Daniel:
Lachend stecke ich mein Handy weg.
Cas spinnt doch echt und er steigert sich in die Sache viel zu sehr rein.Einerseits frage ich mich, ob ich bei meinem Rumgespiele vielleicht ausversehen etwas aufgenommen habe, doch anderseits wie ich, dass meine Stimme nicht gut genug ist, um jemandem so zum Eskalieren zu bringen.
Mein Dad meinte immerhin, ich solle mit meinem Traum keine Zeit verschwenden, weil ich nicht das Zeug zum Sänger hätte.
Naja, wie auch immer.Nachdem ich mit Cas telefoniert habe, habe ich auch keine Lust mehr aufs Laufen, sondern packe meine Sachen für das Wochenende bei seinem Vater.
Ich bin echt gespannt darauf, ihn kennenzulernen.Ob er wohl so ist wie Cas?
Also am Telefon klang er auf jedenfalls um einiges aufgeschlossener als Cas selbst in seinen besten Momenten.
Und nett hat er auch geklungen.
Keiner meiner Väter war das jemals...Wenn man bedenkt, dass ich im Gegensatz zu vielen anderen die doppelte Anzahl an Eltern haben, ist meine Quote von wenigstens einem tollen Elternteil echt scheiße.
Naja, meine Mum war ganz ok, bis zu dem Schlaganfall halt.Seufzend werfe ich mir Sachen in die Tasche, bis ich fertig bin und mich aufs Sofa verziehe.
Serena trifft sich heute mit ihren Freundinnen, das heißt, ich kann mir meine Serien reinziehen ohne dafür verurteilt zu werden, heulen zu müssen, wenn jemand stirbt, den ich mag.Sorry, aber bei sowas bin ich echt verdammt emotional.
Ich freue mich schon wie ein Kleinkind, endlich mal wieder abschalten, entspannen, all diese Emotionen zulassen, aber bevor mein Arsch das Sofa richtig berührt, klopft es schon an der Tür.
Verwirrt gehe ich hin.
Cas weiß doch gar nicht, wo ich wohne und Serena hat einen Schlüssel.
Zu viel mehr Menschen habe ich keinen Kontakt.Als ich aber die Tür öffne, sehe ich, dass mein Bruder davor steht. Naja, mein Halbbruder. So viel Kontakt habe ich zu ihm eigentlich nicht, doch so wie er zugerichtet ist, wundert es mich nicht, dass er zu mir kommt.
Mich kennt immerhin keiner. Das heißt, egal, wer ihm das angetan hat, keiner vermutet ihn bei mir.Ohne viele Worte lasse ich ihn rein und schließe dann hinter ihm die Tür.
Sein Gesicht ist total blutig geschalten, an manchen stellen blau und geschwollen und er hält sich das Handgelenk.
„Was ist passiert?",frage ich verwirrt.
Dann tut er etwas, das ich niemals erwartet hätte.
Er umarmt mich.Zaghaft erwidere ich es und versuche eine Hilfe zu sein. In Wahrheit habe ich einfach keinen Plan, was ich mit ihm anstellen soll.
„Robin" Ich spreche seinen Namen eindringlich aus, damit er mit mir redet.
Er löst sich wieder von mir, sieht mich mit einem verzweifelten Ausdruck an. „Er hat schon wieder getrunken", ist sein erster Satz heute.
„Wer denn?" Ich führe ihn zum Sofa und lasse ihn sich darauf setzen. „Warte hier" Dann gehe ich in die Küche, hole ihm ein Glas Wasser, Verbandszeug und einen kalten Lappen, mit dem ich über seine Wunden tupfe, sowie einen Kühlpack für sein Handgelenk, auf dem Griffspuren sichtbar sind.„Hat John das gemacht?", frage ich meinen Bruder.
Es würde mich nicht wundern, wenn unser Vater so ein gewalttätiger Schläger und Säufer wäre.
Er aber schüttelt den Kopf.„Brooklyn", meint er leise. „Er hat gesagt, er macht es nicht mehr. Lange war das auch so, aber heute hatte er Probleme auf der Arbeit und dann hat er wieder so viel getrunken und ist einfach ausgerastet. Ich hätte mich natürlich wehren können, aber ich wollte ihm nicht wehtun" Beschämt sieht er weg, weicht meinem Blick aus.
Ich habe meinen Halbbruder als arroganten Idioten kennengelernt, der zwar ganz nett ist, aber immer schön auf Distanz bleibt, doch jetzt... Was ist aus ihm geworden?
„Ist Brooklyn dein Mitbewohner?", frage ich ihn, während ich ihn bestmöglich verarzte.
Er schluckt einmal heftig. „Nicht nur. Er ist..."
Dann sieht er mir zum ersten Mal heute in die Augen und irgendwie weiß ich schon, was er mir sagen will.
„Bist du mit ihm zusammen?"
Er nickt zaghaft.„Schmeißt du mich jetzt raus sowie Dad?"
Auch wenn es unpassend ist, ich muss leicht lachen. „Nein, du Dummkopf, natürlich nicht."
Was denkt der denn von mir, also bitte. Ausgerechnet von mir.„Erzähl mir alles über dich und Brooklyn", forderte ich dann, während ich seine Schrammen einsalbe.
Er zuckt mit den Schultern. „Was soll ich denn erzählen? Wir haben uns vor Ewigkeiten kennengelernt. Ich hatte damals noch eine Freundin und wusste nicht mal, dass ich auch auf Männer stehe. Aber irgendwie - keine Ahnung wie- bin ihm so nahe gekommen ohne zu wissen, was es bedeutet. Und plötzlich stand meine ganze Welt auf dem Kopf, ich war hoffnungslos in ihn verknallt und er hat verlangt, dass sich mit meiner Freundin Schluss mache. Ich hab's gemacht. Dann wollte er, dass ich mich oute... Ich hab's gemacht. Dad hat mich rausgeworfen und ich bin bei Brook eingezogen. Anfangs war alles auch total schön, er war immer so süß und hat sich um mich gekümmert. Er war so..."
Robin beißt die Zähne zusammen.
„...Er war so liebevoll. Aber seit einem halben Jahr rastet er immer wieder grundlos aus und geht dann auf mich los. Anfangs war er nur beim Sex gröber als sonst, aber dann auch im normalen Umgang, bis er mich zum ersten Mal geschlagen hat. Es war nur eine Ohrfeige, nichts besonders. Und die hatte ich auch verdient, aber es wurde immer schlimmer. Es waren nur kurze Momente und danach konnte er sich auch gar nicht mehr daran erinnern. Als er mich dann gesehen hat, ist er ausgerastet wollte denjenigen suchen, der mich so zugerichtet hat"
Robin lief einen Träne über die Wange.
„Als ich ihm klargemacht habe, dass er das war, ist er total zusammengebrochen. Immer, wenn er so gewalttätig ist, hat er den totalen Blackout und seitdem er auch noch trinkt, ist es noch schlimmer. Aber es sind nur Phasen. Die meiste Zeit ist er noch immer so lieb und ich hab auch gar keine Angst oder so. Die letzten Wochen war er auch ganz normal. Aber heute... Es ist einfach mit ihm durchgegangen. Und ich wusste nicht, wo ich hinsoll. Wir haben nur gemeinsame Freunde, die würden ihn alle informieren, dass ich da bin. Dad öffnet mir die Tür nicht mehr, solange ich mit Brook zusammen bin, also bist nur du mir eingefallen."
Vorsichtig sieht er mich an.„Oh Robin", seufze ich. Wieso ist mir das nie aufgefallen?
„Weißt du, was mit ihm los ist? Warum er so ausrastet?", frage ich meinen Bruder.
Er schüttelt den Kopf. „Sowas ist eigentlich auch gar nicht seine Art... Er könnte keiner Fliege was zu leide tun"„Willst du zurück zu ihm?"
Robin nickt zaghaft. „Ich liebe ihn"
„Und liebt er dich auch?"
Robin sieht überrascht aus, ehe er schnell nickt. „Ganz sicher"
„Wieso tut er dir dann weh? Heißt zu lieben nicht genau das Gegenteil?"
Robin schüttelt den Kopf. „Er liebt mich. Er liebt mich, ich weiß, dass er mich liebt" Er wiederholt es wie ein Mantra und ich sitze da, sehe ihm dabei zu und erkenne mich selbst wieder, wenn mein Onkel mich in die Finger bekommen hat.
Nur dass ich ihn nie geliebt habe und ich wusste, dass er bei mir auch nicht tat.Doch, ich bezweifle sehr stark, dass Brooklyn Robin liebt.
Ich könnte Cas sowas niemals antun.
Niemals...
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Vertrauen ist auch nur ein Fehler (boyxboy)
Teen FictionEinen Job, der Spaß macht, eine eigene Wohnung, keine Geldsorgen und komplett zufrieden mit den sozialen Kontakten. So sieht Castors Leben aus. Auf den ersten Blick beneidenswert, wäre da nicht die Sache, die sich hinter der ersten Schicht verdeckt...