ich darüber reden will, dann tue ich das und zwar mit ihm.
Aber ich bin einfach nicht so weit.

Außerdem sollte ich immer beachten, dass alles was zwischen ihm und mir ist, nur auf einer Lüge basiert.
Okay unser erstes Treffen war vielleicht zufällig, aber dass ich ihm da keine reingehauen habe, nicht.

Trotzdem ist nicht alles zwischen uns fake. Ich spüre es doch. Ganz deutlich.
Aber was bedeutet das schon? Wenn Cas herausfindet, wer ich wirklich bin, dann ist er genauso schnell weg wie alle anderen auch.

Nur bei ihm bin ich mir sicher, es würde auch noch den letzten Rest Menschlichkeit in mir zerstören.

Vertrauen ist auch nur ein Fehler (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt