Kapitel 5
Ich späte hinaus und versuchte mit meinem nicht ganz so geübten Adlerblick die Straße ab. In unserer Zeit brauchte man diesen Blick ja so gut wie gar nicht mehr, da man technologisch schon weiter war. Und dafür war ich dankbar. Hätte ich doch aber mal ein wenig mehr geübt während meiner Ausbildung!
Und dort! Auf der anderen Seite im Schatten von zwei fast verfallenen Holzhütten stand er oder sie. Zumindest war es ein Mensch mit einer gelben pulsierenden Aura und wie ich hoffte, demnach auch nicht auf Krawall und Ärger aus. So starrten wir uns gefühlte Minutenlang an. Irgendwann wurde mir das dann doch zu blöd und ich zog mir meine Hosen und meine Stiefel wieder an und machte mich auf den Weg nach draußen.
Als ich aus dem Zimmer trat, hörte ich aus dem gegenüberliegenden Zimmer eindeutige Geräusche, die sicher nicht vom Möbelverrücken kamen. Nahmen die Dirnen tatsächlich ihre Freier mit in ihre privaten Räume? Naja, ich kannte mich da für diese Zeit halt nicht aus, aber ich war mir sicher, es gab hier auch ein Bordell.
Draußen angekommen, ging ich hinüber zu den alten Häusern. Aber an dem Platz, wo ich diesen Spanner gesehen hatte, war keine Menschenseele mehr. Ich lugte um die Ecke und versuchte in diesem nur vom Mond beschienen halbdunkel etwas zu erkennen. Es war niemand mehr dort zu sehen. Mich interessierte aber brennend, WER dieser Niemand denn nun war. Doch mit meiner Müdigkeit und dieser unangenehmen Hitze war mir plötzlich nicht mehr nach umherlaufen und eine Suchaktion starten.
Ich drehte mich kurzerhand um und wollte zurück zu meinem Gastzimmerchen, als ich mit einem etwa 1,85 m großen männlichen Wesen zusammen stieß. Vor Schreck sprang ich ein Stück zurück und landete sehr undamenhaft auf meinem Hintern (irgendwie hatte ich heute ein Talent fürs Fallen entwickelt). Und wieder reichte Mann mir die Hand und erst jetzt erkannte ich ihn... Es war Edward. Ein wenig erleichtert, dass mich hier kein wildfremder mit Rum vollgelaufener Idiot überfallen wollte, dankte ich ihm mit meinem hoffentlich freundlichsten Lächeln. Mir fiel siedendheiß ein, dass ich völlig unbewaffnet dastand. Mein Messer, die Klingen... alles war im Zimmer sicher verstaut im Seesack.
"Mrs. Frederickson, was macht ihr ganz alleine um diese Zeit hier noch auf der Straße? Von den Dirnen wäre das ja zu erwarten, aber von EUCH? Ich sagte doch, hier ist es für eine junge Frau alleine des Nachts zu gefährlich." Tadelnd sah er mich an, aber mit einem sehr netten schelmischen Grinsen, welches mir die Röte in meine Wangen steigen ließ. Zu meinem Glück war es zu dunkel, als dass er es hätte bemerken können.
"Master Kenway, ich bin froh, dass ihr es seid. Ich wollte mir nur ein wenig die Beine vertreten, da ich leider keinen Schlaf in dem warmen Zimmer finde. So etwas bin ich nicht gewöhnt." erwiderte ich mit gespielter Geziertheit. Wie verhielt man sich richtig als junge Frau, in dieser Zeit? An diesem Ort? Wenn man doch nur widerwillig hier gelandet ist? Fragen über Fragen!
"Was haltet ihr dann von einem kleinen Spaziergang? In der Nähe der Bucht wird es sicher angenehmer für euch und ich könnte euch bei dieser Gelegenheit auch einen Blick auf meine Jackdaw werfen lassen!"
Und da war sie, seine große Liebe. Ich konnte sie regelrecht in seiner Stimme hören. SEINE Jackdaw. Ich hatte einiges darüber in seinen Aufzeichnungen gelesen und Edward beschrieb seine Brigg immer so unglaublich liebe- und hingebungsvoll, dass einem ganz warm ums Herz wurde.
Ich willigte ein, denn ein klein wenig neugierig war ich schon, dieses Schiff live und in Farbe endlich sehen zu können. Ich hoffte, trotz der Dunkelheit, etwas erkennen zu können. Eine leichte Nervosität machte sich ebenfalls in mir breit, ebenso Angst, ich könnte etwas falsches sagen und mich verplappern im Bezug auf das, was noch vor ihm lag? Wie sollte ich denn auch bitte erklären, dass ich aus einer anderen Zeit kam? Diesen Gedanken versuchte ich vorerst weiter zu verdrängen.
Also machten wir uns Richtung, zu dieser Zeit muss man es so sagen, des improvisierten Hafens auf. Es war mehr ein kleiner Steg inmitten einer Bucht, in welcher kleine Beiboote vor sich hin dümpelten von den vor Anker liegenden Schiffen. Mit Edward an meiner Seite war ich tatsächlich ein wenig entspannter, auch wenn meine innere Unruhe nicht ganz abklingen wollte.
Die Straße wurde breiter, links tauchte das "Old Avery" auf und im Mondlicht konnte ich die Umrisse der im Moment dort liegenden Schiffe sehen. Viele waren es nicht, vier um genau zu sein. "Black Beard"s riesige "Queen Anne's Revenge" (im Gegensatz zu den anderen!) war kaum zu übersehen und überragte sie alle.
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Eine Zeitreise die sich gewaschen hat!
FanfictionWir schreiben das Jahr 2000. Uns ist es gelungen, mit Hilfe eines Vorläuferartefaktes die Zeitlinie zu durchbrechen. Und da ich immer schon mal wissen wollte, wie Käptn Edward James Kenway wirklich ist und ob es sich wirklich so wie in den Büchern...