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     Langsam folgte Cayden den Geschwistern von Rhys, die vor ihm her liefen und die Türen für ihn öffneten. Lexy kam zum Schluss. Bei Jarons Auto angekommen, versuchte er Rhys in den engen Zweitürer zu setzen, richtete sich aber gleich darauf wieder auf. „Das wird so nichts“, brummte er. „Ihr bekommt ihn nicht wieder heraus, wenn er schläft. Wir nehmen meinen Wagen“, bestimmte er und lief in die Richtung, in der sein eigenes Auto stand. Jaron, Nika und Lexy folgten ihm schweigend, denn er hatte recht. 
     Vor einem schwarzen DodgeRam blieb er stehen. Der große Viertürer bot deutlich mehr Platz für alle. „Lexy, in meiner vorderen Jeanstasche findest du meine Schlüssel. Gib sie Jaron“, sagte er und drehte sich seiner Schwester so zu, dass sie Zugang zu seiner Tasche hatte. 
     Seine Schwester zog den Schlüssel heraus und reichte ihn an Jaron weiter, der ihn erstaunt entgegennahm. „Du willst mich echt mit diesem Monster fahren lassen? Ich kann Rhys doch nehmen!“ Jaron sah ihn erstaunt an. 
     Cayden schüttelte den Kopf. „Ich kann ihn noch nicht loslassen“, gab er leise zu und betrachtete den Omega in seinen Armen. 
     „Verstehe. Also dann mal los“, sagte er und schloss das Auto auf. Er half Cayden beim Einsteigen und setzte sich anschließend hinter das Steuer. Nika saß auf dem Beifahrersitz und Lexy auf dem Rücksitz neben Cayden, der Rhys auf seinem Schoß hielt. Jaron steckte den Schlüssel ins Zündschloss, drehte ihn und startete den Wagen. Dann fuhr er vorsichtig los. Erstaunlicherweise kam er mit dem Wagen ausgezeichnet zurecht. „Wow, dein Auto ist klasse“, schwärmte er, während er sich sicher in den Verkehr einordnete. 
     Eine halbe Stunde später bogen sie auch schon in ihre Auffahrt ein. Nachdem sie ausgestiegen waren, folgte Cayden den anderen in das große Rudel-Haus, wo ihnen Noah bereits im Flur entgegenkam. „Was ist passiert?“, fragte dieser besorgt und strich seinem Sohn über die Haare. Ein leises Knurren erregte seine Aufmerksamkeit. Überrascht hob er den Kopf und erkannte den Sohn der Claymores. „Cayden?“, fragte er trotzdem und der Wolf nickte. 
     „Tut mir leid, Noah, dass ich dich angeknurrt habe. Es ist nur ...“, hilflos brach er ab. Dies war schließlich einer der Väter seines Gefährten. 
     „Du bist sein Gefährte“, lachte die Katze mit den grünen Augen. 
     Verblüfft nickte Cayden. „Woher ...?“, wieder beendete er den Satz nicht. 
     Noah winkte ab. „Du hast den gleichen Ausdruck in den Augen, wie Callen damals, als wir Gefährten wurden. Da ist dieses Besitzergreifende zu sehen, das besagt, dass Rhys ausschließlich dir gehört“, erklärte Rhys’ Dad. 
     Cayden atmete erleichtert auf. „Und du akzeptierst das so einfach?“ 
     „Warum sollte ich das nicht? Ihr beide habt schon immer etwas füreinander empfunden. Ich war mir schon damals ziemlich sicher, dass ihr beide zusammengehört“, sagte Noah und drehte sich um. „Na los, kommt rein. Hier im Flur ist es doch etwas eng. Bring ihn in sein Zimmer. Du kennst den Weg doch noch. In der Zwischenzeit erzählen mir die anderen, was genau passiert ist“, befahl er anschließend und lief, gefolgt von Jaron, Nika und Lexy, voraus in die Küche. 
     Cayden hingegen steuerte sofort die Treppe an, die zum Obergeschoss führte. Er kannte sich hier hervorragend aus. Oft genug hatte er den kleinen Omega besucht, wenn es diesem Mal wieder nicht gut ging oder er verletzt war und zu Hause bleiben musste. Das erste Zimmer auf der rechten Seite war das von Rhys. Schon als Cayden davor stand, kam ihm dessen Geruch nach wilden Erdbeeren entgegen. Umständlich versuchte er die Tür zu öffnen, als eine große Hand an ihm vorbei griff und die Tür für ihn aufstieß. Erschrocken drehte er sich um und musste, trotz seiner Größe von einem Meter neunzig, den Kopf heben. „Callen“, erleichtert atmete er auf. 
     Callen sah ihn neugierig an und warf dann einen Blick auf seinen Jüngsten, der in den Armen des jungen Alphas lag. „Was machst du mit meinem Sohn, Cayden?“, fragte er und blickte ihm Alpha typisch direkt in die Augen. 
     „Ich wollte ihn in sein Zimmer bringen“, antwortete Cayden unsicher. Er wusste nicht, ob Callen auf die Tatsache, dass Rhys und er nun Gefährten waren, genauso ruhig reagieren würde wie Noah. 
     „Und warum bringst du ihn hoch und nicht mein Sohn oder mein Gefährte?“ Langsam wurde Callens Stimme zu einem leisen Knurren. Dessen Wolf zeigte sich in seinen Augen und seine Gesichtszüge verhärteten sich. 
     „Er ist die Treppe hinuntergestürzt. Der Arzt hat ihn bereits versorgt und ihm ein Schmerzmittel gegeben, wodurch er eingeschlafen ist“, begann der jüngere Alpha zu erklären. 
     „Ich habe dich nicht danach gefragt, was vorgefallen ist, sondern warum du ihn hier hochbringst.“ In Callen kam sein Beschützerinstinkt hoch, schließlich ging es hier um seinen Jüngsten. 
     Cayden zog Rhys unbewusst näher an seinen Körper, was in Callen ein Knurren hochsteigen ließ. Plötzlich hob der Alpha den Kopf und seine Gesichtszüge wurden sofort weicher. 
     „Lass ihn, mein Großer. Cayden ist Rhys Gefährte und würde ihm niemals etwas tun“, ertönte eine Stimme von hinten. Noah kam die Treppe hochgelaufen und trat zu ihnen. Er hatte gehört, wie Callen dem jungen Alpha zusetzte und war diesem gefolgt. Nun stand er neben ihnen und legte eine Hand auf die breite Brust des Riesen. Dieser entspannte sich sofort. „Geh schon“, forderte die Katze Cayden auf. „Wenn du so weit bist, komm einfach runter in die Küche.“ Mit diesen Worten zog der Winzling den Riesen mit sich. 
     Cayden sah ihnen nach, dann drehte er sich um und lief zum Bett. Dort legte er den Omega vorsichtig ab und richtete sich auf. Rhys hatte sich verändert. Er war gewachsen und seine Gesichtszüge waren zwar immer noch weich, aber dennoch maskulin. Er sah nicht so weiblich aus, wie viele andere männliche Omegas. Auch hatte er die Muskeln gespürt, die unter der Kleidung versteckt waren. 
     Der junge Alpha wollte seinen Gefährten nicht verlassen, aber er musste. Doch zuvor musste er wissen, wie Rhys schmeckte, was ihn dazu veranlasste, sich noch einmal über ihn zu beugen. Sanft legte er seinen Mund auf dessen Lippen und leckte kurz darüber. Der Geschmack, der ihn traf, raubte ihm den Atem. Immer wieder glitten seine Lippen über Rhys Mund. Er musste sich dazu zwingen, aufzuhören, doch zuvor zwickte er seinem Gefährten instinktiv in die Unterlippe. Sein erstes Zeichen war gesetzt. Langsam richtete er sich wieder auf und betrachtete zufrieden den kleinen Tropfen Blut, der auf Rhys Unterlippe glänzte. Er leckte ihn schnell weg, dann drehte er sich um und ging zur Tür. Ohne noch einmal zurückzublicken, verließ er das Zimmer und ging nach unten ins Erdgeschoss.
     In der Küche saßen bereits alle, außer Noah, an dem großen Tisch und unterhielten sich. Als Cayden erschien, verstummte das Gespräch und sie sahen ihn an. Zögernd, denn er wusste nicht, was ihn erwartete, kam er näher. 
     Noah stand gegen seinen Gefährten gelehnt da und lächelte ihm aufmunternd zu. „Soso, Cayden“, begann Callen. „Du bist also der Gefährte meines Sohnes“, stellte er mit einem Knurren in der tiefen Stimme fest. 
     Noah legte beruhigend eine Hand auf seine Brust. „Sei nicht zu streng mit ihm. Du weißt ganz genau, wie es ist, seinen Gefährten zu finden.“ 
     „Aber er ist doch unser Baby“, widersprach der Alpha. 
     Noah lachte. „Ja, das ist er wohl. Aber dennoch ist er nur fünf Minuten jünger als Nika. Außerdem ist er bereits achtzehn.“ 
     „Aber sein Gefährte ist ein Alpha und er nur ein kleiner Omega“, versuchte Callen es hartnäckig weiter. Beide ignorierten dabei Cayden, der verblüfft diesem Gespräch lauschte. 
     „Na und? Du bist auch ein Alpha, ein starker noch dazu und in mir steckt ein Omega. Nur weil unser Sohn als Omega geboren wurde, heißt das nicht, dass er schwach ist.“ Noah tätschelte seinem Gefährten erneut die Brust, küsste ihn kurz auf das Kinn und setzte sich dann auf dessen Schoß. „Außerdem ist das Cayden. Unser Cayden, der schon immer einen Narren an Rhys gefressen hatte. Er würde ihm niemals wehtun, da bin ich mir sicher“, erklärte Noah, dann wandte er sich an den Gefährten seines Sohnes. „Ist es nicht so, Cayden Claymore?“ Der letzte Satz kam als ein warnendes Fauchen aus Noah heraus und war direkt an den jungen Alpha gerichtet. 
     Callen, Jaron und Nika lachten leise. Aus Noah sprach nun ebenfalls der Beschützerinstinkt und der war seinen Kindern gegenüber sehr ausgeprägt. 
     Cayden bejahte sofort. „Er ist mein Gefährte und ich bin dazu da, ihn zu beschützen“, antwortete er mit fester Stimme. Er durfte jetzt keine Schwäche zeigen! 
     „Also gut, setz dich. Wir haben etwas zu klären“, meinte Noah jetzt lächelnd. Er war wieder ganz der liebenswürdige Leopard. 
     Cayden gehorchte und die Fragen begannen. „Lexy sagt, Rhys hätte etwas missverstanden. Was hast du denn gesagt, was er falsch verstehen konnte?“ Noah sah ihn auffordernd an. 
     „Ich habe mit Gregor gesprochen, der mich fragte, ob ich meine Mate schon gefunden habe. Ich verneinte und meinte nur, dass es mir egal wäre, was sie ist. Ich wolle nur keine Omega“, erzählte er. Er fühlte sich unwohl. Alle sahen ihn schweigend an. 
     Noah nickte und stieß den Ellenbogen nach hinten, als er das leise, bedrohliche Knurren seines Gefährten hörte. Callen stöhnte kurz und rieb sich die Rippen, wo ihn Noahs spitzer Ellenbogen getroffen hatte. „Warum möchtest du denn keinen Omega?“ Noah wirkte unvoreingenommen und neugierig. 
     Cayden schüttelte den Kopf. „Ich habe ‚keine‘ Omega gesagt, nicht ‚keinen‘!“ 
     In Noahs Augen blitzte Verständnis auf. „Du meintest die weiblichen, nicht die männlichen Omega“, stellte er fest. „Warum nur die Weiblichen?“ 
     „Als ich auf der anderen Schule war, gab es ein paar Alpha-Omega-Paare, aber das ging in den seltensten Fällen gut. Die Omega-Mädchen waren so ängstlich ihren Alpha-Gefährten gegenüber. Das hat mir gezeigt, wie zerbrechlich sie sind.“ Kopfschüttelnd brach er ab. 
     „Ahh, ich verstehe, was du meinst. Sag mir noch eins“, fuhr die Katze fort. „Als du dich damals von meinem Sohn verabschiedet hast, was sagtest du zu ihm? Er war danach tagelang glücklich.“ 
     Cayden dachte nach, dann lächelte er. „Ich sagte zu ihm, dass sollte mir die Mondgöttin einen kleinen Omega als Gefährten geben wollen, ich nur ihn nehmen würde.“ 
     Nach seinen Worten wurde es laut in der Küche. „Stimmt. Daran kann ich mich noch ganz genau erinnern“, warf seine Schwester ein. 
      Alle sprachen durcheinander, bis Callen sich einschaltete. „Ruhe!“, rief er mit seiner Alpha-Stimme und sofort kehrte Stille ein. 
     „Danke, mein Großer“, meinte Noah zu ihm, dann wandte er sich wieder Cayden zu. „Hast du das damals ernst gemeint?“ 
     Der junge Alpha nickte. „Das habe ich“, bestätigte Cayden. „Und wenn ich ehrlich bin, hätte es mich nicht besser treffen können. Mein Wolf ist ganz vernarrt in ihn und ich will ihn auch“, stellte er klar. 
     „Aber du bist nicht schwul und er ist ein Junge. Wie stellst du dir das dann mit ihm vor?“, mischte sich Callen ein und spürte erneut den Ellenbogen seines Gefährten, woraufhin er ein kurzes Knurren von sich gab und seine Arme um Noah schlang. 
     Cayden zuckte die Schultern. „Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht“, gab er zu. Ratlos sah er die anderen an. 
     „Mein Sohn ist nicht gerade groß. Du dafür umso mehr. Wenn du ihn zu etwas zwingst, töte ich dich. Bereitest du ihm Schmerzen, töte ich dich. Machst du ihn unglücklich, töte ich dich. Hast du das verstanden?“ Callens Stimme war mit jedem Wort tiefer geworden. Er meinte es ernst, da war sich Cayden sicher. 
     Cayden nickte und blickte dem Alpha ohne Angst zu zeigen in die Augen. Doch auch wenn er selbst ein Alpha war, hatte er Respekt vor dem Älteren, weshalb er schließlich seinen Blick senkte. „Ich würde ihm niemals etwas antun. Eher sterbe ich“, antwortete er ehrlich. 
     „Das hoffe ich doch. Du musst jedoch eins bedenken. Er ist um einiges kleiner als du und ich denke, du bist da unten ganz ordentlich ausgestattet. Wenn du mit ihm schläfst, sieh zu, dass du ihn gut auf dein Eindringen vorbereitest. Er soll kein Trauma davon tragen, weil du dich ungeduldig in ihn rammst.“ Callen nahm kein Blatt vor den Mund. 
     Jaron und Nika kicherten, als sie Caydens entsetzten Gesichtsausdruck sahen. „Ich werde ihm nicht wehtun“, versicherte er und rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. Dieses Gespräch war ihm ziemlich peinlich. 
     „Cal! Mach ihm doch keine Angst. Du bist wahrscheinlich noch viel größer als er und es hat bei uns beiden doch auch geklappt“, wandte Noah sich an seinen Gefährten, dann sprach er weiter. „Aber Callen hat recht. Wenn du noch keine Erfahrung mit Männern hast und wissen möchtest, worauf du achten musst, kannst du dich gerne an mich wenden.“ 
     Cayden sah Noah mit großen Augen an. So weit hatte er noch gar nicht gedacht, aber der Braunhaarige hatte recht. „Okay“, stimmte er zu und damit war das Gespräch beendet. Er, sowie Lexy, wurden nach Hause geschickt. Unterwegs setzten sie Jaron noch bei der Schule ab, damit dieser sich sein Auto holen konnte. Dann fuhren sie schweigend nach Hause. 

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Armer Cayden. Musste sich Rhys' Eltern stellen. Aber jetzt hat er es ja erst einmal überstanden.
Ob Rhys es ihm genauso leicht macht?

Alphas Mate II - Secret Love Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt