54: Das Ultimatum

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Castor:

Ist das grade echt passiert?
Oh Gott, so wie er mich ansieht, ist es echt passiert.
So gut, wie sich meine Lippen anfühlen, so wie sie nach mehr schreien, aber ich kann es ihnen einfach nicht geben.

Was sollte dieser Kuss denn schon heißen?
Okay, jetzt glaube ich ihm zumindest, dass er mich nicht verraten hat, doch es verwirrt mich auf komplett anderer Ebene.

Ich habe so lange auf einen Kuss gewartet, drauf, dass ich dazu bereit bin, aber jetzt... Einerseits will ich nie wieder aufhören ihn zu küssen und andererseits fühlt es sich so unglaublich falsch an.

Ich weiß nicht, ob es an dieser Situation liegt oder an dem schlechten Gefühl, das ich habe, was nicht nur daran liegt, dass mein Job auf der Kippe steht.

Dan wagt wieder einen Versuch, indem er einen kleinen Stritt zu mir macht und mir die Locken aus der Stirn streicht.
Er sieht mich so liebevoll dabei an, dass ich kaum glauben kann, ihm unterstellt zu haben, dass er mich verraten hat.
Aber da ist etwas, das mich von ihm fernhält.

Seufzend nehme ich seine Hand und führe sie von meinem Gesicht weg.
Auch ohne ihn anzusehen, weiß ich wie sehr ihn dieses hin und her verletzt und verwirrt. Mir geht es ja selbst so.

„Sag mir doch, was ich machen soll", Dan klingt so flehend, das ich nun noch zu ihm hochsehe.
Er sieht verzweifelt aus. „Sag mir, was ich machen soll, damit du mich küssen kannst, ohne an ihn zu denken"

Ist es das? Ist das der Grund, weshalb ich mich schlecht fühle? Ist es Lucas?
Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass es Dan verletzten muss.
Zwar habe ich keine Ahnung, wieso er das sagt, wieso er mich überhaupt küssen will, aber er scheint mir so ehrlich im Moment... Doch ich spüre noch immer etwas zwischen uns.

„Du kannst gar nichts machen", murmele ich. „Ich muss einfach nur nachdenken" Ich will an ihm vorbei gehen, aber er hält mich fest.

„Nein" Ernst sieht er mich an. „Denk nicht darüber nach. Sag mir einfach, was du fühlst. Jetzt und hier, aber sagt mir die Wahrheit"
Mein Blick wandert zu der Stelle, an der er mich festhält und ich weiß, er wird nicht loslassen, bis er seine Antwort hat.
Das Problem ist nur, ich habe sie selbst nicht. "Ich weiß es nicht, Dan. Ich..." Ich seufze frustriert.

Er lässt mich los. „Dann geh"
Seine Stimme klingt kalt, so als wolle die Kälte einen Schmerz einfrieren.

Unsicher sehe ich zu ihm hoch. „Ich mag dich wirklich..."
Er schnaubt und schüttelt den Kopf, während er die Zähne zusammen presst. „Geh einfach. Aber ich werde nicht auf dich warten"
Ich schlucke hart.

Er zwingt mich zu einer Entscheidung, das weiß ich genauso gut wie er.
Er will mich entweder ganz oder gar nicht.
Jetzt oder nie.

Aber ich bin nicht bereit, diese Entscheidung zu treffen. „Dan, bitte gib mir ein bisschen Zeit", bettle ich.
Ich will nicht gehen, in dem Wissen ihn dadurch zu verlieren.

Er schüttelt den Kopf und sieht mich an. „Du hattest genügend Zeit. Sag mir einfach, was du fühlst, wenn ich dich berühre. Nur das"

Wie ich mich fühe, wenn er mich berüht?
Sicher.
Wie ich mich fühle, wenn er mich im Arm hält?
Zuhause. Angekommen. Geborgen.
Aber was, wenn ich ihm das jetzt sage?
Entscheide ich mich somit für ihn?
Habe ich das nicht schon getan, indem ich Lucas habe gehen lassen?
Aber ich weiß immer noch nicht, was es mit der Erpressung seines Vaters auf sich hat. Kann ich riskieren jemandem meine Gefühle zu gestehen, der das Produkt eines so kranken Menschen ist?
Normalerweise würde ich ja sagen, die Liebe ist es wert die Gefahr einzugehen, aber nach alledem, was ich erlebt habe, verstehe ich endlich, was mein Vater damals bei der Scheidung zu meiner Mutter gemeint hat mit: Manchmal ist Liebe einfach nicht genug.

Er merkt wohl, dass ich nicht antworten werde, denn er schnaubt. „Okay weißt du was? Wenn du Zeit willst, bekommst du sie. Du bekommst eine Woche. Denk worüber auch immer nach und wenn du dann zu mir kommst, bedeutet das, du wirst auch bei mir bleiben. An meiner Seite, für immer. Aber wenn du es nicht tust, dann ist das hier unser letztes Gespräch. Für immer. Ich werde gehen, in dieser Stadt hält mich rein gar nichts, wenn du mich nicht willst"

Ich will ihm so gern etwas sagen, dafür sorgen, dass er aufhört so leidend auszusehen, aber keine Worte verlassen meine Lippen.

Und er geht einfach an mir vorbei, lässt mich hier mit pochendem Herzen total überfordert stehen.

Vertrauen ist auch nur ein Fehler (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt