-56- Goldene Hallen

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Seine Augen verließen mein Gesicht keine Sekunde, als er sich zu dem Schlüssel hinunterbeugte. Ich schloss meinen Mund, denn aus einem abwegigen Grund fand ich diesen Anblick äußerst reizend. Sein Blick wanderte zu dem Schlüssel, den er am Band hervorzog und zwischen seine Finger gleiten ließ. Majestätisch erhob er sich und sah zu mir. Seine Lippen umspielte ein dankbares Lächeln und ich lächelte breit zurück. Die anderen Zwerge tauchten neben Thorin auf und sahen alle mit frohgestimmten Gesichtern auf mich und ich spürte vor Stolz meine Brust erwärmen. Thorin ging auf die Wand zu und ich trat einen Schritt zur Seite, die anderen folgten ihm. Er hob den Schlüssel und steckte ihn vorsichtig in das Schlüsselloch. Langsam drehte er ihn nach rechts ein und als der Schlüssel klickte, ertönte ein kaum hörbares Geräusch auf der anderen Seite der Wand. Thorin sah die Felswand hinauf und legte dann behutsam seine Hände auf den Stein. Er drückte sie bedacht dagegen und ein Spalt oben am Felsen entstand, durch den Staub hinabrieselte. Die Wand gab nach. Die verborgene Tür schwang langsam zur Seite und stieß dumpf gegen das, was sich dahinter verbarg. Wir alle hielten den Atem an.
,,Erebor", flüsterte Thorin angetan.
Ich ging einen Schritt zurück, um den Zwergen Vorrang zu gewähren. Denn ich fand, dass ihnen zuerst die Ehre erwiesen werden sollte, in die Hallen ihrer Ahnen zu treten und nicht einem Hobbit.
,,Thorin." Diesmal kullerten Balin die Tränen aus den Augen und seine Wangen hinunter, doch nicht aus Unglück, sondern aus Freude. Thorin umfasste beseligt Balins Schulter und trat hinein in die Dunkelheit. Seine Augen glitzerten vor Sehnsucht, als er sie über das dunkelblau geschlagene Gestein wandern ließ.
,,Ich kenne diese Mauern", sprach er sanft und trat noch einen weiteren Schritt in das Gemäuer.
,,Diese Hallen." Mit seiner Hand fuhr er vertraut über die Wände und sein Ring gab ein schabendes Geräusch von sich, das mir in den Ohren klingelte.
,,Diesen Stein." Er drehte sich zu uns um und beglückte uns mit einem berauschten Ausdruck auf seinem himmelblau erleuchtetem Gesicht.
,,Erinnerst du dich, Balin?", fragte er und dieser setzte bedacht einen Fuß in den Raum.
,,Kammern, gefüllt mit goldenem Licht." Thorin lächelte ihn schwelgend an. Balin fasste an die steinerne Mauer.
,,Ich erinnere mich", wisperte er und die vielen Tränen sammelten sich in seinem langen weißen Bart. Dwalin ging seinem Bruder nach und auch in seinem Gesicht bildete sich ein nostalgischer Ausdruck. Gloin, Ori, Nori, Dori, Bifur, Bombur, sie alle folgten ihnen und schlichen mit vollster Achtung in den verborgenen Eingang von Erebor. Zögerlich tapste ich ihnen hinterher und ließ meine Augen über die blaugrünen Wände und Steine gleiten. Ich drehte mich staunend um die eigene Achse und bemerkte dann über mir eine Einkerbung im Stein. In der Mitte prangte eine Art Sessel und am Kopf davon etwas Rundes, aus dem Strahlen über das ganze Bildnis führten. Unbekannte Schriftzeichen rahmten das eindruckslose Werk ein. Gloin folgte meinem Blick und las flüsternd die zwergische Schrift vor:
,,'Hierin liegt das Siebte Königreich, Heimat von Durins Volk. Möge das Herz des Berges alle Zwerge vereinen, um diese Heimat zu verteidigen.'" Fasziniert legte ich meinen Kopf schief, da stieß er beinahe mit Balins zusammen. Seine Augen musterten mein Gesicht.
,,Der Königsthron", wisperte er mir zu und mein Blick huschte wieder zu dem Sessel, der sich als der Thron des Königs unter dem Berge herausstellte.
,,Ah", machte ich und sah wieder auf das runde Etwas hinauf.
,,Und was ist das darüber?", fragte ich leise zurück. Balins Gesicht drehte sich vollständig zu mir, doch ich sah weiter gespannt auf die Einkerbung.
,,Der Arkenstein."
,,Arkenstein...", flüsterte ich beeindruckt seine Worte nach und ließ den Namen auf meiner Zunge zergehen. Dann sah ich aufgeweckt zu ihm.
,,Und was ist das?" An Balin vorbei bemerkte ich das blaue Leuchten von Thorins Augen, die mich eindringlich beobachteten.
,,Das, Bilbo und Meisterdieb, ist der wahre Grund, warum du hier bist." Die Zwerge blickten mich erwartungsvoll an und ich drehte mich vorsichtig herum, um sie alle einzelnd anzusehen. Als sie keine Miene verzogen, schluckte ich schwer. Das ist es also. Deswegen bin ich hier. Meine Augen wanderten wieder zu Thorin, der meine Angespanntheit bemerkte.
,,Doch allein wirst du nicht gehen. Das werde ich nicht zulassen", beschloss er mit ernstem Blick und mir viel ein Stein vom Herzen.
,,Thorin! Weißt du nicht, was Gandalf ganz am Anfang gesagt hat? Der Hobbit ist am besten dafür geeignet, er kann ungesehen alles bekommen, was er will." Dwalin schob sich an seinen Kumpanen vorbei und ging einen Schritt auf ihn zu.
,,Er muss alleine gehen." Thorins Augen durchbohrten mich nachdrücklich.
,,Nein", fand er und trat auch einen Schritt näher an ihn. Dwalin gab ein entnervtes Seufzen von sich und bevor Thorin ihn mit dem Funkeln seiner Augen einäschern konnte, stellte sich Balin zwischen die beiden.
,,Mein Bruder hat Recht. Bilbo ist flink, lautlos und gewiefter als wir alle zusammen. Wenn ich es einem zutrauen würde, dann ihm." Thorin biss die Zähne aufeinander und sah auf ihn herab.
,,Ohne Zweifel würde ich es ihm auch zutrauen, jedoch-"
,,Thorin." Balins vernunftsuchende Stimme unterbrach ihn.
,,Er schafft das. Es wird ihm gutgehen", versicherte er und hob beschwichtigend die Hände. Thorin wandte sich brummend von ihm ab und entfernte sich einige Schritte von uns. Er verschränkte die Arme vor der Brust und richtete seinen Blick auf den staubigen Boden. Sein Ausdruck war gedankenvoll. Balin und Dwalin sahen ihn an, dann drehten sie sich kopfschüttelnd weg und tauschten geflüsterte Worte mit den anderen Zwergen aus. Auf Zwergisch, sodass ich nichts verstehen konnte. Wie nett von euch. Gehemmt ging ich auf Thorin zu und meine Augen fanden seine.
,,Können wir kurz reden? Alleine?", fragte ich leise und er nickte. Ohne sich noch einmal zu den Zwergen umzudrehen, stieß er sich von der Wand ab und führte mich durch das Gemäuer hindurch, bis wir an einer Ecke ankamen. Seine Augen begutachteten mein Gesicht. Ich dachte über seine Worte nach. Einerseits wollte ich nicht alleine da hinunter gehen, andererseits war das der Pakt, den wir abgeschlossen hatten. Und wenigstens ein Versuch sollte mir gewährt werden. Vielleicht wollte ich ihn auch ein klein wenig beeindrucken.
,,Thorin, bevor ich gehe", fing ich an und sein Ausdruck verdunkelte sich, ,,ich... wollte dir noch etwas geben." Er beobachtete mich, während ich den Stoffbeutel aufklappte und das bordeauxrote Beutelchen hervornahm.
,,Es ist nicht viel. Ich wollte nur, dass du es bekommst, bevor du die großen Schätze deiner Vorfahren siehst." Thorin sah mich an und seine Augen blitzten auf.
,,Du weißt, dass das, was auch immer du mir schenkst, wertvoller als all das Gold dort unten sein wird, oder?", meinte er und legte seinen Kopf ein wenig schief. Bei seinen Worten floss mir ein Funken durch die Brust.
,,Ja, weiß ich...", wisperte ich und hielt ihm mein Geschenk hin. Er nahm den Beutel entgegen und zog die Schleife auf. Die silberne Gewandfibel glitt in seine Hand. Er nahm sie zwischen Daumen und Zeigefinger und ließ seine Augen über das Muster wandern. Gebannt sah ich ihn an.
,,Sie ist wirklich schön", sagte er und auf seinem Gesicht breitete sich ein dankbares Lächeln aus. Erleichtert lächelte ich zurück und da legte er die Fibel in meine Hand.
,,Leg sie mir an", flüsterte er fordernd und meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich öffnete die Nadel und kam ihm einen Schritt näher. Vorsichtig legte ich die Fibel an den Kragen seines Mantels, dort, wo seine Haut ein ganzes Stück zu sehen war. Ich schob die Nadel durch den Stoff und sah ihm dann in die glimmenden Augen. Er beobachtete jede meiner Bewegungen und beugte sich langsam zu meinem Gesicht hinunter. In dem Moment ertönten schlurfende Schritte und wir sahen beide auf. Schnell nahm ich die Hände von ihm.
Balin trat hinter der Ecke vor und ging auf uns zu. Ich warf Thorin ein beruhigendes und gleichzeitig nervöses Lächeln zu. Statt es zu erwidern, wurden seine Augen ausdruckslos. Ich zog die Augenbrauen zusammen, da kam Balin schon auf mich zu, legte seine Hand auf meinen Rücken und schob mich das Gemäuer entlang. Hinter der nächsten Ecke meldete er sich zu Wort.
,,Thorin hat Angst, mein Bursche. Angst um dich. Deshalb will er unbedingt einen von uns mit dir hinunterschicken, vorzugsweise sich selbst. Doch nur alleine bleibst du unbemerkt." Ein unsicheres Lächeln legte sich über mein Gesicht und wenn ich ehrlich war, würde ich auch am liebsten mit Thorin zusammen diese Unternehmung durchführen. Doch ich musste es allein tun, so war es von den Zwergen abgemacht und da Balin mich weiterzerrte, konnte ich mich nur schwer dagegen wehren.
Er führte mich durch einen langen Korridor und ich fragte unruhig:
,,Ihr wollt also, dass ich den... Arkenstein finde? Einen Edelstein?" Balin nickte und nahm die Hand von meinem Rücken.
,,Ja, einen großen weißen Edelstein." Ich runzelte die Stirn und sah auf meine Füße hinab.
,,Nur-nur das? Ich bin mir sicher, dass dort unten eine Menge weißer Steine vorzufinden sind." Balin schüttelte den Kopf und blickte mir genau in die Augen.
,,Es gibt nur den einen Arkenstein. Und du erkennst ihn, wenn du ihn siehst." Meine Stirn legte sich noch mehr in Falten und ich war mir nicht mehr ganz so sicher über meine Entscheidung.
,,Ahja", machte ich und kratzte mir an der Schläfe. Balin stoppte in seinem Gehen und auch ich hielt inne. Er seufzte und meinte dann mit geplätteter Stimme:
,,Die Wahrheit ist, Bilbo, ich weiß nicht, was dir dort unten begegnen wird. Doch du musst nicht gehen, wenn du es unter keinen Umständen willst. Es ist nicht ehrenlos, umzukehren." Entschlossen schüttelte ich den Kopf.
,,Nein, Balin, ich habe euch versprochen, dass ich es tun werde, ich habe euch mein Wort gegeben. Und meine Unterschrift. Ich finde, ich sollte es wenigstens versuchen." Ich sah die Treppe hinab und atmete durch. Plötzlich gluckste Balin neben mir und schüttelte entzückt den Kopf.
,,Es erstaunt mich immer wieder...", lachte er und grinste mich an.
,,Was?", fragte ich etwas voreingenommen und starrte zu ihm.
,,Der Mut der Hobbits." Fröhlich sah er mich an und auf meinen Lippen bildete sich ein kleines Lächeln. Seine Hand legte sich auf meine Schulter und er drückte sie mutzusprechend.
,,Geh nun, mit allem Glück, das du aufbringen kannst. Wir alle werden dir die Daumen drücken." Ich nickte ihm zu und sah den Pfad entlang. Bedacht hopste ich die Treppen hinunter und befand mich auf der letzten Stufe.
,,Ach, eh, Bilbo?", warf Balin ein und mit einem ,,Hm?" drehte ich mich um. Er schien mit sich zu ringen und sah mir unruhig in die Augen.
,,Falls tatsächlich, nun, ein ... lebender Drache dort unten sein sollte...", meine Augen weiteten sich und Balins Ausdruck wurde ganz ernst, ,,dann wecke ihn nicht." Ich schluckte und sah wieder auf die Treppe, um die letzte Stufe heruntetzugehen. Moment mal. Ein... Drache?! Ich fuhr wieder herum, doch da war Balin schon hinter der Ecke verschwunden. Ich räusperte mich und sah angespannt nach vorne. Erst jetzt realisierte ich wieder, wieso sie ausgerechnet mich vorschicken wollten. Ich war kleiner als sie, mein Geruch war unbekannt für den ...Drachen und falls er mich doch entdecken sollte, wäre mein Tod für sie das wahrscheinlich kleinste Übel gewesen.
,,Worauf hab ich mich nur eingelassen", murmelte ich und klopfte mir gegen die Stirn.
,,Verrückt." Mit zitternden Knien folgte ich den düsteren und hochgebauten Korridoren, während nur das Tapsen meiner Füße auf dem kalten Steinboden zu vernehmen war. Vorsichtig lehnte ich mich an einer Wand an und lugte vorbei. Vor mir türmte sich eine riesige Halle mit unzähligen Marmortreppen, Verzweigungen der Wege und zwei überdimensional großen Zwergenstatuen auf. Ich atmete erstaunt aus und ging einen Schritt näher an die unfassbaren Bauten der Zwerge. Doch der möglicherweise lebende Drache schlich sich in meine Gedanken.
,,H-hallo?", sagte ich mit gesenkter Stimme und erhielt Gott sei Dank keine Antwort. Ich hob meine Hand und klopfte zaghaft und nur ganz leicht gegen die Betonwand rechts von mir. Ein lärmendes Klopfen und Poltern hallte wider und ich wich panisch zurück. Ein Augenblick verstrich und ich lugte wieder hervor. Da kam mir die absurdeste Idee, die ich in allen meiner Lebtage noch nie hatte.
,,Warte mal...", überlegte ich flüsternd und schlug mir mit der Faust gegen die Brust. Wenn es so schön schallt, kann ich das doch mal ausprobieren... Ich schluckte und hielt die Luft an. In meinem Bauch bildete sich ein tiefes Grummeln, das sich anbahnend durch meine Brust hindurch schlängelte und in meinen Hals gelangte. Ich öffnete den Mund und meiner Kehle entwich ein leiser Rülpser.
Gespannt verharrte ich und zählte die Sekunden hinunter, bis ich dann das schallende Echo durch die ganze Halle hören konnte. Ich schlug mir die Hände vor den Mund und lachte wie ein Irrer. Ich bin wohl schon zu lange mit Zwergen unterwegs. Als ich mich nach einer Ewigkeit ausgelacht hatte, ging ich angeheitert über die Marmorsteintreppe. Amüsiert leckte ich mir über die Lippen und hüpfte auf dem Stein herum.
,,Er ist nicht zu Hause! Nicht zu Hause. Gut!", plauderte ich in normaler Lautstärke und grinste über beide Ohren.
,,Gut, gut, gut, ohh..." Mein Mund klappte auf und meine Augen wurden riesig. Ein gigantisches Meer aus Goldmünzen, Edelsteinen und Schmuckstücken prangte vor mir. Die gesamte Halle war in Goldfarben getaucht, wo man hinsah, schimmerte und glänzte dem eigenen Auge ein Gegenstand unschätzbaren Wertes entgegen. Jede Ecke war beleuchtet, jeder Winkel übersät mit Goldstücken, von oben bis unten, kein einziger Fleck lag unbedeckt da. Auf meinem ganzen Körper entstand eine schaurige Gänsehaut und ich atmete vor Staunen stockend aus. Ich konnte es nicht glauben. Es sah aus wie in einem Traum. Unwirklich. Unnahbar. Unreal. Aufgeregt hopste ich die vielen Stufen hinunter und befand mich am Fuß des unendlich weitreichenden Goldberges. Ich bückte mich und hob eine Grosche auf, die ich mir vor die Augen hielt. Ein langbärtiger Zwerg war seitlich mit Helm und Doppelaxt darauf abgebildet. Das Gold strahlte mir kostbar und wunderschön entgegen.
,,Wahnsinn", wisperte ich fasziniert und legte die Münze vorsichtig wieder dorthin, wo ich sie aufgenommen hatte. Dann stützte ich mich hoch und setzte bedächtig einen Fuß auf den Berg an Gold. Die Münzen wurden unter meinem Gewicht nach unten gedrückt und rutschten an meinem Fuß zu allen Seiten weg. Sie gaben ein klirrend-knirschendes Geräusch von sich, das angenehm in meinen Ohren nachklang. Ich setzte den anderen Fuß hinterher und schlich mit Bedacht über die Landschaft voller Goldmünzen hinweg. Bei meinem nächsten Schritt schlitterten die Münzen zahlreich an mir vorbei und den Abhang hinunter, dann verhakten sie sich in anderen Goldmünzen und blieben regungslos liegen. Als wieder mein linker Fuß folgte, verlor ich bei den rutschenden Münzen unter mir das Gleichgewicht und taumelte nach vorne. Meine Hand fasste genau in einen weiteren Münzenberg, der in sich zusammenfiel und rumpelnd und ratternd in alle Himmelsrichtungen auseinandersprang. Mein Atem stockte und ich hielt meinen Körper so still wie möglich. Doch nichts Weiteres passierte. Angespannt atmete ich aus und schlich auf eine Anreihung von allerlei goldenen Schmuckschalen und Silbertellern zu. Ich hockte mich davor und ließ meine Finger durch die blassweißen Steinchen streichen, die in einer der Schalen lagen. Dann nahm ich einen fast durchsichtigen größeren Stein hervor und hielt ihn gegen das goldene Licht der Münzen, da fiel mir ein feuerroter Edelstein ins Auge, den ich aufnahm und dann wieder zur Seite legte. Nein, weiß ist der Arkenstein. Trotzdem zog ich ein perlenbestücktes Diadem hervor, das wunderbar vor sich hinklimperte und hielt es mir ans Ohr, während ich die Perlen hin und her bewegte. Schönes Geräusch... Schnell legte ich es wieder zurück und räusperte mich. Ich drehte mich zu meiner Linken und entdeckte einen großen weißen Edelstein. Meine Hand langte danach und ich hob ihn in die Höhe.
,,Was ist das?", flüsterte ich und hörte ein dumpfes Bollern im Inneren des Steines, sodass ich ihn schüttelte und dann lauschte. Wie bei dem anderen Edelstein hielt ich ihn an das schimmernde Licht der Goldmünzen, doch der Stein war eckig und sah überhaupt nicht aus wie das Juwel auf der Einkerbung in der Wand.
,,Nein", meinte ich geplättet und schmiss den Stein rücksichtlos zur Seite. Er trumpfte geräuschvoll auf die Goldmünzen auf.
,,Pscht, pscht!", zischte ich und hob panisch die Hand. Zu meinem Glück stoppte der Edelstein. Mein Herz klopfte mir immer dröhnender gegen die Brust und ich ging weiter über die Goldmünzen herüber. Meine Augen huschten immer wieder suchend über die leuchtende Landschaft hinweg, doch ich entdeckte nicht das, was ich suchte. Nach einiger Zeit setzte ich mich in den Münzen nieder und rieb mir erschöpft über die Stirn.
,,Arkenstein. Arkenstein. Einen großen weißen Edelstein soll ich finden...", murmelte ich vor mich hin und ließ meinen Blick über die ellenlangen und nicht endenden Goldberge wandern.
,,Sehr hilfreich." Ich schob mich wieder auf die Beine und krabbelte trostlos über die Münzen herüber. Überall glänzten mir haufenweise bunte und außergewöhnliche Edelsteine entgegen, doch keiner passte zu der Beschreibung. Und bei keinem hatte ich das Gefühl, dass es sich dabei um den Arkenstein handeln könnte. Nach einer weiteren Etappe des aussichtslosen Suchens schmerzte mir die Brust so sehr vor Verzweiflung, Panik und eigener Enttäuschung, dass ich mich einfach nach hinten in die Münzen fallen ließ. Sie gaben ein lautes Knirschen, Klappern und Klirren von sich, doch es kümmerte mich nicht. Betrübt legte ich mein Gesicht in die Hände und meiner Kehle entkam ein leises Schluchzen. Mir war es gleich. Ich spürte, wie sich in meinen Augen Tränen sammelten und drückte die Zähne aufeinander, um sie aufzuhalten. Ich verharrte für einen Moment in dieser Position, bis ich mich wieder aufraffen konnte und weiter über das Gold schlich. Denn je schneller ich den Arkenstein fand, desto eher konnte ich wieder bei den Zwergen sein. Bei Thorin. Meine Hand griff nach einem prunkvollen Goldkrug und ich zog ihn gelangweilt aus den Goldmünzen hervor. Doch das hätte ich lieber sein gelassen. Mit dem fehlenden Pokal löste ich eine Lavine aus goldenem Licht aus. Millionen von glänzenden Groschen kullerten den Berg hinunter und tosend an mir vorbei. Das Geräusch dabei war ohrenbetäubend. Ich erstarrte und sah mit geweiteten Augen den Berg hinauf. Die Goldmünzen rollten in einem bestimmten Muster und an einem Umriss vorbei. Es verbarg sich etwas darunter. Ich erkannte die Konturen eines geschlossenen Auges. Eines enormen, schuppenhaften Auges.
Eines Drachenauges.

King Under The Moantain | bagginshieldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt