KAPITEL XLVI

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Percy 

„Ja.", Scott warf dem Anderen nur einen schnellen Blick zu, was sich als sein größter Fehler herausstellen sollte. Er drehte sich um und zeigte auf Ellen. Dann geschah alles ganz schnell. Ein Sonnenstrahl fiel auf den Unbekannten, Percy sah etwas Goldenes aufblitzen.

Scott hielt plötzlich mitten in der Bewegung inne und starrte auf die Klinge aus kaiserlichem Gold, die aus seiner Brust ragte.

Scotts Gesichtsausdruck war erstaunt und überrascht, als könne er nicht glauben, was da gerade passiert war. Wie in Zeitlupe hob er seinen Blick von der Waffe an und sah zu Percy und seinen Geschwistern. Es schimmerte Angst in seinen Augen.

Dann gaben seine Knie nach. Percy sprang auf und fing ihn auf, sodass er nicht hart auf dem Boden landete. Scott hustete qualvoll und sprühte ihm so Blut ins Gesicht.

Es geschah alles wie in Zeitlupe, als hätte irgendein Gott die Zeit angehalten, um den schrecklichen Moment länger andauern zu lassen. Zusammen sanken Percy und Scott auf den Boden, er hielt seinen Halbbruder in den Armen. Aus seinem Mundwinkel strömte Blut und seine Augen waren ganz glasig.

Um ihn herum kam nun Geschrei auf, aber er bekam nichts mehr mit. Eine seltsame Taubheit hatte von ihm Besitz ergriffen, er spürte nichts mehr. Er fühlte seine eigene Erschöpfung nicht mehr, seine schmerzenden Wunden waren vergessen. Er bekam nicht mit, wie die anderen Halbgötter den Römer überwältigten, er sah auch nicht, dass seine anderen Geschwister mit vor Schreck geweiteten Augen zu ihm und Scott sahen.

Percy konnte seinen Blick nicht von Scott abwenden. Er sah, dass der Sohn des Poseidons starb, die Wunde, die er hatte, war mit Sicherheit tödlich. Percy hatte schon zu viele Menschen sterben sehen, um etwas anderes zu glauben.

Er sah in den Augen seines Halbbruders, dass auch er das wusste. Seine Zeit war gekommen.

Percy spürte, wie Scott seine Hand packte. Sein Griff war erstaunlich stark, er öffnete seinen Mund und wollte etwas sagen, doch heraus kam nur weiteres Blut. Er hustete qualvoll, sein ganzer Körper verkrampfte sich, dann lag er still da. Zu still.

Percy zitterte. „Wach auf.", flüsterte er. „Verdammt, Scott, wach wieder auf."

Er spürte, wie ihm jetzt doch Tränen in die Augen schossen. Es war alles so schnell gegangen. Percy dachte wieder an das Meer, in der Hoffnung, irgendetwas bewirken zu können, genau wie vorhin. Aber in ihm war keine Kraft mehr. Er fühlte sich wie eine Leere Hülle. Es war zu spät.

Scott war tot.

Percy weinte. Er gab kein Geräusch von sich, aber die Tränen liefen über sein Gesicht. Scott war der gewesen, der ihm an seinem ersten Tag in der Vergangenheit das Camp gezeigt hatte, er war der gewesen, der nach dem ersten Albtraum nach ihm gesehen hatte. Und zuletzt, nur ein paar Stunden zuvor, hatte er die Wahrheit herausgefunden.

Und jetzt war Scott tot. Percy hatte seinen Bruder verloren.

Er zuckte zusammen, als ihn jemand an der Schulter berührte. Quinn stand dort mit Ezra und Ryan, in ihren aller Augen standen Tränen, die sie nur mühsam zurückhalten konnten. Bethany war noch immer bei Ellen, die inzwischen von einem echten Sohn des Apollon versorgt wurde. Immer wieder sah die Hüttenälteste zu ihren Geschwistern, ihr Gesicht war vor Trauer verzerrt und glich einer Maske. Trotzdem wich sie Ellen nicht von der Seite. Vermutlich wusste sie schon, dass sie Scott nicht mehr helfen konnte.

Percy wollte einfach nur noch dort sitzen bleiben und nichts tun. Einfach alles vergessen, was an diesem Tag geschehen war. Dabei hatte alles so gut angefangen und dann hatte es sich zu einer Katastrophe gewandelt. Scott war tot, Ellen lag vermutlich im Sterben. Und wie viele Camper kämpften gerade noch um ihr Leben? Er wusste es nicht. Er wollte es auch nicht wissen. Er wollte nur hier sitzen bleiben und um Scott trauern.

Die Macht der MeereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt