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     Rhys war beschämt vor Cayden geflüchtet. Er hatte etwas zu ihm gesagt, was er eigentlich nicht so schnell verraten wollte. Als er seine Klasse betrat, stürmte Lexy auf ihn zu und umarmte ihn. 
     „Ahhh, Rhysiieee. Wie geht es dir? Wir hatten an dem Wochenende gar keine Möglichkeit, miteinander zu reden. Cayden wollte mich überhaupt nicht zu dir lassen und meine Eltern haben mich dann zu Mary-Lou geschickt. Ich muss wohl etwas genervt haben“, schmollte seine Freundin und legte einen Arm um seine Schultern. 
     Rhys kuschelte sich zufrieden seufzend an sie. Endlich mal ein paar Schmuseeinheiten, bei denen er nicht das Gefühl hatte, erdrückt zu werden. „Keine Sorge, mir geht es gut. Aber wer ist Mary-Lou?“ Neugierig sah er seine Freundin an. 
     Lexy lachte begeistert. „Sie ist eine enge Freundin meiner Mum. Wir haben früher öfter mit ihren Kids gespielt, weißt du nicht mehr? Nate, Chris und Vivien? Wir waren oft am See zusammen.“
     Rhys nickte, er erinnerte sich. „Hat Vivien nicht schon ihren Mate gefunden? Ich glaube, er hieß Harold.“
     „Das stimmt. Aber auch Nate hat seine Mate in jüngster Vergangenheit gefunden. Sie ist eine Fuchswandlerin und heißt Carina“, bestätigte seine Freundin.
     „Oh, das ist schön. Dann fehlt nur noch Chris.“ Mittlerweile waren sie bei ihren Plätzen angekommen und Lexy ließ ihn los. Schwatzend setzten sie sich und redeten, bis der Lehrer kam. Zuerst hatten sie zwei Stunden Mathematik, dann Englisch und danach eine Doppelstunde Geschichte, ein Fach, welches Rhys recht interessant fand. Während er dem Lehrer zuhörte, machte er sich Notizen. Zwischendurch kritzelte er auf einem leeren Blatt Papier herum. Zum Ende der Stunde betrachtete er das Bild, das er nebenbei gezeichnet hatte. 
     „Oh Mann. Dieser Kerl hängt nicht nur ständig an meinem Körper, sondern spukt jetzt auch noch in meinen Gedanken herum“, brummte er und Lexy lachte, nachdem sie einen Blick auf das Bild geworfen hatte. Es zeigte einen oberkörperfreien Cayden, der nur mit einer leichten Decke bedeckt im Bett lag.
     „Oh wow. So muskulös ist mein Bruder? Da hat er aber in den vergangenen zwei Jahren noch gut an Muskeln zugelegt.“ Lexy nahm das Bild in die Hand. 
     „Gib es mir“, verlangte Rhys und hielt ihr die Hand hin.
     Doch Lexy hatte anderes vor. Lachend drehte sie sich um und rannte davon. „Mal sehen, was mein Bruder dazu sagt, wenn er erfährt, wie du ihn gezeichnet hast“, kicherte sie und flitzte durch die Tür. Rhys spurtet schimpfend hinter ihr her. Kaum waren sie draußen auf dem Flur, schlangen sich zwei starke Arme um ihn und hielten ihn in einer innigen Umarmung gefangen. 
    „Hey, was soll das?“ Zappelnd wollte Rhys sich lösen. Er wusste ganz genau, wer das war und da er nicht wollte, dass Cayden das Bild sah, versuchte er freizukommen. „Lexy! Wage es ja nicht, ihm das zu geben.“ Fauchend krallte der Omega seine Finger in die Unterarme, die um seiner Mitte lagen.
     Lexy kam mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf sie zu und wedelte mit der Zeichnung in der Luft herum. „Schau mal, Cayden. Was ich hier Schönes für dich habe“, schnurrte sie und reichte dem Alpha das Bild.
     Rhys stöhnte unterdrückt. „Miststück“, zischte er und hielt still, während Cayden das Bild neugierig betrachtete. 
     „Oh, das bin doch ich und nackt! Hast du solche Sehnsucht nach mir, dass du mich zeichnen musstest?“ Während sein Gefährte ihm das ins Ohr hauchte, überkam Rhys eine Gänsehaut am ganzen Körper. Er stand mit dem Rücken an Caydens Brust gepresst da und dieser hielt ihn fest. Er würde das jetzt genauso machen, wie Cayden und die Schuld jemand anderem zuschieben. „Rikku hat mich dazu verleitet.“
     Kurz blieb es still, dann fingen Cayden und Lexy an zu lachen. „Lügner“, schrien die beiden und Rhys unterdrückte ein Lächeln. Da hatten sie ihn gerade beim Flunkern ertappt. 
     Auch seine beiden Tiere hatten ihn einen Lügner geschimpft. Luca lachend, Rikku entrüstet. „Na und?“, verteidigte er sich. „Er hat aber auch einen Prachtkörper. Und der gehört ausschließlich mir!“ Zum Ende hin war er immer leiser geworden, bis er schließlich ganz verstummte. 
    „Und wie ich dir gehöre. Mit Haut und Haar“, bestätigte der Alpha und lockerte endlich seine Umarmung. Rhys drehte sich mit geröteten Wangen zu ihm um und sah ihn schüchtern an. 
     „Sag’ ich doch“, grummelte der Omega und drückte einen Kuss auf Caydens Lippen. Er hatte einfach nicht widerstehen können. Beschämt drückte er sein Gesicht an die breite Brust vor sich.
     „Du brauchst dich nicht zu schämen, Kleiner. Mir gefällt es, wenn du mich von dir aus küsst. Das darfst du immer, überall und so oft du es willst tun“, versprach Cayden leise. 
     Rhys hob den Kopf und sah ihn überrascht an. „Aber du bist ein Alpha und ich bin nur ein kleiner Omega. Es wird vielen nicht gefallen, dass ich dein Mate bin“, äußerte er seine Bedenken.
     „Ach, Kleiner. Es ist mir egal, was du bist. Hauptsache, du gehörst mir. Außerdem habe ich dich und mich nie als Alpha und Omega gesehen. Du bist für mich einfach nur Rhys. Mein Rhys“, beteuerte Cayden und gab ihm einen sanften Kuss. 
     Rhys atmete erleichtert ein. „Okay“, stimmte er endlich zu. „Ich versuche es mir zu merken“, versprach er dann und zu Caydens Erstaunen schlang Rhys seine Arme um seinen Nacken, streckte sich und küsste ihn erneut. 
     So standen sie für einen Augenblick beisammen, bis Lexy sich wieder einmischte. „So ihr beiden. Auseinander jetzt. Ihr könnt später miteinander kuscheln. Jetzt sollten wir zusehen, dass wir etwas zu essen bekommen.“ Damit drehte sie sich um und lief Richtung Mensa davon. 
     Rhys und Cayden folgten ihr Händchen haltend. „Darf ich das behalten?“ Cayden hielt ihm das Blatt mit der Zeichnung hin. 
     Rhys schüttelte den Kopf. „Das nicht, aber ein anderes. Dieses möchte ich selbst behalten“, antwortete er. „Wenn du möchtest, kannst du dir ein paar von meinen anderen Zeichnungen aussuchen“, lenkte er ein, als er Caydens enttäuschtes Gesicht sah.
     Sofort hellte sich die Mimik des Alphas wieder auf. „Ein paar? Wie viele hast du denn von mir gezeichnet?“ Neugierig sah er ihn an, als sie sich zur Essensbestellung anstellten.
     Rhys errötete und vermied seinen Blick. „So zehn, vielleicht fünfzig oder auch mehr? Verdammt, es sind über Hundert! Bist du nun zufrieden?“ 
     Cayden sah ihn sprachlos an. „Wirklich so viele?“ 
     „Ja, ich habe dich halt vermisst, als du weg warst und das war die einzige Möglichkeit, meine Sehnsucht zu stillen“, gab der Omega zu. 
     Cayden strahlte vor Freude. „Bei der Mondgöttin, Rhys. Du bist so unglaublich niedlich. Ich bin froh, dass wir Mates sind“, versicherte er erfreut und tätschelte dem Omega den Kopf. 
     Rhys gab ein Fauchen von sich und schlug nach Caydens Hand, die auf seinem Kopf lag.  „Lass das, ich mag das nicht. Da komme ich mir immer so klein vor.“
      Cayden lachte belustigt, was die Aufmerksamkeit von einigen Mitschülern auf sich zog. „Du bist aber auch ziemlich winzig, mein Kleiner!“
     „Als wenn ich das nicht wüsste“, brummte Rhys und gab seine Bestellung auf. „Was möchtest du?“ Cayden sagte es ihm und Rhys nahm den Teller entgegen.
     „Ich zahle“, sagte Cayden und nahm ihm das Tablett ab. „Setz du dich schon mal, ich komme gleich.“
     Rhys nickte und machte sich auf den Weg zu Lexy, die sich zu seinen Geschwistern gesetzt hatte. Unterwegs stellte sich ihm eine große Blondine in den Weg. „Was willst du von Cayden? Du solltest besser von ihm weg bleiben“, knurrte die Beta ihn an. 
     Rhys sah erschrocken zu der Größeren hoch. Sein Fluchtinstinkt wollte greifen, aber Rikku ließ das nicht zu. „Ach ja? Wer sagt das?“, meinte er stattdessen.
     „Ich sage das! Cayden sollte, als Alpha, nicht mit so einem winzigen Omega wie dir zu tun haben.“ Rhys starrte die Blondine nur an. In der Mensa war es still geworden. Jeder beobachtete die Szene, die sich vor ihren Augen abspielte.
     „Ich mag vielleicht in deinen Augen winzig sein und ja, ich bin auch ein Omega, aber ich habe keine Angst vor dir, du blond gefärbte Tussi! Denn eines kann ich dir versprechen. Solltest du mir etwas antun, dann bekommst du es mit meinem Gefährten zu tun. Und du kannst mir glauben. Dieser Kerl hat mir eindeutig seinen Stempel aufgedrückt“, erklärte Rhys äußerlich ruhig. Im Inneren schlotterten ihm die Knie.
     „Was fällt dir ein?“, knurrte die Blondine und hob die Hand, um Rhys eine Backpfeife zu geben, da wurde sie von mehreren Seiten angeknurrt. Erschrocken ließ sie ihre Hand wieder sinken und als sie sah, wer hinter Rhys stand, zog sie den Kopf ein. Ein Blick zur Seite zeigte ihr, dass auch Rhys Bruder, seine Schwester und Lexy aufgestanden waren.
     „Darf ich vorstellen? Mein Bruder Jaron, er ist ein Alpha. Meine Schwester Nika, sie ist seine Beta. Meine beste Freundin Lexy, sie ist die Beta und auch die Schwester von dem da.“ Rhys hatte auf alle gezeigt, als er sie vorgestellt hatte. Nun zeigte er auf den Riesen hinter sich. „Und das ist Cayden, mein Mate“, beendete er seinen Satz.
    Die Blondine sah ihn erschrocken an. „Dein Mate? Er?“ 
     „Ja, ich. Hast du etwas dagegen einzuwenden?“ Caydens Stimme war ein einziges Grollen. Wie konnte dieses Mädchen es wagen, seinen kleinen Wolf zu beleidigen und zu bedrohen? 
     Sofort schüttelte die Blondine den Kopf, sodass ihr Pferdeschwanz wippte. „Ich wusste das nicht, Cayden. Es tut mir leid“, meinte sie unterwürfig und hob entschuldigend die Hände. 
     „Du solltest dich nicht bei ihm entschuldigen, sondern bei Rhys“, mischte sich Lexy ein.
      Die Blondine nickte eilig. „Es tut mir leid, Rhys. Wenn du mal Schwierigkeiten haben solltest und keiner deiner Beschützer da ist, kannst du dich gerne an mich wenden. Ich helfe dir, das verspreche ich“, sagte sie und schien es ernst zu meinen. 
     Rhys nickte und die Blondine ging erleichtert davon. „Ach, wie heißt du eigentlich?“, rief er ihr hinterher.
     Das Mädchen drehte sich noch einmal um. „Ich heiße Maggie“, antwortete sie und winkte noch einmal zum Abschied. 
    Rhys stand einfach nur da und sah ihr hinterher. Seine Geschwister und Lexy nahmen wieder Platz, doch er konnte sich nicht rühren. Wie festgenagelt stand er da. Rhys war sich sicher, wenn er sich jetzt bewegte, würden seine Beine unter ihm wegknicken. 
     „Rhys? Willst du dich nicht setzen?“ Cayden stand hinter ihm und wartete darauf, dass er zu ihrem Tisch ging.
     Rhys nickte. „Das würde ich gerne, aber ich kann nicht“, antwortete er mit schwacher Stimme. Er spürte, wie seine Unterlippe zitterte und wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er anfing zu weinen.
     Cayden, der die Situation sofort erfasste, stellte schnell sein Tablett ab, hob den Omega auf seine Arme und trug ihn nach draußen auf den Schulhof. Dort steuerte er sofort die große Eiche an. Zum Glück saß dort gerade niemand. Vorsichtig setzte er sich mit Rhys in den Armen hin und lehnte sich an den Stamm. Der Omega hatte keinen einzigen Laut von sich gegeben und nicht widersprochen, was dem Alpha zeigte, wie verstört er war. Rhys begann zu zittern und krallte sich Schutz suchend an ihn. Immer stärker wurde sein Zittern, bis es schließlich seinen ganzen Körper schüttelte.
     „Rhys ...“, begann Cayden mit sanfter Stimme und umarmte ihn noch etwas fester. „Du warst so tapfer da drin. Ich bin stolz auf dich“, lobte er den Kleinen leise. Ein erstes Schluchzen ertönte und endlich fing Rhys an zu weinen. Je länger er schluchzte, desto weniger wurde sein Zittern. Cayden hielt ihn dabei fest im Arm und sprach beruhigend auf ihn ein. 
     Endlich ertönte das letzte Schniefen und Rhys hob vorsichtig den Kopf. „Es tut mir leid“, begann er und als er weiter sprechen wollte, legte Cayden ihm einen Finger auf die Lippen.
     „Es muss dir nichts leidtun. Es ist alles in Ordnung. Das hast du gut gemacht, Kleiner. Jetzt weiß jeder, dass wir zusammengehören“, beruhigte ihn der Alpha leise. Dabei wischte er die Tränen von Rhys Wangen und küsste ihn zärtlich.  
     Rhys lächelte. Cayden hatte nicht gesagt, er gehöre ihm, sondern er sagte, sie gehörten zusammen, was für ihn einen großen Unterschied machte. Denn dadurch bewies der Alpha, dass er ihn als Gleichberechtigten ansah. „Okay“, seufzte Rhys und kuschelte sich an den Größeren. So saßen sie eine Weile, bis Lexy und seine Geschwister angelaufen kamen. Seine Freundin warf ihnen etwas zu trinken zu und Jaron gab ihnen zwei belegte Sandwiches. 
     Rhys bedankte sich und packte eins der Sandwiches aus. Bevor er hineinbiss, hielt er es Cayden hin, der sich ein Stück davon abbiss. Erst dann aß auch er davon. 
     „Na, Rhys, geht es wieder?“ Nika sah ihn fragend an. Sie kannte ihren Bruder und war froh gewesen, dass Cayden so schnell reagiert hatte.
     Rhys nickte, während er das Sandwich erneut Cayden hinhielt. Der Alpha zögerte nicht und biss davon ein weiteres Mal ab. Erfreut stellte er fest, dass sein Gefährte ihn fütterte. So saßen sie den Rest der Pause beisammen und unterhielten sich, wobei auch seine Geschwister und Lexy ihn für seinen Mut lobten. 
     Nach dem Pausenende verschwand jeder wieder in seiner Klasse und lauschte mehr oder weniger dem Unterricht.

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Alltag in der Schule.
Und Rhys musste sich behaupten. Er hat es, wie sein Vater damals, ebenfalls in der Mensa gemeistert. 🤗

Alphas Mate II - Secret Love Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt