Epilog 1

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Daniel:

Er legte den Kopf schief, ehe er von mir zu dem Abgrund sah und einen kleinen Schritt vorne machte.
Ich tat es ihm gleich.
Er schien zu überprüfen, wie weit ich gehen würde, solange, bis wir beide mit den Zehenspitzen über dem Abgrund standen.

„Das ist doch verrückt, kommt da weg!", schrie Cody, aber wir beide ignorierten es.

„Wie kann ich mir sicher sein, dass ich dir vertrauen kann?", fragte Cas, während er versuchte den Boden des Abgrunds zu erkennen.
Ich lächelte leicht, obwohl es total unangebracht war. „Weißt du, ich glaube das ist wie mit der Liebe. Du kannst es nur fühlen"

Nach diesem Satz sah Cas mich wieder an. Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Was ist es, das du so verdammt perfekt macht?"
Unwillkürlich grinste ich. „Flirtest du grade mit mir?"Ich
Er hielt mir den Mittelfinger vors Gesicht. „Ich hasse dich, Daniel"
„Das passt perfekt, denn ich liebe dich und Gegensätze ziehen sich bekanntlich an"
Er musste schmunzeln, doch wurde schnell ernster. „Sagst du mir auch die Wahrheit?" Er war enttäuscht von mir, das wusste ich. Ich war es ja selbst.

„Ich verspreche es, Cas." Dabei griff ich vorsichtig nach seiner Hand.
Er zog sie nicht mal weg.

„Also was machen wir? Springen oder dieses langweilige Leben irgendwie aushalten müssen?", fragte ich ihn.
Dann ging er den entscheidenden Schritt und ich folgte ihm.
Nach hinten.

So lange bis mir Zehn Meter vom Abgrund weg waren, doch er sah noch immer dorthin.
Doch ich wusste, dass er sich dadurch für ein Leben mit mir entschieden hatte.

„Hei, Kleiner. Schau mich an" Sanft drückte ich sein Gesicht zu mir, sodass er mir in die Augen blickte.
Es verging ein Moment so, ehe er mich wild umarmte und ich ihn glücklich an mich drücke.
Ich hätte nicht gedacht, ihn jemals wieder im Arm halten zu dürfen, doch es war tatsächlich wahr.

★ ★ ★

Das ist jetzt 5 Jahre her.

Es hat lange gedauert, bis ich Cas' Vertrauen vollständig zurückerlangt habe, doch wir haben uns beide Mühe gegeben.
Das klingt jetzt erstmal anstrengend, aber so war das eigentlich gar nicht.
Jeder Moment, den wir zusammen vebracht haben, war einfach perfekt, auch wenn wir vielleicht nicht wirklich einen Bilderbuch-Start in eine Beziehung hatten.
Aber das ist doch nicht wichtig.
Es zählt nur, was jetzt im Moment ist.

Denn jetzt im Moment rennt Cas wie ein aufgescheuchtes Huhn durch unsere Wohnung und sucht seinen Ohrring.
Ich liebe es, dass er sogar mit 27 noch an seinem jugendlichen Style festgehalten hat, aber ich muss auch zugeben, dass er es noch tragen kann.
Um ehrlich zu sein, sieht er sogar noch jünger aus als ich mit meinen 25, was wohl einfach daran liegt, dass er so eine niedliche Gesichtsform hat und ich einfach kantiger geschnitten bin.
Außerdem hat er noch immer seine Locken, die ihn einfach kindlicher aussehen lassen, egal wie alt er ist.

Schmunzelnd lehne ich in dem Türrahmen und sehe meinem Freund dabei zu, wie er verzweifelt nach seinem Ohrring sucht.
Der Idiot merkt nicht mal, dass er ihn doch längst drin hat.

„Hör auf so behindert zu grinsen und hilf mir lieber", schnauzt er mich an.

Ach, ich liebe ihn einfach.

Schmunzelnd gehe ich zu ihm und werfe mich mitsamt ihm auf den Sofa.
Er wehrt sich und will wieder runter, doch ich halte ihn fest. „Ohne meinen Ohrring werde ich nicht auf die Hochzeit gehen, also lass mich los, oder du kannst alleine hingehen", meint er dann beleidigt, weil er weiß, dass er keine Chance gegen mich hat.

Okay, wahrscheinlich hätte er das schon, immerhin trainieren wir zusammen, aber wenn er mal zugeben würde, dass er genauso stark ist wie ich, dann würde das unsere Rollenverteilung komplett über den Haufen werfen.

Außerdem weiß ich, dass er gerne den Schwächeren mimt, um sich beschützen lassen zu können und da ich ihn gerne beschütze, trifft sich das ganz gut.

„Meinst du vielleicht diesen Ohrring?", frage ich grinsend und tippe darauf.
Aus großen Augen sieht er mich an, während er dorthin fasst. „Ups", meint er dann schief grinsend.
Ich lache und küsse seine Stirn. „Du bist so verpeilt, Schatz"
Er verdreht die Augen. „Ja hallo, ich musste die ganze Hochzeit planen, dann muss sie auch perfekt werden. Und jetzt sollten wir aufstehen, sonst verknittern unsere Anzüge und wie willst du das dann erklären? Ich werde mich mit keiner einzigen Falte blicken lassen."

Ernst sehe ich ihn an. „Aber du hast du eine Falte, genau da"
Ich fahre über seine Stirn und er reißt die Augen auf.
„Echt jetzt? Nein, sag mir bitte nicht, ich werde alt"
Er wirkt echt verzweifelt, weshalb ich das Spiel nicht mehr aufrechterhalten kann und sofort loslachen muss.

Er durchschaut es und schlägt mich halbherzig. „Ich hätte damals echt von der Klippe springen sollen.", brummt er.
Kichernd stehe ich auf und ziehe ihn mit hoch. „Wenn du das getan hättest hätten wir niemals miteinander Sex haben können und das ist es doch wirklich wert, weiter zu leben oder?", frage ich und zwinkere ihm zu.
Er verdreht die Augen, muss aber ebenfalls schmunzeln. „Hör auf über Sex zu reden, sonst musst du's mir jetzt noch schnell besorgen und ich habe echt zu lange für meine Frisur und mein Makeup gebraucht, um das für so ein bisschen Fickifacki kaputt zu machen. Außerdem hasse ich Quickies mit dir."

Empört lache ich auf. „Seit wann das denn? Du bist doch immer der, der sagt, ach komm wir schaffen das schon" Ich verstelle meine Stimme total seltsam, sodass er lachen muss.
„Okay, das stimmt, aber trotzdem mache ich lieber richtig mit dir Liebe" Er küsst mich sanft, aber ich muss grinsen. „Liebe machen klingt so scheiße kitschig"
Augenverdrehend macht er eine wegwerfende Handbewegung. „Nenne es wie du willst, denn heute wird es nicht passieren"

Er geht aus dem Raum und ich stürme ihm hinterher. „Was? Wieso nicht? Es ist doch Hochzeitsnacht", schmolle ich.
Er lacht. „Aber nicht für uns, du Idiot"
„Ist doch egal", brumme ich beleidigt.

Ich hasse es, wenn er mich bestrafen will, denn dann macht er mich absichtlich scharf und lässt mich dann nicht ran.
Und wenn ich mein Problem dann selbst loswerden will, habe ich den Stress meines Lebens und er will mir die Hand abhacken...

Was habe ich mir damals eigentlich nur gedacht, als ich mich auf ihn eingelassen habe?

Vertrauen ist auch nur ein Fehler (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt