KAPITEL XXIII

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Annabeth 

Normalerweise würde sie nicht wegen jeder Kleinigkeit zu einem Heiler rennen, aber das hier war ein Präzedenzfall. Alles konnte später zu seinem und ihr aller Untergang führen.

Also rannte sie los. Sie wollte ihn nicht alleine lassen, aber sie musste Will Bescheid geben und ihn um Rat bitten. Ohne Zweifel würde er sich selbst ein Bild von der Lage machen wollen.

Das Camp war zu dieser späten Stunde wie leer gefegt, aber es war auch nicht verboten, sich draußen aufzuhalten. Die Harpyien waren nicht mehr damit beauftragt, jeden, der sich nach der Sperrstunde draußen aufhielt, zu zerfleischen, denn die Sperrstunde war aufgehoben. Trotzdem war es leer, die Camper, die keiner Patrouille zugeteilt waren, nutzen die Nacht, um sich von den Strapazen des Tages zu erholen.

Die Luft war kühl, aber nicht kalt, ein lauer Wind wehte und strich ihr die offenen Haare aus dem Gesicht.

Innerlich zählte sie mit, es dauerte genau dreiunddreißig Sekunden, bis sie vor der Apollon-Hütte stand. Dann ballte sie eine Hand zu Faust und hämmerte wie verrückt auf die Tür ein. Wenn nicht jemand innerhalb der nächsten Sekunden jemand die Tür öffnete, dann schwor sie sich, würde sie einfach hineinstürmen.

Drei Sekunden später öffnete sie sich und ein sehr verschlafener Will Solace kam zum Vorschein. Im ersten Moment blinzelte er noch, doch als er Annabeth erkannte, schien er sofort hellwach. Alarmiert sah er sie an.

„Was ist mit ihm?", wollte er wissen. Er trat aus der Hütte und warf noch einen Blick nach hinten. „Jemand soll Kayla wecken und sie in Hütte 3 schicken.", befahl er.

Dann machten sich Annabeth und Will zusammen auf den Weg. Auch zurück zur Poseidon-Hütte brauchten sie nicht länger als eine Minute, die Tür war noch angelehnt, ein fahler Lichtschein fiel auf die Wiese vor dem Eingang.

„Also, was ist mit ihm?", hakte Will noch einmal nach, als sie das niedrige Gebäude betreten hatten.

„Ich weiß es nicht.", erwiderte sie schnell. „Er ist so blass und seine Hände sind sehr kalt. Vielleicht reagiere ich über-..."

„...-aber wir können es uns nicht leisten, irgendein Risiko einzugehen.", der Sohn des Apollon seufzte. „Ich weiß. Du hast richtig gehandelt, Annabeth."

Sie schaffte es gerade so, zu nicken. Zusammen traten sie an Percys Bett, wo er noch immer lag, genauso, wie zuvor, als sie das Zimmer verlassen hatte.

Jeden Morgen war sie bisher aufgestanden und hatte nach ihm gesehen, ganz egal, ob sie Dienst hatte, oder nicht. Sie liebte ihn und wenn sie ihm bei seiner Mission schon nicht unterstützen konnte, dann konnte sie zumindest nachsehen, ob es ihm gut ging. Jetzt sah sie erneut auf ihn hinunter, Annabeth wurde klar, dass es wirklich eine Veränderung seines Zustandes gab. Sie hatte es sich nicht eingebildet.

Nein, Percy war blass und als sie nun nach einer von seinen Händen tastete, war auch diese wie zuvor kalt. Nicht eisig, aber wirklich warm war sie auch nicht mehr.

Ohne ein Wort zu sagen machte sich Will an die Arbeit. Eigentlich tat er genau dasselbe, was Annabeth auch getan hatte: er überprüfte seine Temperatur, den Blutdruck, den Puls. Dann betrachtete der Sohn des Apollon Annabeths Freund mit einem nachdenklichen Blick. Das war etwas, was ihr Angst machte: Will überlegte vielleicht, aber er schien ratlos. Als hätte er keine Ahnung, was er nun tun sollte.

„Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell gehen wird.", murmelte er nach ein paar Sekunden.

Annabeth lief ein kalter Schauer über den Rücken. „Was meinst du damit?"

Die Macht der MeereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt