Castor:
Obwohl mein Dad wollte, dass Dan und ich ganz vorne sitzen, haben wir uns nach ganz hinten verzogen und beobachten alles aus sicherem Abstand.
Ich erkenne viele bekannte Gesichter, ignoriere einfach, dass ich oft angestarrt werde.
Dan hält meine Hand immer noch, wofür ich ihm sehr dankbar bin.
Ich bin fest davon überzeugt, Lucas und ich hätten auch geheiratet.
Er hätte mich überredet kleine, nervige Kinder zu adoptieren und ich hätte mich dann doch darüber gefreut, dass wir es getan haben.
Dann hätte ich die Mami gespielt und jeden Tag darauf warten, bis er nachhause kommt, damit ich mich nach seinem anstrengenden Arbeitstag um sein Wohlbefinden kümmern kann. Wir hätten kaum mehr Zeit zu zweit gehabt, wegen den Kindern, doch wenn, dann wäre sie wertvoll gewesen. Und irgendwann hätten wir dann geheult, weil unsere Kinder ausziehen und erwachsen geworden sind und wir nur noch faltige alte Säcke.
Genauso habe ich mir das vorgestellt. Aber dazu wird es nicht kommen.Während der Trauung sinkt mein Kopf auf Dans Schulter.
Er scheint nichts dagegen zu haben, denn er lässt ihn da liegen und lehnt seinen Kopf an meinen.
Kurz bilde ich mir sogar ein, er würde meine Locken küssen, aber naja, wie gesagt Einbildung...Ich kämpfe damit, nicht einzuschlafen, weil ich nach wie vor müde bin, auch wenn ich nicht mehr so aussehe und meine Position mehr als gemütlich ist.
Kurz bevor ich aber wegnicke, ertönt dann Applaus und mein Vater küsst Miranda. Endlich.
∆∆∆∆
Kurz danach stehen viele Leute draußen und bewerfen Miranda und meine Dad mit Reis und solchen Sachen, die angeblich Glück bringen sollen.
Die beiden wirken echt glücklich, während sie sich beglückwünschen lassen.Dan und ich halten uns eher im Hintergrund, solange bis die meisten Leute weg sind und zur Location fahren.
Miranda hat mich schon vor einer Weile entdeckt und seitdem den Blickkontakt nicht mehr gelöst.
Dan weiß, dass sie Lucas' Mutter ist, er weiß, dass ich Angst vor ihrer Reaktion habe. Aber ich muss hingehen und meinen Dad beglückwünschen.Zum erstem mal heute lasse ich Dan los und gehe zu meinem Vater, um ihn zu umarmen. „Glückwunsch, Dad"
Er ist echt fröhlich, während er mich umarmt.
Ich gönne ihm das echt nach den 20 Jahren Hölle, in der er mit meiner Mutter zusammen gelebt hat.Als er mich wieder loslässt, sehe ich unsicher zu Miranda.
Sie sieht mich emotionslos an.
Doch im nächsten Moment breitet sie die Arme aus. „Willst du deiner Stiefmutter kein Küsschen geben?"Sie lächelt und scheint es echt ernst zu meinen.
Also drücke ich meine Lippen auf ihre Wange und umarme sie.
„Och Gottchen, du bist so groß geworden, mein kleiner Spatz"
So hat sie mich froher immer genannt, wenn ich zu Besuch war und ihr Essen verputzt hab, als sei ich am Verhungern. Also immer...Als sie sich von mir löst, drückt sie ihre Lippen auf meine Wange. „Alles, was ich gesagt habe, Castor... Vergiss das bitte wieder. Ich weiß, dass du keine Schuld trägst. Es tut mir leid, wie ich damals reagiert habe."
Ich nicke gerührt.Es hat mir ja schon viel bedeutet, dass Coleen mir verziehen hat, aber Lucas' Mum reißt echt alles raus.
Einzelne Tränen schleichen sich über meine Wangen. Und es sind Freuden-Tränen.
Ich weiß nicht wieso, aber ich habe so eine Ahnung, dass Dan hinter mir steht, schon bevor er seine Hand auf meine Schulter legt. Ich will mich grade echt gern in seine Arme werfen, aber vor Miranda kommt mir das falsch vor.
Was, wenn sie denkt, ich bin schon über Lucas hinweg? 4 Jahre sind doch nichts oder?
Sie aber sieht neugierig zu Dan. „Und du bist dann Castors Freund?", fragt sie.
Er reicht ihr die Hand. „Daniel und ich bin nur ein Freund"
Danke, Dan.„Herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit. Sie sind ein bezauberndes Paar" Klar, da packt er wieder seinen Charme aus.
Miranda lächelt. „Danke, Daniel."Dann beglückwünscht Dan auch meinen Dad, der sich ebenfalls glücklich bedankt.
Kurz danach steigen die beiden in ein Auto, das sie zur Feierlocation führt, und Dan und ich müssen zurück zu seinem Auto laufen.Dort angekommen, hindert er mich an einsteigen, indem er die schon halb geöffnete Tür wieder zudrückt und dafür sorgt, dass mit dem Rücken dagegen lehne.
Wortlos streicht er konzentriert mit den Daumen über meine Wangen.
Dann grinst er leicht, leckt seinen Daumen ab und schrubbt an meiner Wange herum.
„Tränen und Lippenstift", erklärt er.
Ich nicke verstehend. „Danke"
Er lacht leicht. „Schon gut. Ich muss ja dafür sorgen, dass ich mit meinem Begleiter angeben kann"Ich schüttele schnell den Kopf und fasse nach beiden seiner Hände. Ernst sehe ich ihn an. „Ich meine es ernst, Dan. Danke. Für alles"
Er lächelt und drückt meine Hände. „Du musst dich nicht bedanken. Ich bin gerne in deiner Nähe, vor allem, wenn du glücklich bist, also muss ich ja dafür sorgen, dass du es bist" Dan drückt er mir einen Kuss auf die Stirn.Für einen Moment schließe ich die Augen und genieße es.
Aber der Moment ist sofort vorbei, als Lucas' Bild vor meinem inneren Auge auftaucht.Etwas zu energisch stoße ich Dan weg.
„Wow, ganz ruhig" beschwichtigend hebt er die Hände.
„Sorry", murmle ich überrascht von meiner Kraft.Ich will ihn eigentlich gar nicht wegstoßen, seine Nähe tut mir gut. Aber eben zu gut.
Er geht nicht mehr darauf ein, sondern geht um das Auto herum. „Fahren wir dann jetzt zur Location? Ich hab echt Hunger"
Ohne eine Antwort abzuwarten, steigt er ein.
Oh Mann, ich hab so ein schlechtes Gewissen.Still setze ich mich zu ihm. Die Adresse hat er schon in sein Handynavi eingetippt und folgt nun den Anweisungen zu einem naheliegenden Waldstück, das an einen See anschließt.
Mehrere beleuchtete Pavilions sind hier angebracht und der Boden ist mit Parkett belegt. Wow, das war bestimmt nicht billig.
Zögerlich laufe ich neben Daniel her zu den Pavillons.
Es hat mich besser gefallen, als er meine Hang gehalten hat.
Da hab ich mich nicht so hilflos, klein und mickig gefühlt.Obwohl der Tag gar nicht so schlimm war, wie erwartet habe, will ich einfach nur ins Bett.
Aber der Tag ist ja noch lange nicht vorbei...
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Vertrauen ist auch nur ein Fehler (boyxboy)
Teen FictionEinen Job, der Spaß macht, eine eigene Wohnung, keine Geldsorgen und komplett zufrieden mit den sozialen Kontakten. So sieht Castors Leben aus. Auf den ersten Blick beneidenswert, wäre da nicht die Sache, die sich hinter der ersten Schicht verdeckt...