Percy
Percy hörte, wie Annabeth neben ihm erschrocken Luft holte, dann zitternd weiteratmete, die Reaktion der Anderen bekam er nicht mit. Er selbst brauchte einen Moment, bis die gesagten Worte einen Sinn in seinem Kopf ergaben, dann fühlte er sich, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggerissen werden. Er spürte, wie ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht wich, wie sich seine Lunge zusammenzog und ihm das Atmen erschwerte. Er wusste nicht, wer Pontos genau war, doch allein die Tatsache, dass er sich erhob, bedeutete eine Menge Ärger.
Schon wieder.
„Ich will ja nicht unhöflich sein, aber wer genau ist Pontos?", Jason blickte sich fragend um. Kurz war Percy froh, dass der Sohn des Jupiters diese Frage gestellt hatte und nicht er, doch dieses Gefühl verflog sofort wieder. Seine Gedanken kreisten nur noch darum, dass sich schon wieder irgendein Unsterblicher erhob, so langsam hatte er wirklich das Gefühl, als hätten sich die Bösen abgesprochen, nur um ihm und Annabeth das Leben so schwer wie nur irgendwie möglich zu machen. Ganze zwei Jahre waren ihnen vergönnt gewesen, eine Zeit, in der Percy endlich gelernt hatte, wie es war, normal zu leben, ohne Angst und jetzt war selbst das wieder einmal vorbei. Er hatte das Gefühl, als würde sein ganzen Leben in Scherben liegen, als wäre es der grausamste Scherz der Moiren, ihn zuerst glücklich werden zu lassen, nur, um ihm dann die Hoffnung wieder zu nehmen.
Zeus Nasenflügel bebten. „Pontos ist der Urgott aller Meere. Er ist neben Tartarus und Uranus ein Sohn der Gaia in der ersten Generation.", erklärte er.
Percys Augen huschten zu seinem Vater. Das erklärte, warum Poseidon eine Rüstung trug. Wenn Pontos wirklich eine Meeres-Gottheit war, dann hatte vor allem er ein Problem. Bei der Erwähnung von Tartarus lief ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken. Nur zu gut konnte er sich an seine Begegnung und die Hoffnungslosigkeit erinnern, die ihn überkommen war und daran, wie er einfach so sein Schwert hatte fallen lassen. So etwas wollte er nie wieder erleben, aber wenn Pontos von der Herkunft her auf einer Ebene mit ihm war, was erwartete ihn dann? Fassungslos verfolgte er die Szene, die sich vor ihm abspielte.
„Seid Ihr sicher? Gibt es keinen Zweifel daran, dass es sich wirklich um Pontos handelt?", fragte Piper. Auch ihre Stimme zitterte ein wenig.„Kein Zweifel. Ich spüre, wie seine Macht nach den Weltmeeren greift, einen großen Teil von ihnen, wie die alte Welt, hat er schon unter Kontrolle, außerdem den Indischen Ozean und Teile des Pazifiks. So etwas habe ich noch nie gespürt.", erklärte Poseidon düster.
Percy wurde immer kälter, es war, als hätte eine innere Leere von ihm Besitz ergriffen. Alles, wofür er in den letzten Jahren gearbeitet hatte, war plötzlich weg, übrig blieb nur ein Vakuum, das auch den letzten Rest seiner Träume und Wünsche in sich aufsog.
„Das ist ja alles gut und schön, aber wie kann er aufgehalten werden?", mischte sich Nico ein. Percy sah zu ihm und bemerkte, dass er wütend schien. Er konnte sich gut vorstellen, dass der Sohn des Hades genauso empfand wie er, immerhin war auch er im Tartarus gewesen und war zurückgekehrt.
Zeus schnaubte wütend. „Narr. Pontos kann nicht einfach aufgehalten werden, er ist einer der Protogonoi, einer der Erstgeborenen. Er ist unsterblich, seine Macht geht genau wie die von Gaia weit über deine Vorstellungen hinaus!", fauchte er.
„Aber auch Gaia haben wir besiegt! Es muss auch hier einen Weg geben.", es war das erste Mal, dass sich Annabeth zu dem Thema äußerte, ihrer Stimme konnte man die Verzweiflung mehr als deutlich anhören. Percys Herz zog sich bei diesem Klang zusammen, als würde eine unsichtbare Faust es zerquetschen.
„Ja, es gibt einen Weg, eine einzige Möglichkeit. Wir arbeiten fieberhaft da-...", begann Zeus.
„Stopp.", unterbrach ihn Percy. Sofort richteten sich alle Blicke auf ihn, da er es gewagt hatte, den König der Götter zu unterbrechen. Aber es war ihm egal, in diesem Moment war ihm alles egal, die einzige Frage, die seine Gedanken beherrschte war, warum es ausgerechnet wieder seine Zeit betraf. Warum die Unsterblichen ihn und die Anderen nicht bis zu ihrem Lebensende in Ruhe lassen konnten. Die Wut in ihm brodelte. „Warum interessiert Ihr euch plötzlich für das Meer? Warum legt Ihr so viel Wert darauf, Pontos aufzuhalten? Sonst mischt Ihr euch doch auch nicht in die Angelegenheiten der Anderen Götter ein, auch in den letzten Jahren habt ihr keinen Wert auf die Ozeane gelegt. Warum jetzt auf einmal?"
Das schien Zeus erst Recht wütend zu machen. Donnergrollen war zu hören, Blitze zuckten in seinen Augen, die Luft knisterte vor Elektrizität. Die feinen Haare auf Percys Armen standen zu Berge, doch er erwiderte Zeus' mörderischen Blick ungerührt.
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Die Macht der Meere
Hayran KurguPercy und Annabeth gehen in Neu-Rom aufs College, die Halbgötter können in Frieden leben, mit jedem Tag verbessern sich die Beziehungen zwischen den Camps. Alles hätte so schön sein können. Doch dann erhebt sich Pontos, der Ur-Gott aller Meere- und...