14: Der missglückte Kuss

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Castor:

„Wer ist das denn?" Überfordert streckt Dan mir mein Handy hin und zeigt auf den Bildschirm.

Wir haben uns Pizza gebacken und solange sie im Ofen steht, wollte er sich weitere Bilder von Lucas und mir ansehen, weshalb er durch meine Galerie blättert.
Jetzt aber hält er mir ein Bild vor, auf dem ich Cody küsse.

Ich kichere leicht. „Das ist Cody. Er war mein bester Freund mit sowas wie gewissen Vorzügen, bevor ich mit Lucas zusammen gekommen bin"
Dan zieht die Augenbrauen hoch, sagt aber nichts dazu, ehe er weiter blättert.

Irgendwann beginnt er zu lachen und ich blicke neugierig auf den Bildschirm, nur um ein Bild zu sehen, auf dem ich wie ein Mädchen aussehe. „Also ich muss schon sagen, wärst du ein Mädchen, würden wir uns die Zeit jetzt ganz anders vertreiben. Raw" Er knurrt mich an, weshalb ich lachen muss.
Das heißt doch unterschwellig, dass er mich heiß findet oder?

„Hast du eigentlich keine Freundin?", frage ich ihn, immerhin ist es Freitagnacht und er sitzt bei mir in der Küche...
Er zuckt desinteressiert mit den Schultern. „Definier das mal. Für Frauen ist man doch schon nach dem ersten Mal Rummachen zusammen, auch wenn es nur aus Langeweile passiert ist. Jetzt fick ein paar Mal mit der, weil du dicke Eier hast und plötzlich ist die sauer, weil du ihren Geburtstags vergessen hast, obwohl du nicht mal wusstest, wann sie überhaupt hat oder noch besser, nenn sie beim falschen Namen. Auf einmal heißt es, du liebst mich gar nicht bla bla bla und dann realisiert du, dass du anscheinend die letzten Wochen in einer Beziehung warst, von der du nichts wusstest und deine sogeannte Freundin dann wohl unabsichtlich betrogen hast" Er sieht wieder desinteressiert auf mein Handy, nachdem er das ganz beiläufig erklärt hat.

Ich muss lachen.
Dan erinnert mich manchmal echt an mich selbst. Naja nur, dass ich das mit Jungs gemacht habe, was er mit Mädchen macht.

„Jungs sind da gar nicht so anders. Liebe ist eben Liebe und sie macht einen zu einem Frack, wenn sie nicht erwidert wird", erkläre ich ihm. Brad, ein guter Freund vor mir, hat mir das mal vermittelt. Er war damals in mich verknallt und ich in Lucas, aber trotzdem hat Er mich getröstet. Ich weiß ehrlich gesagt hat nicht, wie es ihm so geht. Seit ich von Zuhause weg bin, habe ich nur noch mit Dad Kontakt. Das einzige, was ich weiß ist, dass Cooper Brad wohl nach Lucas' Tod seine Liebe gestanden hat und sie dann zusammen gekommen sind. Was jetzt mit ihnen ist? Keine ahnung.

Dan nickt nur und blättert weiter durch meine Galerie.
Kurz darauf legt er das Handy aber weg und sieht mich mit einem seltsamen Ausdruck an, was bedeutet, dass er mir hingegen aller Erwartung wohl zugehört hat.

„Ich war noch nie verliebt", meint er dann aus dem Nichts.
Aus hochgezogenen Augenbrauen sehe ich ihn an. „Nicht mal ein bisschen?"
Er schüttelt den Kopf, weshalb ich grinsen muss. „Woher willst du dann wissen, dass du hetero bist, wenn du noch nie Gefühle für ein Mädchen hattest?"
"Ich hatte schon Gefühle", meint er. "Erregung" Er zwinkert mich an, weshalb ich lachen muss. Er ist echt ein Player. Und er spielt mit mir, das ist mir schon klar. Die Frage ist nur, warum ich mitspiele.

„Hast du das bei Männern nie gefühlt? Nicht mal ein kleines bisschen?" So wie ich ihn kenne, erwarte ich einen angeekelten Blick und ein schnelles Kopfschütteln.
Aber stattdessen legt er den Kopf schief und sieht mich ernst an. „Ich werde dir jetzt etwas sagen, das ich noch nie jemandem erzählt habe", meint er. „Und wehe du lachst"
Schnell hebe ich zwei Finger hoch, um ihm mein Versprechen zu geben. Allerdings muss ich jetzt schon schmunzeln, nur aufgrund seines Blicks.

Er atmet tief durch und spricht es dann aus. "Ich hab mal mit so einem Typen rumgemacht" Er sieht aus, als beichte er mir, dass er die Queen erschossen und einen Doppelgänger an ihren Platz gestellt hat, weshalb ich kurz davor bin, mein Versprechen zu brechen.
Aber ich reiße mich zusammen. „Und?", frage ich.
Er sieht leicht verzweifelt aus. „Und ganz so schlecht wie ich mir das seit Jahren einrede, war es nicht mal. Aber die Leute, die es mitbekommen haben, haben nicht wirklich positiv darauf reagiert. Viele haben uns total komisch angeschaut und er selbst meinte dann, er wäre keine Schwuchtel und ich solle mir keine Hoffnungen machen. Da war ich 15 oder so. Ich war jetzt nicht in den verknallt oder so aber verletzt hat mich das schon. Und ich war total verwirrt. Naja und dann habe ich angefangen, mit Frauen zu schlafen, vielen Frauen. Von den meisten weiß ich nicht mal mehr den Namen oder wie sie aussehen"

Kritisch sieht er mich an und wartet auf eine Reaktion.
Es wundert mich nicht, dass er mir das erzählt, was man eigentlich nur seinen besten Freunden sagen würde, doch er weiß, dass ich der letzte auf der Welt bin, der ihn verurteilen wird.

"Sag mal, warst du denn glücklich, als du das gemacht hast?"
Er schüttelt den Kopf auf meine Frage hin.
Zum ersten Mal sieht er unsicher aus.
Aufmunternd strecke ich mich naher zu ihm. "Dann hast du doch deine Antwort schon."

Ihm zu offenbaren, dass er vielleicht bi oder schwul sein konnte bringt nichts, dann würde er nur eine Mauer aufbauen und alles abprallen lassen und zurückweisen, doch so muss er verstehen, dass ich ihm das nicht einrede, sondern es seine Gefühle sind.

Dan sieht zu mir runter, eindringlich sehe ich ihn an.
Dann plötzlich bewegt er seinen Kopf zu mir runter, doch ich drücke ihn an der Brust weg.

Geschockt starrt er mich an. „Sag bitte nicht, dass ich das grade tun wollte"
Er rauft sich die Haare.
Der Arme ist echt ziemlich verwirrt.

Beruhigend lege ich ihm die Hand auf die Schulter, meinen eigenen Schock ignorierend „Hör zu, ich würde dir echt gerne helfen herauszufinden, was mit dir ist, aber ich kann dir körperlich nicht nahe kommen, damit du es rausfinden kannst. Seit Lucas hab ich... Es gab seit Lucas keinen mehr für mich, egal auf welcher Ebene und das will ich nicht für einen bedeutungslosen Kuss oder so wegwerfen. Aber wir können dir bestimmt nen süßen Typen suchen und du kannst dich mit dem ausprobieren" Aufmunternd lächele ich ihn an, doch er schüttelt schnell den Kopf. „Ich glaube, ich sollte gehen", meint er.

Ich will ihn nicht mal abhalten.
Klar fühle ich mich besser, wenn ich nicht alleine sein muss und er mich ablenkt, aber er hat seinen eigenen Scheiß, mit dem er klarkommen muss. Das verstehe ich. Ich hab das alles immerhin auch schon durchgemacht.

„Wenn du Zeit brauchst, kannst du gehen, aber du musst nicht. Außerdem warte ich immer noch auf das Gewitter", lächele ich.
Er meidet den Blick auf mich. „Ich gehe lieber. Du bringst meine Gedanken ganz durcheinander" Er sieht frustriert aus, doch ich schmunzele darüber und begleite ihn zur Tür.

Davor angekommen, wagt er es nun doch mich anzusehen. „Sorry, dass ich dich allein lasse, aber ich... und Sorry wegen eben" Dass er auf den missglückten Kuss anspielt, sieht man schon an seiner Mimik.
Seufzend ziehe ich seinen Kopf zu mir runter, umseine Wange zu küssen. „Kein Problem, Dan. Melde dich, wenn du reden willst oder vielleicht was wissen willst oder so"was
Er nickt leicht, setzt ein Lächeln auf und geht dann.

Ich sehe ihm hinterher, mir diesem seltsamen Gefühl. Vor ein paar Stunden noch wollte ich nicht mal mehr das Bett verlassen, aber Dan hat mir geholfen und jetzt ist er es, der klarkommen muss.
Irgendwie fühle ich mich schuldig. Aber irgendwie weiß ich auch, dass es besser so ist. Er kann ja nicht vor der Wahrheit davon kaufen falls sie in ihm ist. Und wenn nicht, dann war er eben nur kurz verwirrt. Ich kann es ihm nicht verübeln immerhin bin ich in Boxer vor ihm gestanden. Da würde doch jeder hetero seine Sexualität anzweifeln...

Aber für mich ist klar, ich kann mich nicht auf einen anderen als Lucas einlassen. Das fühlt sich so an als würde ich ihn betrügen. Und das wurde ich niemals tun.

Vertrauen ist auch nur ein Fehler (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt