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     Phoenix wartete bereits auf Lexy, als sie aus der Schule kam. Sie gab Cayden ihre Schultasche und begrüßte ihn mit einem einfachen ‚Hey!‘
     Da dem Alpha dies nicht genug war, legte er eine Hand auf ihre Hüfte und zog sie an seinen Körper, was Lexy zu seiner Erleichterung tatsächlich zuließ. „Hey“, hauchte er und sah ihr dabei tief in die Augen. Lexy schluckte schwer und ihr Blick richtete sich automatisch auf seine Lippen. Unbewusst befeuchtete sie ihre eigenen, was Phoenix zum Schmunzeln brachte. Seine kleine Wölfin wollte ihn, das war eindeutig. 
     Langsam beugte der Alpha den Kopf und verharrte kurz bevor sich ihre Lippen berührten. Lexy gab einen genervten Ton von sich, ließ ihre Hand in den Nacken ihres Mate gleiten und zog ihn zu sich hinunter. Mit einem zufriedenen Seufzen legten sich ihre Münder aufeinander. Die Wölfin schob fordernd ihre Zunge in seine Mundhöhle und Phoenix genoss die forsche Art seiner Gefährtin. Während sie sich küssten, übernahm der Alpha die Führung und sein Mädchen stöhnte erregt. Langsam lösten sie sich wieder voneinander und sahen sich an.
     „Kommst du mit zu mir? Meine Tante möchte dich gerne kennenlernen.“ Fragend hob der Alpha eine Augenbraue. 
     Lexy überlegte. Sie würde schon gerne mehr über ihren Gefährten erfahren und hier bot sich eine Gelegenheit, also nickte sie. „Okay“, stimmte sie zu und erkannte das Aufblitzen von Freude in Phoenix Augen. 
     Sie gingen zum Motorrad, zogen ihre Helme an und fuhren los. Ungefähr eine halbe Stunde später kamen sie an einem Häuschen mit gelber Fassade an. Ein gepflegter Vorgarten lud zum Eintreten ein. Phoenix nahm Lexys Hand und führte sie zur Tür. Sie waren noch nicht dort angekommen, da wurde diese bereits aufgerissen. Eine hübsche Brünette hatte ihnen die Tür geöffnet. 
     Lexy sah die Frau erstaunt an, die aussah, als wäre sie erst Mitte dreißig. „Das ist deine Tante? Wie alt ist sie denn?“, fragte die Wölfin leise. 
     Der Alpha lachte unterdrückt. „Sie ist vierundvierzig. Hat sich gut gehalten, finde ich!“ 
     Lexy boxte ihn beleidigt in die Rippen, dann kicherte sie ebenfalls. 
     „Hallo, ich bin Amy. Die Tante von Phoenix. Ich freue mich, dich kennenzulernen ... ähm ...“, stockte Amy. „Leider hat mir mein Neffe deinen Namen noch nicht verraten“, endete sie. 
     „Hi, ich bin Lexy.“ Stellte die Beta sich vor und schüttelte die angebotene Hand. Ehe sie sich versah, wurde sie von Amy umarmt. 
     Ein beschämtes Kichern entschlüpfte ihr, als Phoenix sie aus den Armen seiner Tante zog und selbst umarmte. „Lass das, Tante. Das ist mein Mädchen!“ 
     Amy hob lachend die Hände. „Schon gut. Jetzt kommt schon rein. Ich habe einen Kuchen. Wollt ihr einen Kaffee?“ Sie lief voraus in die Küche, gefolgt von dem Wolfswandler-Paar. Phoenix bot Lexy einen Stuhl an und setzte sich neben sie. 
     Amy stellte den Kuchen auf den bereits gedeckten Tisch. Sie schnitt jedem ein Stück davon ab und legte es auf die Teller, dann füllte sie die Tassen mit herrlich duftendem Kaffee. 
     Während sie von ihrem Kuchen naschten, begann Amy eine Unterhaltung. „Soso, du bist also die Mate meines Neffen. Warum sehe ich dann keine Markierung an eurem Hals?“, fragte sie direkt. Phoenix lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und wartete lächelnd auf Lexys Antwort. Langsam hob er seine Tasse an die Lippen und nippte an der schwarzen Flüssigkeit. 
    „Na ja, er muss mir erst einmal beweisen, dass er nicht der arrogante Arsch ist, für den ich ihn halte. Seine Sprüche gehen gar nicht. Auch wenn er ein hübscher Kerl ist, so lege ich doch viel Wert auf den Charakter und der ist bei ihm wohl auf der Strecke geblieben“, erklärte Lexy frech und beobachtete dabei ihren Gefährten. 
     Amy schwieg einen Augenblick, dann lachte sie. „Das Mädchen gefällt mir. Ich bin mir sicher, sie wird sich am Samstag deinen Eltern gegenüber zu behaupten wissen“, meinte sie überzeugt. 
     Lexys Blick huschte kurz zu Phoenix Tante und dann wieder zurück zu ihrem Gefährten. „Deine Eltern? Samstag? Was meint sie denn damit?“
     Phoenix richtete sich langsam auf und nahm Lexys Hände in seine eigenen. „Ich möchte dich gerne meinen Eltern vorstellen. Sie kommen am Samstag, um mich abzuholen.“ 
     „Abzuholen? Wieso abholen?“ Lexy wusste nicht, was sie davon halten soll. 
     Phoenix blickte Amy an, die ihm auffordernd zunickte. Er atmete ein paar mal tief durch, dann begann er zu sprechen. „Ich sollte dir da etwas erklären. Meine Eltern sind keine wahren Gefährten. Sie haben ihre Mates nie gefunden. Beide hatten Geld und um dieses zu vermehren, gingen sie eine Art Partnerschaft miteinander ein. Sie haben geheiratet und zusammen ihr Geld noch vermehrt“, fing er an. 
     Lexy hörte ihm sprachlos zu. Eine Beziehung ohne Mate? Das war für sie unverständlich. 
     „Jetzt wollen sie noch mehr Geld zusammen bekommen und haben eine Ehe für mich arrangiert. Die Wölfin hat ihren Gefährten auch noch nicht gefunden und wird von ihren Eltern ebenfalls unter Druck gesetzt. Deshalb war sie damit einverstanden und deswegen wollen sie mich abholen kommen.“ 
     Lexy sog scharf die Luft ein. „Eine arrangierte Ehe? Wirklich?“ Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte und starrte ihren Gefährten unsicher an. „Wie reich seid ihr denn, dass das überhaupt möglich ist?“ Eigentlich erwartete sie keine Antwort darauf und war verblüfft, als dennoch eine kam. 
     „Sagt dir der Begriff McPhearson-Wellness etwas?“ Amy hatte ihr diese Frage gestellt. 
     „McPhearson? Du meinst diese Schönheitsfarmen und diese Wellness-Oasen, die es überall gibt?“ Lexy erinnerte sich an Phoenix Vorschlag für Rhys Eltern. 
     Amy nickte. „Es ist ein Millionen-Unternehmen“, stimmte sie zu. 
     Lexy konnte nicht glauben, was sie da gerade über ihren Gefährten erfuhr. „Du bist deren Sohn?“ Sie fühlte Panik in sich aufsteigen. Da ihr Mate dann auch noch zustimmend nickte, war es um sie geschehen und sie sprang von ihrem Stuhl auf. „Ich ... das ...“, stammelte sie. Als sie erkannte, dass auch Phoenix aufgestanden war, hob sie abwehrend die Hände. „Nicht! Das ist alles zu viel für mich. Du hast nie etwas gesagt“, warf sie ihm vor und trat langsam ein paar Schritte zurück. 
     „Lexy, Engel“, versuchte der Alpha sie zu beruhigen, doch in ihrem Hirn herrschte ein komplettes Durcheinander, weshalb sie den Kopf schüttelte. 
     „Nein, Phoenix. Gib mir Zeit, das zu verdauen“, bat sie ihn leise. Der verletzte Ausdruck in seinen Augen entging ihr nicht, dennoch brauchte sie jetzt Abstand zu ihm.
     „Soll ich dich nach Hause ...“, begann ihr Gefährte, doch sie fiel ihm ins Wort. 
     „Nein, ich rufe meinen Bruder an“, widersprach sie, dann drehte sie sich schweigend um und verließ ohne ein weiteres Wort die Küche. Vor dem Haus holte sie ihr Handy heraus und wählte die Nummer ihres Bruders. Rhys nahm ab und versprach, dass Cayden sie sofort abholen würde. Während sie wartete, spürte sie ihre Wölfin traurig in ihrem Kopf jaulen.

     Phoenix wollte seiner Mate folgen, doch seine Tante hielt ihn zurück. „Gib ihr etwas Zeit. Sie muss ihre Gedanken sortieren“, sagte sie und betrachtete ihren Neffen, der zum Küchenfenster lief und das Mädchen beobachtete. 
     „Was ist, wenn sie mich nicht akzeptiert?“ Fragend warf er Amy einen Blick zu. Er hatte Angst. Seinem Wolf ging es ähnlich, denn dieser lief gerade Amok in seinem Inneren. Kro drängte ihn dazu, hinauszugehen und seine Gefährtin einfach zu markieren, und er war versucht, genau das zu tun.
     „Lass es. So verlierst du ihr Vertrauen ganz“, warnte Amy ihn. Phoenix zog schuldig den Kopf ein. Seine Tante kannte ihn einfach zu gut. 
     „Aber was soll ich denn machen? Ich will sie nicht verlieren!“ Der Alpha klang verzweifelt. 
     Amy sah ihn nachdenklich an. „Ich bin mir sicher, sie kommt zu dir zurück. Sie ist nur verwirrt. Halt dich etwas von ihr fern und setzte sie nicht unter Druck. Sie soll zu dir kommen.“ 
     Phoenix nickte zögernd. Er vertraute auf das Urteil seiner Tante. Amy hatte ihm bisher immer gute Ratschläge gegeben. „Okay“, stimmte er zu. „Aber ich glaube nicht, dass ich das schaffe.“
     „Fahr zu Mika. Er wird sich freuen, mal wieder seinen besten Freund zu sehen. Ihr habt doch schon länger ein Treffen geplant“, schlug sie vor. 
      Phoenix drehte sich endlich zu ihr um. Lexys Bruder hatte das Mädchen abgeholt. Kurz dachte er über den Vorschlag seiner Tante nach, dann stimmte er zu. „Ich rufe ihn an und geh dann mal packen“, sagte er und machte sich auf den Weg in sein Zimmer. Dort warf er wahllos Kleider in einen großen Rucksack. Er wusste, sollte er noch etwas benötigen, würde er es von seinem Freund bekommen. Phoenix warf einen letzten Blick durch das Zimmer, dann schulterte er seinen Rucksack und ging zu seiner Tante. Er küsste sie auf die Wange und verabschiedete sich. „Ich melde mich, wenn ich angekommen bin“, versprach er, dann war er zur Haustür raus. 
     Amy sah ihm dabei zu, wie er auf sein Motorrad stieg. „Denk daran, spätestens am Samstag musst du zurück sein“, rief sie ihm nach und der Alpha winkte. Er hatte verstanden. 
     Phoenix warf ihr Lexys Helm zu und zog seinen eigenen an. Er startete die Maschine, dann fuhr er los. Amy sah ihm hinterher, bis er verschwunden war. Erst danach ging sie zurück ins Haus. Sie war gespannt, wie lange Lexy brauchen würde, um sich zu fangen.

     Lexy saß nachdenklich neben ihrem Bruder und schwieg. Dass Phoenix aus einer so reichen Familie stammte, hatte sie geschockt. Ihr war bewusst, dass sie überreagierte, aber sie musste das erst einmal alles verdauen und darüber schlafen. Ihre Wölfin Jade hatte seit ihrem überstürzten Aufbruch nur noch leise vor sich hin gewinselt. Lexy spürte die besorgten Blicke ihres Bruders, der jedoch zu ihrer Erleichterung schwieg und sie in Ruhe ließ. 
     Endlich kamen sie zu Hause an und die Beta lief sofort in ihr Zimmer, wo sie sich auf ihr Bett warf. Die Sehnsucht ihrer Wölfin nach ihrem Gefährten machte ihr zu schaffen. Lexy ließ ihre Gedanken schweifen. Sie dachte an ihr erstes Zusammentreffen mit ihrem Mate. Daran, wie arrogant er anfangs ihr und ihren Freunden gegenüber war. An den Besuch im Waisenhaus und wie anders Phoenix da gewesen war. Die Wölfin fragte sich, warum er nie etwas von sich preisgab. Andererseits hatte sie es ihm nicht wirklich leicht gemacht. 
     Lexy schnappte sich ein Kissen und drehte sich auf die Seite. Es störte sie nicht wirklich, dass er reich war. Allerdings hätte er ihr das ruhig früher erzählen können. 
     „Und wann hätte er das tun sollen?“ Jade meldete sich zu Wort. 
     „Zum Beispiel, als Rhys nach einem Geschenk für seine Eltern gefragt und er den Vorschlag für das Wellness-Wochenende gemacht hat. Da hätte er sagen können, dass das Wellnesshotel seiner Familie gehört“, meinte Lexy trotzig. 
     Jade schwieg einen Augenblick. „Du bist auch nicht besser, denn obwohl er uns beiden gefällt, weigerst du dich, seine Markierung zuzulassen“, begann Jade, dann fuhr sie fort. „Du fragst nicht danach, wie es mir, Kro oder auch Phoenix geht. Er ist ein Alpha und gerade du müsstest es besser wissen, denn du hast das Ganze bei deinem Bruder und Rhys mitbekommen“, warf ihre Wölfin ihr vor und sie hatte recht.
     Lexy stöhnte frustriert. „Morgen ... Morgen rede ich mit ihm“, versprach sie laut in der Stille ihres Zimmers.

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Ja, ob das was wird?

Alphas Mate II - Secret Love Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt