Annabeth
In diesem Augenblick wusste sie, dass die Sache entschieden war.
„Ich würde mir selbst Vorwürfe machen. Wenn irgendwer in diesem Krieg stirbt, dann, weil ich mich nicht für unsere Welt eingesetzt habe. Weil ich zu feige war.", fuhr Percy fort.
„Aber das hat doch nichts mit Feigheit zu tun.", versuchte sie, dagegen zu halten.
„Nein, vielleicht hat es das nicht.", antwortete er leise. „Erinnerst du dich an meine fatale Schwäche?"
Annabeth erinnerte sich. Percy war seinen Freunden zu treu. Auf den ersten Blick war das eigentlich eine positive Eigenschaft, doch wenn man das alles übertrieb, dann wurde es gefährlich. Man war bereit, alles für seine Freunde zu tun, selbst, wenn man dafür die Welt opfern musste.
In diesem Fall war das jedoch anders. Percy opferte nicht die Welt, sondern sich selbst, um denen zu helfen, die er liebte. Auch, wenn er wusste, dass diese Aufgabe ihn zerstören konnte, würde er sich letztendlich dafür entscheiden, es war einfach gegen seine Natur, das nicht zu tun.
Sie wusste auch, dass er, wenn er das nicht tat, nie wieder glücklich werden oder sich selbst in die Augen schauen konnte. Nicht mit dem Gedanken, bei dieser einen Aufgabe gekniffen zu haben.
„Du wirst es also tun.", es war nur eine halbe Frage, Annabeth wusste die Antwort ohnehin schon.
„Weißt du, was mir eben klar geworden ist? Ich stehe meinem Glück selbst im Wege. Wenn ich nicht so wäre, wie ich bin, dann könnte ich einfach sagen, dass es mir egal ist und es nicht tun.", murmelte er.
„Dann wärst du aber nicht du. Dann wärst du nicht der Percy, den ich liebe.", sagte Annabeth leise.
Plötzlich hob er den Kopf und sah sie an. „Außerdem bin ich echt mies darin, meine Versprechen zu halten. Wie oft habe ich das Versprechen, dich nicht zu verlassen, jetzt schon gebrochen? Unzählige Male."
Annabeth wollte schon wieder weinen, doch jetzt hielt sie sich zurück. Die Entscheidung war getroffen.
„Mach dir keine Sorgen um mich. Ich komme damit klar.", erwiderte sie. „Das was auf uns zukommt wird zwar schwer, aber wir werden es überstehen."
Percy presste die Lippen aufeinander und nickte. Dann beugte er sich auf einmal und drückte seine Lippen stürmisch auf ihre. Der Kuss war so anders, als jemals zuvor. Er war verzweifelter, aber auch süßer, ein Zeichen, ein Stern in der Dunkelheit. Er zeigte, dass sie niemals vollkommen allein sein würden, dass ihre Liebe alles überdauern konnte und würde.
Als sie sich wieder voneinander trennten, lehnte sie ihre Stirn an die von Percy. Annabeth spürte seinen Atem auf ihren Lippen.
„Ich liebe dich, okay? Bitte vergiss das nicht.", flüsterte er. „Egal, was passiert, egal, wie das alles ausgeht, ich werde dich immer lieben, daran wird sich auch nie etwas ändern."
Annabeth lächelte. „Ich liebe dich auch, Percy. Mehr als alles andere auf der Welt. Wir werden das schaffen, das ist etwas, was ich dir verspreche."
Wieder küssten sie sich, diesmal länger als zuvor. Es war wie eine letzte Pause, bevor sie in den Kampf zogen, ein kurzes Atemholen vor dem Untertauchen. Vielleicht waren sie wirklich zwei Ertrinkende, aber in den nächsten Wochen würde sich herausstellen, ob sie das rettende Ufer erreichen oder untergehen würden.
Aber in diesem Augenblick zählten ausnahmsweise einmal nur Percys Nähe und das Gefühl von seinen Lippen auf ihren. Es war auch alles, was sie in diesem Moment interessierte. Annabeth würde später noch genug Zeit haben, sich mit Pontos und den Wegen, die es gab, um ihn zu besiegen, zu beschäftigen. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass dieses Thema in nächster Zeit ihr ganzes Leben bestimmen würde.

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Die Macht der Meere
FanfictionPercy und Annabeth gehen in Neu-Rom aufs College, die Halbgötter können in Frieden leben, mit jedem Tag verbessern sich die Beziehungen zwischen den Camps. Alles hätte so schön sein können. Doch dann erhebt sich Pontos, der Ur-Gott aller Meere- und...