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     Jaron erwachte, weil der Wind an seinem Fell zerrte und er ein Donnern hörte. Überrascht hob er den Kopf und blickte sich um, da prasselten auch schon die ersten Regentropfen auf ihn ein. Schnell stand er auf, als ein Blitz auf der Oberfläche des Sees einschlug. Er wusste, dass er es nicht bis nach Hause schaffen würde, ohne mitten in den Sturm zu geraten, weshalb er sich entschied, in die Höhle zu gehen, die es in der Nähe gab.
     Während er dort hinrannte, spürte er, dass sein Gefährte näher kam. Schon tauchte ein Puma neben ihm auf und gab ein aufforderndes Brüllen von sich. Der Wolf ignorierte ihn und rannte, gefolgt von der großen Raubkatze, weiter. Kurz darauf erkannte man eine Höhle. Nacheinander stürmten sie durch den Eingang ins Trockene.
     Der Wolf drehte sich um und sah dabei zu, wie der Puma sich sogleich verwandelte. Colton stand in all seiner nackten Pracht vor ihm und schämte sich kein bisschen. Neugierig blickte der Schwarzhaarige sich in der Höhle um und entdeckte ein paar Decken, eine Feuerstelle, Holz und Streichhölzer.
     „Wie es scheint, haben wir hier alles, was man benötigt, um für einen solchen Fall gerüstet zu sein“, meinte er zufrieden und nahm sich eine der Decken, in die er sich wickelte. Ihm war kalt und er sehnte sich nach Wärme, weshalb er ein Feuer entfachte und sich dann geschmeidig auf den Boden sinken ließ. Allerdings wäre ihm Jarons Wärme lieber. Die ganze Zeit beobachtete sein Gefährte ihn und regte sich nicht. Der Wolf saß ihm gegenüber und machte keine Anstalten, sich zu verwandeln.
     „Jaron, wir müssen reden“, meinte Colton mit einem Seufzen. „Außerdem sollten wir einander wärmen, denn es ist kalt hier drin und ich habe keine Lust darauf, krank zu werden.“
     Noch immer machte der Wolf keine Anstalten, sich zu verwandeln. Stattdessen stand er auf und ging zum Höhleneingang, doch der kalte Wind trieb ihn zurück ins Innere der Höhle, wo er sich erneut hinsetzte und Colton mit seinen kupferfarbenen Augen anstarrte.
     Der Puma-Wandler schüttelte den Kopf über so viel Starrsinn. „Hey, Wolf. Ich weiß zwar nicht, wie du heißt, aber könntest du dafür sorgen, dass er sich verwandelt? Wir haben da so einiges zu klären.“ Fordernd sah er ihn an. Erleichtert sah er, dass der Wolf auf ihn hörte und kurz darauf saß Jaron vor ihm. 
     „Verdammt, Rhage. Warum hörst du auf ihn? Du bist mein Wolf!“, fuhr Jaron sein Tier erbost an. Wütend schnappte er sich eine Decke und wickelte sich darin ein. Auch ihm war kalt, denn es ging auf Herbst zu und die Nächte wurden kälter. Wortlos setzte er sich ans Feuer und starrte wütend hinein. Er wollte nicht reden!
     „Rhage heißt dein Wolf also?“ Colton sah ihn neugierig an.
     Jaron blickte überrascht auf. Hatte er etwa laut mit seinem Wolf geschimpft? Er fing genauso an, wie sein kleiner Bruder, der diese Angewohnheit hatte, mit seinen Tieren zu sprechen, als stünden sie neben ihm. „Ja, das ist sein Name“, antwortete er knapp und schwieg erneut. Nur mit Mühe konnte er ein Zittern unterdrücken. Warum musste es aber auch so kalt sein?
     „Schön, dich kennenzulernen, Rhage“, wandte sich Colton direkt an den Wolf. „Meine Katze heißt Ace.“
     Jaron sah ihn kurz an, bevor er wieder ins Feuer starrte. Er war noch ein Stück weiter nach vorn an die Wärmequelle gerutscht. Wenn er noch näher heranging, würde seine Decke Feuer fangen. „Warum ist es eigentlich so verteufelt kalt hier drin?“, murrte er.
    Colton gab ein leises Lachen von sich. „Das müsste nicht sein, wenn wir uns zusammen in die Decken einwickeln und einander wärmen würden“, erklärte er.
     Jaron gab ein abwertendes Geräusch von sich, indem er mit der Zunge schnallte. Obwohl er durchgefroren unter der dünnen Decke saß, würde er sich ganz bestimmt nicht mit Colton in diese einwickeln. Er spürte, wie sich eine Gänsehaut über seinen Körper ausbreitete und unterdrückte ein weiteres Zittern. „Vergiss es“, knurrte er starrsinnig.
     Colton schüttelte betrübt den Kopf. „Du frierst ...“, sagte er. „... und ich ebenfalls“, gab er schließlich von sich.
     „Na und! Was interessiert dich das? Und warum bist du überhaupt hier?“, fuhr der Wolf seinen Gefährten an.
     „Ich habe dich gesucht“, antwortete der Puma-Wandler leise. „Nachdem Nika herausgefunden hatte, dass du nicht zu Hause warst, habe ich mich auf die Suche nach dir gemacht. Ich bin deinem Geruch gefolgt und hier bin ich.“
     „Tzz, als wenn es dich interessieren würde, was mit mir ist.“ Jaron schaffte es nicht mehr, sein Zittern zu unterdrücken. Es konnte nicht mehr lange dauern und seine Zähne würden anfangen zu klappern.
     „Jaron“, sagte Colton sanft und der Wolf sah ihn überrascht an. „Wir sollten uns wirklich gegenseitig wärmen. Wer weiß, wie lange wir noch hier bleiben müssen.“
     Der Wolf spitzte die Ohren und lauschte dem Sturm, der weiterhin draußen wütete. „Er hat recht! Jetzt gib endlich nach“, fuhr sein Wolf ihn an und Jarons Blick heftete sich wieder auf den Schwarzhaarigen, der ihm ebenfalls zitternd gegenübersaß. Obwohl Wandler robuster gegenüber allem anderen waren, so hatten sie dennoch meistens Probleme mit Kälte.
     „Also gut“, stimmte er mit einem missmutigen Zischen zu.
     Sofort sprang Colton auf, legte noch etwas Holz nach und kam zu Jaron herüber. Der Wolf breitete seine Decke auf dem Boden aus und wartete, bis Colton neben ihm lag und sie beide zudeckte. Dann wickelten sie sich, eng aneinander gepresst, in beide Decken ein. Es dauerte nicht lange, da wurde ihnen beiden wärmer. Langsam entspannte sich der Alpha und wurde zunehmend schläfriger. Dabei spürte er nur am Rande, wie der Puma seine Arme um ihn legte. Unbewusst kuschelte er sich näher an seinen Mate.
     Colton hatte auf diesen Augenblick nur gewartet. Als er spürte, wie Jaron sich entspannte, nahm er ihn in die Arme. Auch er war müde, denn die Anspannung und die Anstrengung des Abends und der halben Nacht forderten auch bei ihm ihren Tribut. Es dauerte nicht lange, da schlief er kurz nach Jaron ebenfalls ein. Zuvor jedoch hatte er seinem Bruder über ihren gemeinsamen Link noch die Nachricht geschickt, dass er den Wolf gefunden und sie in einer Höhle, vor dem Unwetter, Unterschlupf gefunden hatten. Sie waren in Sicherheit.

     Jaron erwachte am frühen Morgen noch vor Colton. Der Puma hatte ihn auf seinen Körper gezogen und hielt ihn mit den Armen fest umschlungen. Der Wolf hob den Kopf und betrachtete das Gesicht seines Gefährten. Sie waren sich so nah, dass er jede Lachfalte seines Mate erkennen konnte. Neugierig ließ er seinen Blick über dessen Gesicht gleiten. Colton hatte einen Ein-Tage-Bart, der ihm einen dunklen Schatten auf die Wangen warf. Die schwarzen Wimpern lagen dicht auf seinen Wangen und dunkle Augenbrauen bogen sich sanft über den dunkelbraunen Augen. Die Gesichtskontur war kantig, was ihm einen leicht strengen Eindruck gab.
     Jaron starrte auf die Lippen seines Mate. Dessen Unterlippe war voller als die obere, was seinem attraktiven Äußeren aber in keinerlei Hinsicht schadete. Der Alpha schüttelte innerlich über sich selbst den Kopf. Colton war das genaue Gegenteil von dem, was er bei einem Mädchen mochte. Er war groß, muskulös, stark, eigensinnig und männlich!
     Auch wenn er bei Nika etwas anderes behauptete, so hatte er mehr oder weniger auf ein Mädchen gehofft. Eine süße, kleine Blondine oder Brünette. Mit blauen Augen und zarter Figur. Dennoch durchtrainiert, aber trotzdem weich und anschmiegsam. Und was bekam er? Einen harten, dominanten Muskelberg, der das genaue Gegenteil von seinen Vorlieben war und der ihn sogar noch um ein paar Zentimeter überragte. Wenn es doch wenigstens ein kleiner Omega, wie sein Bruder oder zumindest ein Beta gewesen wäre. Aber nein, es musste natürlich ein Kerl sein, dem seine Dominanz nur so aus den Poren triefte!
     Jaron warf einen Blick zum Höhleneingang und stellte betrübt fest, dass es immer noch dunkel war. Auch der Sturm hatte sich bislang nicht gelegt. Vorsichtig versuchte er sich von dem Puma zu lösen, doch dieser wickelte sich nur noch mehr um ihn. Selbst im Schlaf war Coltons Besitzanspruch ihm gegenüber sehr ausgeprägt. Mit einem genervten Brummen legte Jaron seinen Kopf wieder auf der Brust seines Gefährten ab. Zumindest lag er nicht auf dem kalten Boden, so hatte er es zumindest schön warm, dachte er schadenfroh und schloss die Augen. Kurz danach war er bereits wieder eingeschlafen.

     Colton spürte, wie Jaron verschlafen den Kopf hob. Er war bereits eine ganze Weile wach und genoss das Gefühl, seinen Gefährten einfach nur im Arm zu halten. Während der Wolf ihn zu betrachten schien, er spürte dessen Atem in seinem Gesicht, rührte er sich nicht. Als dieser versuchte, sich zu erheben, schlang er seine Arme noch fester um ihn. Er konnte ihn noch nicht gehen lassen, denn dazu fühlte er sich gerade zu wohl. Endlich gab Jaron ein leises Brummen von sich und legte seinen Kopf wieder ab, während er sich entspannte. Kurz darauf war sein Mate wieder eingeschlafen, wie Colton an den gleichmäßigen Atemzügen feststellen konnte.
     „Das fühlt sich herrlich an, ihn so in den Armen zu halten“, meldete sich Ace, mit einem zufriedenen Schnurren, in ihm zu Wort. Da Colton dies nicht bestreiten konnte, stimmte er ihm zu. „Das könnten wir immer haben, wenn wir nur zulas...“, sprach der Puma weiter, wurde aber abrupt unterbrochen.
     „Denk nicht mal daran! Ich lasse nie wieder jemanden in mich. Auch ihn nicht“, schaltete Colton auf stur.
     „Er ist ein Alpha und wenn ihr beide euch nicht einigen könnt, werden wir ihn verlieren“, warnte sein Puma ihn wütend.
     „Wir werden ihn schon nicht verlieren. Das werde ich nicht zulassen. Außerdem ist er bereits an uns gebunden, da bleibt ihm nichts anderes übrig, als bei uns zu bleiben“, antwortete Colton zuversichtlich.
     „Ach ja? Und du denkst, er wird sich immer von dir nehmen lassen? Vergiss es, Colton! Er ist mindestens genauso dominant wie du, wenn nicht sogar noch dominanter, denn er ist immerhin ein Alpha“, begann Ace zu erklären. „Und trotzdem hat er sich als Erstes von dir nehmen lassen. Ich denke, ihm liegt etwas an dieser Verbindung, weshalb er dies auch zuließ. Aber das wird er nicht immer machen“, sprach der Puma weiter.
     „Ihm wird nichts anderes übrig bleiben“, widersprach Colton stur.
     „Da bin ich mir nicht so sicher. Er ist ein schlauer, junger Mann und er wird uns noch ziemliche Schwierigkeiten bereiten“, beharrte der Puma überzeugt.
     „Das glaube ich nicht.“ Colton hörte sich ziemlich selbstsicher an, doch so fühlte er sich allerdings nicht, denn sein Puma lag mit seinen Vermutungen viel zu oft richtig. Mit einem unguten Gefühl schloss er die Augen und lauschte auf den Sturm, der immer noch außerhalb der Höhle wütete.
     Das Feuer war bereits vor einer ganzen Weile ausgegangen, dennoch fror er nicht. Sein Gefährte strahlte eine unglaubliche Hitze aus, die ihn sogar in seinem vor langer Zeit erstarrten Inneren zu wärmen schien. Er durfte seinen Gefährten auf keinen Fall verlieren! 

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Was gibt es dazu zu sagen? 🤔
Ich glaube nichts. Alles spricht für sich selbst.

Alphas Mate II - Secret Love Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt